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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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gemächlich zusammen und steckt ihn wieder ein. Plötzlich fängt er an zu lachen, lauthals. »So ein dämliches Aas! Denkt, weil er vierzehn Tage im Kittchen war, er ist ein großer Ganove und kann erpressen. Der Arsch gehört dir versohlt, nach Noten, du Junge, du!«
    Er steht schwerfällig auf und ist unvermittelt wütend. »Und das sage ich dir, Tredup, wenn du noch einmal die Frechheit hast und tippst diese Briefe auf meiner Schreibmaschine, dann schlage ich dir einen vor deinen Brägen …«
    Tredup stammelt verwirrt: »Ich weiß nicht, was du willst. Ich verstehe das alles nicht. Du denkst doch nicht …«
    Aber Stuff hört gar nicht hin. Er hat den Hut vom Haken geangelt und sieht sorgenvoll auf seine Füße in den ausgetretenen Schuhen.
    »Stinken. Wie alter Käse. Muß sie wirklich mal waschen«, murmelt er.
    Dann wacht er wieder auf. »Soll ich deine Frau von dir grüßen, Tredup? Gehe jetzt zu ihr.«
    Und ist schon fort.
    Tredup bleibt zurück, den ganzen Bauch voll ohnmächtigen Zorns.
    Dieses Schwein, der Stuff, nimmt die Briefe einfach nicht ernst. Liest sie offen vor, tut so, als wüßte er bestimmt, daß Tredup sie geschrieben. Und grade von diesem Briefe hatte Tredup sich so viel Wirkung versprochen. Welche Mühe hatte es gekostet (und auch Geld), die Adressen und Namen rauszukriegen. Stuff lacht einfach darüber.
    Nun, wenn er dachte, es wäre nicht ernst, sollte er sich gewaltig täuschen. Wenn alle Stricke rissen, ging das Material einfach an die Staatsanwaltschaft. Dann sollte er schon sehen, was danach kam, dann war er wirklich erledigt.
    Es quält ihn, ob Stuff wirklich zu Elise gegangen ist. Nach ein paar Minuten steht er auf und geht nach Haus.
    |465| Wenn nun Stuff der Frau alles erzählt!
    Er geht nicht bis in die Stube, er geht nicht einmal auf den Hof.
    Jenseits des Hofes stellt er sich hinter einen Fliederbusch. Das Fenster zur Stube steht offen, und drinnen sitzt wirklich Stuff auf dem Bett und spricht mit Elise.
    Die beiden reden ganz ruhig miteinander. In der Hauptsache ist es natürlich Stuff, der quatscht. Wird ihn schon schön schlechtmachen. Und Elise nickt beifällig mit dem Kopfe, ein paarmal redet auch sie rasch und lange.
    Tredup paßt auf, ob Stuff den Brief zückt, aber es geschieht nicht, solange er dasteht. Vielleicht ist das schon geschehen, ehe er kam.
    Dann scheint das Gespräch zu Ende zu gehen. Stuff steht auf, und die beiden treten ans Fenster, sehen hinaus. Tredup fährt ganz hinter seinen Fliederbusch zurück.
    Als er wieder vorspäht, ist die Luft rein. Stuff ist fort, und Elise sprengt auf dem Tisch Wäsche ein.
    Auf seinen Gruß antwortet Elise ganz ordentlich und munter: »Guten Tag.«
    »Gibt es bald Essen?« fragt er und läuft im Zimmer hin und her.
    »In einer halben Stunde. Wenn die Kinder da sind.«
    Sie fragt gar nicht, warum er so früh kommt.
    Er läuft auf und ab und sieht einen zerlutschten Zigarrenstummel im Aschenbecher.
    »Wer war denn hier?« fragt er und hebt den Stummel hoch.
    »Aber Herr Stuff. Das weißt du doch.«
    »Weiß ich das? Wieso weiß ich das? Kommt Herr Stuff so oft zu dir?« fragt Tredup gereizt.
    »Weil du hinter dem Fliederbusch gestanden hast«, sagt sie.
    »Ich? Wieso?« stammelt er und wird rot. Diese Frau ist vollkommen unverständlich. Was in aller Welt hat Stuff erzählt?
    Und nun tut sie plötzlich etwas ganz überraschendes: Sie läßt ihre Arbeit liegen, geht zu ihm und lehnt Wange an Wange.
    |466| Das ist in Wochen und Wochen nicht geschehen.
    Er hält still. Ihre Haare kitzeln an der Schläfe.
    »Wir wollen wieder gut sein«, sagt sie leise. »Wollen wir wieder sein wie früher, Max?«
    Er ist vollkommen verblüfft. (Was hat Stuff erzählt?) Aber seine Hand findet sich in ihre.
    »Herr Stuff ist doch ein guter Mensch«, sagt sie plötzlich. »Ja? Meinst du?« fragt er und findet sich immer weniger zurecht.
    »Er hat mir alles erklärt. Daß du noch krank bist von der Haft. Und daß wir dich schonen müssen. Ich war ja so dumm. Verzeih mir bloß, Max.«
    »Das ist alles Quatsch«, sagt er brummig und will los von ihr. »Ich bin ganz gesund.«
    »Natürlich bist du das«, sagt sie sanft und sieht ihn an.
    »War der Stuff hier, um dir diesen Quatsch zu versetzen?«
    »Aber er hat mir doch gesagt, daß du zum ersten Oktober Redakteur wirst. Daß es sicher ist. Hattet ihr das denn nicht abgemacht?«
    »Ja. Ja«, sagt Tredup gedankenlos. »Das hatten wir abgemacht.«
    Und innerlich: Also haben die Briefe doch gewirkt!

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