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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Max doch fort von hier. Es ist ihm nicht gut bekommen hier, Herr Stuff.«
    »Jawohl, Frau Tredup, da haben Sie recht. Wer mit uns Schweinen umgeht, wird bald selbst ein Schwein.«
    »Gott, Herr Stuff, bei Ihnen ist es ja ganz etwas anderes. Sie sind ein Mann. Sie können so was mal machen. Aber der Max ist ja so ein Junge, der schweinigelt sich gleich von oben bis unten ein, wenn er mal mit Dreck spielt.«
    »Sie sind eine Frau«, sagt Stuff anerkennend. »Sie sind das richtige Muster.«
    »Na, Herr Stuff, grade jetzt mal. Aber morgen auch?«
    »Morgen auch«, erklärt Stuff.
    »Es ist nach halb elf, jetzt muß er kommen.«
    »Wo ist er denn eigentlich hin, jetzt in der Nacht?«
    »Nach Stolpe zu.«
    »Nach Stolpe? Jetzt in der Nacht?«
    |564| »Und weiter. Wissen Sie, Herr Stuff, Ihnen kann ich es ja sagen: Er holt das Geld.«
    »Das Geld?«
    »Ja, das Geld.«
    »Wo hat er es denn?«
    »Ja, ich weiß auch nicht. Er sagte was von Stolpermünde.«
    »In den Dünen also. Das ist nicht schlecht.«
    Nach einer Weile: »Ich weiß nicht, Frau Tredup, ich wäre mitgefahren.«
    »Wieso? Mitgefahren?«
    »Wo er am Nachmittag den Puff gekriegt hat. Sie wissen doch, wie Tredup ist.«
    »I wo, der war ganz fidel, als er losfuhr.«
    »Und trifft irgendeinen, der ihn ankotzt, und traut sich nicht wieder her.«
    »Oh, Herr Stuff!«
    »Ich bin«, sagt Stuff langsam, »ein gottgeschlagenes Kamel. Ich bin ein Idiot. Natürlich ist alles Quatsch, was ich gesagt habe.«
    »Jetzt müßte er aber hier sein. Es ist drei Viertel elf.«
    »Vielleicht hat er den Zug verpaßt. Es ist stickeduster draußen. Vielleicht muß er suchen.«
    Die Frau sagt bittend: »Warten Sie noch ein Weilchen.«
    »Natürlich, Frau Tredup, ich versäume nichts.«
    »Soll ich Ihnen Bier holen? Sie sind es doch gewöhnt, abends, Herr Stuff.«
    »Nein, kein Bier. Keinesfalls. Ich werde viel zu dick.«
    »Kurz vor eins kommt noch ein Zug, da können wir ja zur Bahn gehn.«
    »Nein, seien Sie mir nicht bös. Ich gehe nicht aus dem Haus. Mir ist, als müßte ich hier auf ihn warten.«
    »Selbstverständlich warten wir hier.«

    Um halb zwei.
    »Nein, mit dem Zug ist er auch nicht gekommen. Gehen Sie nach Haus, Herr Stuff.«
    |565| »Und Sie?«
    »Ich warte noch.«
    »Dann warte ich mit. Um sechs Uhr zehn kommt der Frühzug.«
    »Aber Sie müssen schlafen, Herr Stuff.«
    »Ich schlaf hier sehr gut in meiner Sofaecke, tun Sie das man auch.«
    »Herr Stuff!«
    Unbeugsam: »Ich warte mit.«

    Um drei geht nach kurzem Flackern die Petroleumlampe aus. Die Frau stellt sie vor die Tür, sieht auf Stuff, der in seiner Sofaecke schnarcht.
    Setzt sich wieder hin und wartet.

    Um halb sieben reckt sich Stuff und gähnt.
    Plötzlich erschrocken: »Was, schon halb sieben? Ist er denn nicht gekommen?«
    Die Frau: »Nein, er ist nicht gekommen. Und ich weiß jetzt auch, er kommt nicht mehr. Er hat das Geld genommen und ist ausgerissen von uns. Er hat es schon immer gewollt.«
    »Aber, Frau Tredup, er hat in Stolpe übernachtet. Kommt heute vormittag.«
    »Nein«, sagt die Frau. »Er kommt nicht. Er hat uns verlassen.«
    »Glauben Sie das nicht. Sofort, wenn heute die Verhandlung zu Ende ist, fahre ich nach Stolpe und Stolpermünde und erkundige mich nach ihm. – Aber bis dahin ist er längst hier.«
    »Er kommt nicht wieder«, sagt die Frau.

|566| VIERTES KAPITEL
Gareis in der Schlinge
    1

    Am vierten Oktober regnet es. Es ist ein richtiger Herbsttag. Der Wind zerrt an den Bäumen, durch alle Straßen jagt er abgerissenes, feuchtes Laub, der Regen schlägt gegen die Scheiben. Gareis steht am Fenster, hat die Hände auf dem Rücken und sieht hinaus.
    Er zieht die Unterlippe zwischen die Zähne und kaut darauf herum.
    Sein Vorzimmer ist voller Leute, aber er mag keinen kommen lassen. Was wollen sie alle? Einen Auftrag, eine Zuwendung, einen Posten, eine Wohnung.
    Dreihundertvierundsechzig Tage müht er sich, aus der Art, wie er auf unzählige Privatwünsche eingeht, einen Kurs zurechtzusteuern, der das Schiff vorwärtsbringt, der Stadt zugute kommt.
    Heute mag er nicht.
    Er wartet auf ein Telefongespräch aus Berlin. Er wartet auf den Pinkus. Er wartet auf Stein. Das Telefongespräch kommt nicht. Pinkus kommt nicht. Stein läßt warten.
    Da verhandeln sie nun schon den vierten Tag in der Turnhalle und hämmern auf der Polizei herum. Das geht von morgens bis abends. Alles hat die Polizei verbockt. Die armen, edlen Bauern, die armen, edlen Städter, die alte, böse Polizei …
    Was soll

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