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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Dachkammer hinaufstieg, hat er gedacht: Warum soll ich den Hofhund spielen? Nichts ist mehr im Schreibtisch. Und diese Tage in der Dachkammer beim Klo … nein, lieber nicht wieder. Ich geh aufs Land.
    Heute hat er dem Grafen Bandekow gesagt, daß er Kopfschmerzen hat, ist schlafen gegangen um neun. Um halb zehn war er fort durch den Gemüsegarten.
    Es hat ihn nicht gelitten.
    Da ist das große, ineinandergeschachtelte Haus in der Stadt, mit den dunklen Zimmern, den Gängen, den Treppen, den Sälen, dem Garten, mit der geheimen Klingel, mit dem Schreibtisch und einem geheimnisvollen Setzer. Den will er fassen.
    Thiel schreitet gleichmäßig rasch aus. Es ist eine schöne Nacht, ohne Mond. Fußgänger oder Radfahrer sind so gut wie gar nicht mehr unterwegs, und selten nur stäubt ein Auto an ihm vorbei, oder ein Motorrad zischt knatternd dahin.
    Die ersten Vorstadthäuser. Am weitesten kommt ihm eine Gaslaterne entgegen, sie brennt da idiotisch für sich, beleuchtet Wiese, ein Stück Pflaster. Auf dem Pflaster liegt ein hübscher runder Stein, ein glattgeschliffener Feldstein von |438| der Größe einer Faust. Thiel stößt mit dem Fuß daran, der Stein rollt zögernd ein Stückchen, torklig auf seiner ungleichmäßigen Rundung.
    »Na komm schon«, sagt Thiel und steckt den Würfling in die Tasche. Während er das tut, hat er zwei Bilder im Hirn: eine Erinnerung an eine Bibelillustration, David mit der Schleuder im Kampfe mit Goliath. Und sich selbst sieht er stehend hinter der Tür des Redaktionszimmers auf der »Bauernschaft«, drinnen ist Licht. Jemand ist über den Schreibtisch gebückt. Thiel hebt den Stein und wirft durch den Türspalt.
    »Gut«, sagt er ungeduldig. »Machen wir alles.«
    Er kommt in die Straßen von Stolpe, still und unbelebt ist es auch hier. Kaum noch ein beleuchtetes Fenster. Nur die Gastwirtschaften sind hell. Aus einer tönt Musik: Radio oder Grammophon.
    Plötzlich verspürt Thiel das Bedürfnis nach einem Glas Bier und einem Schnaps. Am Ende, was riskiert er? Wer kennt ihn hier in Stolpe? Kein Aas! Und er tritt rasch ein.
    Die Wirtschaft ist fast leer. Ein einsamer Gast lehnt an der Theke, ein dunkler, untersetzter Mann mit einem kleinen Bauch. Der Krüger quatscht was mit ihm.
    Als Thiel bestellt, mustern ihn die beiden. Der Bauchmensch hat eine unangenehme Art zu starren. Trotzdem bleibt Thiel an der Theke stehen.
    Er nimmt den ersten Schluck. Der Krüger sagt: »Wohl bekomm’s!«
    »Vom Lande?« fragt der Dunkle.
    »Ja«, sagt Thiel. Und etwas verlegen auflachend: »Seh ich so aus?«
    Der Mann deutet mit den Augen auf Thiels Schuhe, die dick bestäubt sind.
    »Natürlich«, lacht Thiel. »Das war nicht schwer.« Und betrachtet die Schuhe des andern. Irgendein ungemütliches Gefühl überkommt ihn. Der andere hat schwarze Schnürschuhe.
    |439| Na ja, so ’ne gibt’s mehr. Immerhin, schnell austrinken.
    »Lehrer?« fragt der Mann.
    »Warum meinen Sie?« fragt Thiel ausweichend.
    »Nein, Sie sind kein Lehrer«, sagt der Mann, ohne sich auf weitere Erklärungen einzulassen, und fährt fort, Thiel anzustarren.
    Der nimmt hastig einen Schluck, bestellt noch einen zweistöckigen Schnaps und fragt den Krüger unmotiviert nach dem Wege zum Bahnhof.
    Als der umständlich Thiel längst Bekanntes geschildert hat, sagt der Dunkle kurz: »Es fährt aber kein Zug mehr.«
    »Das weiß ich«, sagt Thiel. »Ich will noch mal zur Gepäckaufbewahrung.«
    »Die ist auch zu«, sagt der andere.
    Verdammt noch mal, denkt Thiel. Wäre ich doch nie in diesen Ausschank gegangen! Und sucht nach seinem Portemonnaie.
    Natürlich ist es in der Tasche, in der oben der Feldstein liegt. Wie er das Portemonnaie herausziehen will, poltert der Stein auf die Erde.
    Thiel und der Dicke bücken sich gleichzeitig danach. Thiel ist schneller und verstaut hastig und verlegen den Stein.
    »Sammeln Sie Steine?« fragt der andere.
    »Ich will mir ein Haus bauen«, antwortet Thiel in einem Ton, der weitere Fragen abschneidet. Und zum Krüger: »Bitte zahlen!«
    Er zahlt und geht. Im Rücken hat er das Gefühl, daß die beiden ihm scharf nachglotzen. Diese Kuhdörfler! Dummheit von mir, da reinzugehen, denkt er noch einmal und schreitet rasch aus, um die verlorene Zeit einzubringen.
    Er kommt von hinten an das Grundstück der »Bauernschaft«, macht einen Klimmzug über die Planke und steht im Garten.
    Alles still, alles dunkel.
    Ob ich erst in das Maschinenhaus gehe und dem Meister ein paar Zigaretten klaue?
    |440| Aber er ist

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