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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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im blauen Setzerkittel. Leise dämmert es in Thiel, daß er ihn schon gesehen hat, damals in jenen |388| Tagen direkt nach dem Bombenwurf, als er noch auf der »Bauernschaft« Dienst machte. Ein Setzer.
    Die beiden sehen sich unverwandt an, sie bewegen nicht die Lippen, sie sehen sich nur an, Spion und Bombenwerfer.
    Der Blick des andern ist dunkel und trübe … und mählich geht Thiel alles ineinander wie ein Traum. Ihm ist es, als sei er es, der dort hinter dem Vorhang steht, und wieder er, der den Saum lüftet. Er sieht trübe, er greift dunkel, alles verschwimmt …
    Thiel läßt langsam – oh, so langsam! – die Vorhangfalten vor das Gesicht, er greift nach seinem Gummiknüttel. Rückwärts, das Gesicht gegen den bauschenden Vorhang gekehrt, verläßt er das Zimmer. An der Türe dreht er das Licht aus. Und nun steigt er schwer und trübe zur Dachkammer hinauf.
    In seiner Abseite legt er den Kopf auf die Woilache und versucht nachzudenken. Aber alles ist viel zu dunkel. Immer von neuem wiederholt es in ihm: Ich bin feige gewesen. Einfach feige bin ich gewesen. Mit dem Gummiknüttel hätte ich ihm in die Fresse schlagen sollen. Feige war ich.
    Und: Hätte ich nur heute abend nicht die Aktphotos genommen! Schlapp war ich! Feige war ich!
    Plötzlich fährt er hoch. Er muß geschlafen haben. Aber es kommt ihm vor, als sei es nur ein Augenblick gewesen.
    Jetzt hört er durch das ganze Haus, wie ein Schlüssel drunten im Erdgeschoß in das Schloß gestoßen wird, wie jemand schließt, der Jemand steigt die Treppe hinauf, und diesen Schritt kennt er.
    Na ja, denkt er. Na ja. Nun gibt es was.
    Aber es gibt nichts. Er hört Padberg in sein Arbeitszimmer gehen. Hört, wie der dort rumhantiert.
    Gibt es nichts?
    Aber der Mann ist doch unten, der Setzer mit dem dunklen Haar und den trüben Augen!
    Nein, es gibt nichts.
    Gibt es gar keinen Setzer?
    |389| Thiel steigt langsam die Treppe hinunter. Er ist grenzenlos müde und hat einen schlechten Geschmack im Munde.
    Vor dem Schreibtisch sitzt Padberg, raucht eine Zigarre und steckt Papiere in eine Tasche. An der Tür steht ein Reisekoffer.
    »’n Abend, oller Wachhund«, sagt Padberg in glänzender Stimmung. »Sie schliefen gestern abend so sanft, ich wollte Sie nicht stören.«
    »Guten Abend«, sagt Thiel.
    »Hören Sie«, fängt Padberg wieder an, »ich muß sofort nach Berlin. Die wollen da so irgendeine Einheitsfront gegen die Bauernschaft zusammenbringen. Das Gestell, der Temborius, rührt sich auch wieder. Möglich, daß es bald etwas Nettes für Sie zu tun gibt.« Und er macht eine werfende Bewegung mit der Hand.
    »Wollen Sie heute nacht noch fahren?« fragt Thiel.
    »Jetzt. Sofort. Das Auto muß in jeder Minute kommen. Ich lasse mich bis Stettin fahren, dann kriege ich noch den Frühzug nach Berlin.«
    »Ja, so«, sagt Thiel.
    »Wann ich zurückkomme, weiß ich noch nicht. Und da wird es mit Ihrem Essen schlecht. Es ist mir überhaupt zu gefährlich, daß Sie hier sind, wenn ich nicht bei der Hand bin. Ich denke, es ist das beste, Sie gehen sofort zu Graf Bandekow auf Bandekow-Ausbau. Sie wissen ja den Weg, und der Graf kennt Sie auch. Hier, für alle Fälle fünfzig Mark. Aber Sie brauchen ja kein Geld.«
    »Nein«, sagt Thiel. »Und hier?«
    »Hier? Ach so, wegen des Aufpassens? – Da ist schon das Auto. Ich muß los. – Nein, hier ist nichts nötig. Alles, was an Papieren wichtig ist, habe ich mit. – Also, ich muß los. Auf Wiedersehen, Thiel. Heil Bauernschaft!«
    »Heil Bauernschaft!«
    »Gehen Sie dann auch gleich los!«
    »Sofort«, sagt Thiel.
    »Na also denn nochmals …«

    |390| 2

    Im Sitzungssaal, beim Regierungspräsidenten Temborius, herrscht gute Stimmung. Sehr gute sogar.
    An einem langen grünen Tisch sitzen die Vertreter der ländlichen und städtischen Bevölkerung des Regierungsbezirks Stolpe einträchtig beieinander und plaudern. An einem Quertisch thront der Präsident mit seinem Stabe. Er ist heute ein anderer Regierungspräsident, ein verbindlich lächelnder, Witze machender, Scherz verstehender Herr, er ist der Mann mit der glücklichen Hand, die alles glätten wird.
    Es ist ihm gelungen, was aussichtslos schien, er hat die feindlichen Brüder von Stadt und Land an
einen
Tisch gebracht.
    Zwar, die städtische Verwaltung Altholms selbst ist etwas schwach vertreten. Dort spielt man natürlich Schmollebock und hat nur den Assessor Stein entsandt, ein reiner Informationsakt, weil man wütend dort ist, daß das Regierungspräsidium eine

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