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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Krankenschwestern genug?«
    »Sie haben ’ne Ahnung. Wenn man was will, dann ist plötzlich der Wachtbeamte wirklich ein Wachtbeamter. Bomben hätte ich machen können, aber ein Mädel auf mein Zimmer, nee, das schickt sich nicht. Der reine Futterneid.«
    »Also denn los! Wie soll sie denn sein? Dick? Dünn? Schwarz? Blond?«
    »Alles Scheiße, Stuff. Wenn es nur ein Weib ist.«

    |430| 9

    Um neun Uhr klingelt es bei Bürgermeister Gareis an der Entreetür. Assessor Stein kommt, um seinen Freund und Meister zu einem Spaziergang abzuholen. Immer gehen sie fort, wenn es dunkel ist, und immer gehen sie einen fast unbetretenen Feldweg, der zwischen Äckern und Wiesen entlangläuft.
    Wissen Sie, Assessor«, sagt Gareis wohl. »Man muß sich Leuten nicht zuviel zeigen. Je weniger sie einen sehen, um so mehr beschäftigt man sie. Vollends ich – wenn sie mich spazierengehen sähen, gleich hieße es: Gott, der fette Gareis versucht, sich ein paar Pfund runterzulaufen.«
    Sie gehen langsam die Vorstadtsraße hinauf, in deren letztem Haus der Bürgermeister wohnt. Dann biegen sie ein. Ein paar Lauben kommen noch mit ihren Gärtchen und dann die ersten Vorposten der Landwirtschaft gegen die Industrie: Kartoffeläcker.
    »Kartoffeln«, sagt der Bürgermeister. »Mir sind sie lieber als Rosen. Kartoffeln. Zu Haus, immer wenn nichts Rechtes zu essen da war, Kartoffeln waren immer da. Und sie machten so herrlich satt.«
    »Ein bißchen langweilig, die Felder, nicht?«
    »Finden Sie? Ich nicht.«
    »Doch«, sagt der Assessor abwesend. »Sie wissen, die Bauern liefern jetzt auch nicht mehr in die Stadt. Fahren ihre Schweine, ihre Kartoffeln nur bis zur Stadtgrenze. – Da, ihr verfluchten Altholmschen, wenn ihr was wollt, holt es euch. – Der Boykott wird immer schärfer.«
    »Ich bitte Sie, Assessor, reden Sie mal eine Stunde nicht vom Boykott. Als wenn es nichts anderes mehr zu tun gäbe auf der Welt. Die Arbeitslosigkeit wird immer schlimmer. Wir sind in der ganzen Provinz die Stadt mit der höchsten Arbeitslosenziffer. Und mein Fürsorgeetat ist seit zwei Monaten erschöpft.«
    »Was machen Sie da?«
    »Ich verbrauche weiter. Ich wollte den Rendanten sehen, |431| der mir dafür das Geld verweigert. Und in diesem Punkt habe ich wenigstens die ganze Partei hinter mir.«
    »Nur in diesem Punkt?«
    »Gott, die finden ja in letzter Zeit, ich bin kein richtiger Roter. Bin zu bauernfreundlich. Soll die Bauern mit Feuer und Schwert vertilgen.«
    »Aber wenn die Sie nicht halten, auf wen wollen Sie sich dann stützen im Kampf, der kommt?«
    »Auf mich. Ich denke immer, am Ende werden die sehen, daß sie mich doch brauchen. Daß ich recht habe.«
    »Ja, und die Niederlage von Temborius wird Ihnen auch helfen.«
    Der Bürgermeister bleibt stehen. »Diese Niederlage ist das schwerste Unglück, das passieren konnte. Seit ich von der weiß, verliere auch ich fast die Hoffnung auf Einigung.«
    »Aber wieso denn? Jetzt kommen sie doch alle wieder zu Ihnen gelaufen.«
    »Kann ich was Endgültiges machen ohne die Regierung? Das ist doch nun einmal so, die müssen ihren Senf dazugeben, sonst geht es nicht. Und ab jetzt schmeißt der Temborius jeden Stecken ins Rad.
    Das ist doch solch ein Bürokrat, dem blutet wirklich das Herz, wenn nicht alles glatt und genau geht. Das tut ihm wirklich weh.
    Na, und da hat er denn gedacht: Schön, ich will euch entgegenkommen, ich will einrenken, sollt ihr sehen, ich bin gar nicht so … Frerksen und Gareis sind euch mißliebig? Ich opfere sie euch!
    Er tut’s, und dann ruft er sie zu sich. Wie schnell er sie eingeladen hat nach dem großen Schlachtfest, Sie sehen’s ja, er hat’s gar nicht abwarten können mit der Aussöhnung. Daß er nur erst nach Berlin melden kann: Friede mit den Bauern. Sieg meiner Diplomatie.
    Und da spucken die ihm so ins Gesicht. Sie haben doch wirklich ganz gemeinen Rotz gegen ihn gespritzt. Glauben Sie mir, der Mann sitzt auf seinem Sessel und weint blutige |432| Tränen, daß er es einmal gegen alle seine Grundsätze auf die menschliche Weise versucht hat und denen die Hand hinhielt. Der züchtet jetzt einen Haß im Busen, und ich sage Ihnen, über so einen richtigen Bürokratenhaß geht gar nichts. Wenn Sie mit nichts auf der Welt rechnen können, auf den dürfen Sie Häuser bauen.
    Und der wird jede Versöhnung unmöglich machen. Der hört nicht auf, und wenn alle Bauern am Verrecken sind. Der opfert besinnungslos Altholm mit seinen vierzigtausend Menschen, der opfert sogar

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