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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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kann Sie mehr als Ihre Bürgermeisterstellung kosten.«
    »Richtig. Aber ich kenne meine Karten.« Er holt einen schmalen Aktenband aus dem Schreibtisch.
    |403| »Vor etwa zwei Wochen war der Textilhändler Hempel auf der ›Chronik‹, um wegen einer Beilage zu der Zeitung nachzufragen. Herr Hempel sprach mit Ihrem Geschäftsführer Wenk. Er wollte wissen, wie hoch die Auflage der ›Chronik‹ sei, um über Druckauftrag und Wirkung seiner Beilage klar zu sein. Man nannte ihm die Zahl siebentausendeinhundertundsechzig.
    Hempel bezweifelte diese Zahl. Er hatte von der stets sinkenden Auflage der ›Chronik‹ gehört. Wo er auch bei Bekannten und Kunden vorfragte, er hörte, man las die ›Chronik‹ nicht mehr.«
    »Ein Wunder, daß er auf. das Geschäft nicht verzichtete.«
    »Sie finden das auch?« Der Bürgermeister lächelt. »Es gibt so Sonderlinge. Sie geben ihr Geld rein ohne Sinn und Verstand aus.«
    »Eine Zwischenfrage, Herr Bürgermeister. Herr Hempel ist ja wohl eine Zierde des Reichsbanners?«
    »Eine Zierde. Jawohl. Trotzdem das Fragerecht eigentlich mir zusteht. – Nun, Herr Hempel bezweifelt, drängt, schließlich holt Wenk aus dem Geldschrank eine notarielle Bescheinigung, die die Ziffer siebentausendeinhundertundsechzig bestätigt. Hempel denkt: Ein Notar, nun, dann ist alles in Butter. Er erteilt den Auftrag. Der Auftrag wird angenommen und ausgeführt. Faktur erteilt. Faktur bezahlt. Da hört Herr Hempel, daß die ›Chronik‹ etwa dreitausendneunhundert Auflage hat …«
    »Lächerlich.«
    »Nicht wahr? Wer gibt bei solcher Auflage denn Inseraten- oder Beilagenaufträge? – Hört also, daß die Auflage nur dreitausendneunhundert beträgt und daß man dreitausenddreihundert seiner gelieferten Prospekte zum Anheizen des Bleiofens benutzt hat. Herr Hempel fühlt sich geschädigt und erstattet Betrugsanzeige.«
    Pause.
    Dann lächelt Herr Gebhardt. »Lieber Herr Bürgermeister, ich wundere mich. Offen gestanden, ich wundere mich sehr. |404| Ich könnte jetzt wirklich auf die Nachricht von der aufgeflogenen Versammlung verzichten, ich habe eine sehr nette große Nachricht für die erste Seite.
    Aber ich will doch auch einmal fragen: Warum vernehmen Sie nicht den Geschäftsführer der ›Chronik‹? Und zweitens: Sie wissen doch, daß ich den Betrieb erst vor wenigen Wochen übernommen habe und Gründe besaß, mich nicht sehr um ihn zu kümmern. Wie können Sie voraussetzen, daß ich diese notarielle Bescheinigung überhaupt kenne? Und drittens: Wenn diese Bescheinigung tatsächlich existieren sollte, woher nehmen Sie den Zweifel an ihrer Richtigkeit? Dreitausenddreihundert Prospekte unterm Bleiofen verbrannt! Ich glaube nicht, daß Ihr Gewährsmann sie nachgezählt hat. Vor Gericht wird sich herausstellen, daß es zweihundert waren.«
    »Hübsch«, nickt Gareis. »Sehr hübsch. Aber Sie unterschätzen mich, Herr Gebhardt. Haben Sie einmal Aalstecher gesehen? Aale lassen sich schlecht greifen. Aale sticht man mit der Gabel.«
    Gareis steht mit einem Ruck auf. »Man sticht, Herr Gebhardt, mit einer Gabel. Ich habe noch nicht alles erzählt, und Sie haben ein sehr schlechtes Gedächtnis oder sehr viel Vertrauen in die Vergeßlichkeit Ihrer Mitmenschen. Ich muß noch einmal anfangen:
    Als Herr Hempel von Ihrem Geschäftsführer Wenk nach Haus ging, da fiel ihm ein, daß er wohl eine notarielle Bescheinigung gesehen hatte, aber daß diese Bescheinigung kein Datum trug. Oder, genauer gesagt, sie trug vielleicht eins, aber darüber hatte ein Daumen gesessen. Die Bescheinigung konnte uralt sein.
    Herr Hempel ist ein komischer Mann. Er konnte ja nun zu Wenk gehen und sagen: Ich habe das Datum nicht gesehen, zeig mir das mal! Und er konnte dann seinen Auftrag annullieren, wenn das Datum ihm etwas altbacken schien. Herr Hempel tat etwas anderes: Er beschloß, seinen Auftrag zu vergrößern. Herr Hempel ging nicht zur ›Chronik‹. Herr Hempel ging zu den ›Nachrichten‹.
    |405| Dort traf er Ihren Geschäftsführer Trautmann. Er sagte ihm dasselbe, was er Wenk gesagt hatte, er fragte nach der Auflage der ›Nachrichten‹. Er hörte die Zahl fünfzehntausend. Und wenn für beide Zeitungen …? Wieso für beide? Hier gab es nur eine! – Aber Herr Hempel zeigte sich orientiert, schließlich gab Herr Trautmann nach: nun gut, für beide Zeitungen dreiundzwanzigtausend.
    Schön. Jetzt fingen sie an zu handeln. Hempel wollte einen Rabatt, wenn er in beiden Zeitungen beilegte, Trautmann war zäh, nichts von

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