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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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nicht? Das ist unser Annoncenwerber, Herr Tredup. – Herr Strafanstaltshilfswachtmeister, Herr Gruen.«
    »Doch, den kenn ich«, sagt Gruen leise. »Das ist der falsche Reimers, der mich verraten hat an den Direktor Greve.«
    »Das ist der wahnsinnige Kerl aus dem Gefängnis, Stuff, von dem ich dir gesagt habe. Der Kerl hat mir was eingebrockt …«
    »Solche Leute hast du hier, Stuff?« fragt Gruen wieder. »Dann ist freilich der Blitz schon zu lange in der Wolke gewesen.« Plötzlich reckt er die dürren Arme. »Euch alle wird er vertilgen, alle, alle …«
    Er verschwindet plötzlich. Draußen hört man Fräulein Heinze schreien. Die beiden laufen hinaus.
    »Was war denn?«
    »Was ist denn los?«
    »Warum schreien Sie denn so?«
    »Der verrückte Mensch! Hat mich so erschreckt! Springt plötzlich über die Barriere.«
    »Ja, ich glaube, verrückt ist der jetzt wirklich«, sagt Stuff |425| nachdenklich. »Ich muß mal gleich einen eiligen Gang tun, sonst richtet er noch was an. Nimmst du Kino und Wochenmarkt, Tredup?«
    »Was war denn im Kino?«
    »Nichts wie der übliche Mist. Schreib man: Dina Mina hat ihr koboldhaftes Talent wieder mal unter Beweis gestellt. Wieso, steht sicher im Inserat. Das kannst du doch?«
    »Das fragen mich jetzt alle«, sagt Tredup mürrisch. »Natürlich werde ich mein Talent jetzt auch mal unter Beweis stellen.«

    8

    Als Stuff sich dem Krankenhaus von hinten nähert – er bevorzugt überhaupt die Gassen vor den Straßen –, sieht er, daß die sonst so stille Allee um diese frühe Abendstunde eine Art Korso geworden ist. Schülerinnen, Lyzeistinnen, gehen dort Arm in Arm auf und ab, die Gymnasiasten fehlen nicht, und auch ältere Mädchen sind da, Mädchen von zwanzig, einundzwanzig Jahren.
    Stuff weiß, daß seit undenklichen Zeiten der Burstah der Bummel von Altholm gewesen ist. Wurde er nun hierher verlegt, so muß das eine besondere Ursache haben. Die Ursache, nicht schwer zu finden, steht in einem Hochparterrefenster des Krankenhauses, lächelt, ruft ein Wort hinüber, winkt, wirft Kußhändchen und ist ein strahlender Henning, Henning, der Volksheros.
    Und sosehr Stuff geneigt ist, Henning hoch einzuschätzen, seit er, aus zwei Dutzend Wunden blutend, auf dem Straßenpflaster lag, dies scheint ihm ein bißchen reichlich. Äffchen, denkt er, als er weitergeht.
    Er hat es sich schwierig gedacht, zu dem Untersuchungsgefangenen vorzudringen. Aber es ist grade die Stunde, da im Krankenhaus das Abendessen ausgegeben wird, keine von den Schwestern beachtet ihn, und einen Posten sieht er auch nicht.
    |426| Hübsche Zustände das, denkt Stuff. Ein Wunder, daß der Henning noch da ist.
    Dann klopft er, wartet einen Augenblick und tritt ein.
    Henning steht noch immer am Fenster und zeigt sich leutselig seinem Volk. Auf dem Tisch liegt ein dreiviertel Dutzend Sträuße, weiße Pakete, die Schokoladeninhalt verraten, Zigarettenschachteln und ab und zu, halb ausgepackt und gleichgültig wieder fortgelegt, eine Handarbeit.
    »Lassen Sie doch den Unsinn, Henning«, sagt Stuff ungeduldig. »Ich habe was Wichtiges mit Ihnen zu besprechen.«
    »Unsinn? Das kommt Ihnen bloß so vor. Das ist die Vorarbeit für den kommenden Prozeß.«
    Und er winkt und grüßt und lächelt weiter zum Fenster hinaus.
    »Quatsch! Die verstiegenen Gören werden Sie auch nicht rausreißen.«
    »Aber ihren Vätern, Brüdern, Onkeln werden sie erzählen, was ich für ein netter, harmloser, offener Junge bin. Und die Väter, Onkel, Brüder sind Zeugen im Prozeß oder gar Schöffen oder wenigstens Skatfreunde von Zeugen.«
    »Verknackt werden Sie ja doch.«
    »Was noch nicht raus ist. Bei solcher Stimmung. Und dann halber Krüppel, der ich bin, das wirkt immer.«
    »Können Sie wirklich den Arm in der Binde da nicht rühren?«
    »I wo, keine Spur. Das kostet Altholm noch eine Stange Gold.«
    »Äffchen«, und Stuff hat endlich den rechten Ton wieder. »Sie sind mall. Seien Sie froh, wenn Sie mit ein, zwei Jahren wegkommen. Geld noch dazukriegen, so ein Goldjunge!«
    »Es ist noch nicht aller Tage Abend.«
    »Nein, Gott sei Dank nicht. Denn heute vor Abend muß ich noch was wissen: was Sie nämlich mit Gruen angefangen haben.«
    »Mit Gruen? Mit Mall-Gruen? Wer kann denn mit dem |427| was anfangen? Mit dem fängt die verdrehte Feder im Uhrwerk alles alleine an.«
    »Reden Sie nicht rum, Henning. Natürlich haben Sie Gruen irgendwelchen Blödsinn in den Kopf gesetzt. Der Mann ist doch total verrückt, den schickt man doch

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