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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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nicht handeln kann ich mit ihm, nicht Worte tauschen.
    Daß ich so getan habe, das ist mir herzlich leid.
    Ich bitte um Verzeihung alle Bauern von Poseritz, mit ihren Frauen, mit den Altenteilern, mit Kindern, Knechten und Mägden. Herzlich bitte ich alle um Verzeihung …«
    Der Wind geht in dem Pappelgeäst über dem Denkmal. Die Flammen vor dem Feuer, in dem die verhängnisvolle Standuhr verbrennt, werfen ihren Flackerschein auf die Versammlung, auf das Rund, gebildet aus der Gemeinschaft eines kleinen Dorfes mit dreihundert Einwohnern, einer Zelle im großen Körper der Bauernschaft.
    Der Bauer Barrels steht blaß da, eine Hand hält er auf dem Rücken, die andere vorgestreckt, hingehalten dem Gemeindevorsteher Büttner, der sie noch nicht nimmt.
    Hinter Büttner steht Henning. Er denkt: Dies wird es tun. Dies würde den Franz freuen. Es ist ganz seine Art. Und es wird ungeheuer wirken im Lande.
    In seiner Brusttasche knittert der Fünfzigmarkschein, erste Wochenrate des Bestraften.
    |462| Dann gibt Büttner dem Bartels die Hand. »Und angesichts der versammelten Gemeinde versicherst du, daß du ohne Haß bist, ohne Mißgunst, ohne Bosheit?«
    »Ich versichere es.«
    »Daß du freiwillig und ungezwungen zu uns gekommen bist, daß du deine Bosheit erkannt hast?«
    Ja.«
    »So verzeihe ich dir namens der gesamten Bauernschaft. Was war, ist nicht mehr. Niemand soll dich daran erinnern noch darum kränken.«
    Als Bauer Bartels nach Haus kommt, sind die Knechte schon wieder im Stall, Licht brennt, sie streuen dem Vieh zur Nacht.
    Er legt sich hin zum Schlafen. Ihm ist, als habe er eben böse geträumt.

    5

    Stuff und Tredup sitzen in der Redaktion einander gegenüber.
    Stuff hat eben sein letztes Manuskript dem Setzerjungen gegeben und kramt in seinem Schreibtisch.
    Tredup trägt in die Inseratenkartothek imaginäre Besuche bei den Kunden ein, mit dem immer gleichen Vermerk: »Abgelehnt.«
    Seit einiger Zeit spricht Stuff nicht mehr mit Tredup, tut ganz, als ob der nicht da wäre.
    Grade im Augenblick läßt er einen Gewaltigen streichen, murrt behaglich: »Bums büst buten!« und raschelt weiter mit seinem Papier.
    Es ist blödsinnig heiß im Zimmer, ein paar Fliegen summen herum, und nun stinkt es auch noch. Tredup überlegt, ob er pro forma auf Annoncen los soll. Er könnte sich am Jugendspielplatz in die Büsche setzen und was lesen.
    Stuff sagt laut und vernehmlich: »Scheißer!«, und so herausfordernd tut er das, daß Tredup wider Willen hochsieht.
    |463| Stuff schaut ihn voll an, dann zu einem Brief, den er vor sich ausgebreitet hat. Tredup braucht nur flüchtig hinzusehen, er weiß schon, was das für ein Brief ist.
    Er bezwingt sich und schreibt weiter in den Karten.
    Aber den Stuff muß heute der Teufel reiten. Er ist unglaublich frech, mit schallender Stimme fängt er an, den anonymen Brief vorzulesen:
    »Stettin, am 6. September.
    Sehr geehrter Herr Stuff, wie ich in Erfahrung gebracht habe, sind meine beiden bisherigen gutgemeinten Warnungen erfolglos gewesen. Sie haben noch keine Schritte unternommen, um Altholm zu verlassen. Damit Sie wissen, daß mir alles bekannt ist: Die Frau heißt Timm und wohnt in Stettin auf der Kleinen Lastadie, Hinterhaus, eine Treppe. Das Mädchen heißt Henni Engel und war damals Dienstmädchen bei Dr. Falk. Wenn Sie am 15. Oktober Altholm nicht verlassen haben, geht das Material an die Staatsanwaltschaft.
    Eine wohlmeinende Freundin, die zum letztenmal warnt.«
    Stuff hat ausgelesen und schnauft vernehmlich.
    »Scheißer!« sagt er wieder.
    Tredup will nicht hochsehen und tut es doch. Stuff schaut ihn an und grunzt ihm voll ins Gesicht.
    »Scheißer!« sagt er zum drittenmal. »Ja, dich meine ich, Tredup, glotz bloß nicht so blöde.«
    Tredup hat das Gefühl, als müsse er sich irgendwie aufregen, empören, aber er bringt es nicht über ein schwächliches »Lächerlich« hinaus.
    Stuff fährt ungerührt fort: »Glaubst du eigentlich, Jungchen, das geht dir alles so hin? Erst die Bilder und dann der Verrat hier und dann der Verrat dort? Glaubst du, ich weiß nicht, wie oft du aufs Rathaus läufst?
    Denkst, du kannst dir alles erlauben?«
    Stuff spuckt aus, lehnt sich weiter zurück und hält Tredup fest in der Zange.
    »Sag mal, Jungchen, fühlst du nicht manchmal die berühmte |464| Stelle am Hinterkopf, über die du schon vor netto einem Vierteljahr eins haben wolltest? Nee, nicht? Na, ich würde sie fühlen, würde sie verdammt fühlen.«
    Stuff faltet den Brief

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