Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
alle irrt euch. Aber sagen Sie mir eins, Piekbusch …« Der Bürgermeister grübelt. »Der verschwundene Geheimbefehl, war das auch Anordnung der Partei?«
    Er sieht scharf in das Gesicht seines Sekretärs.
    »Nein, Herr Bürgermeister, so wahr ich lebe! Der ist weg. Davon weiß meine Seele nichts. Ich will auf der Stelle hinfallen, Herr Bürgermeister …«
    Das Telefon klingelt.
    Der Bürgermeister sagt sanft: »Gehen Sie, Piekbusch, und besorgen Sie mir sofort den Stein her. Und diesmal tun Sie es wirklich. Oder ich schlage Ihnen alle Knochen im Leibe entzwei.«
    Das Telefon läutet Sturm. Der Bürgermeister hebt den Hörer ab. Piekbusch verschwindet.

    |570| 2

    Durch die Nebentür von Gareis’ Zimmer schiebt sich die schmächtige Gestalt von Assessor Stein.
    Gareis kommt ihm lächelnd entgegen. »Nun, Steinlein? Doch hergetraut, trotz aller Verbote?«
    »Verbote?«
    »Tun Sie nicht so, Assessor. Ich weiß Bescheid. Ich weiß alles. Und Sie kuschen nicht vor der Partei?«
    »Was heißt das?«
    »Wissen Sie wirklich nichts? Hat man Sie draußen gelassen? Sind Sie ein aussichtsloser Fall? – Es scheint wirklich so. Die Partei hat nämlich so eine Art Verbot erlassen gegen mich, Zensur verhängt, wie Sie wollen. Man darf nicht mehr mit mir umgehen.«
    »Nicht doch! Bürgermeister, das ist nicht möglich …«
    »Alles ist möglich, wenn man erfolglos ist. – Aber ich bin noch nicht erfolglos. – Sie waren – dort?«
    »Ja.«
    »Ist Assessor Meier wieder da?«
    »Seit heute früh sitzt er wieder auf seinem Stühlchen.«
    »Und …«
    »Nichts. Er wollte nicht raus mit der Sprache. Er wüßte selber nichts. Der Entscheid der Regierung sei im verschlossenen Brief dem Vorsitzenden übergeben.«
    »Das ist Stolpe! Das ist Temborius! Geheimniskrämerei bis zur letzten Minute. Nun,
ich
kann Ihnen sagen, was in dem verschlossenen Umschlag steht …«
    »Ja?«
    »Aussagegenehmigung verweigert!«
    »Wirklich, Bürgermeister? Ich wäre ja so glücklich!«
    »Ich bin glücklich. Wenn es eine Falle war mit dem verschwundenen Geheimbefehl, so ist sie zugeschnappt, ehe ich drin war. Die haben jetzt lange Nasen.«
    »Ist es auch sicher?«
    »Ich habe eben mit Berlin gesprochen. Der Minister war |571| noch nicht im Amt. Aber Regierungsrat Schuster sagte mir, es sei entschieden: bis hierher und nicht weiter. Man ist unzufrieden mit der Entwicklung des Prozesses. Man wünscht in Berlin kein Herumhacken auf der Polizei. Man wünscht Bereinigung des Bauernfalles. Der Geheimbefehl bleibt geheim.«
    »Schuster ist doch ein Freund von Temborius?«
    »Eben! Ich habe ja immer gesagt, daß Temborius nicht will. Es wird nicht ausgesagt!«
    »Gott sei Dank! Was hätten Sie nur gemacht …?«
    »Ach was«, sagt der Bürgermeister und strahlt, »irgendeinen Ausweg hätte ich ja immer gefunden, aber so ist es besser.«
    »So ist es besser. Aber dann verstehe ich nicht, daß die Partei …«
    »Die tippen doch falsch. Die unterliegen alle der Atmosphäre im Gerichtssaal. Blutrausch der Polizei. Die Polizei hatte ihre Säbel geschliffen. Der Bluthund Frerksen. – Das erträgt kein Parteiherz.«
    »Übrigens Frerksen, er ist heute wieder aufgetreten.«
    »Frerksen interessiert mich nicht mehr.«
    »Er erbat sich das Wort zu einer Erklärung. Er trat auf, mit etwa siebzehn Verordnungen in der Hand. Er rechtfertigte die Beschlagnahme der Fahne, den Angriff auf den Zug. Erstens: Polizeiverordnung von Anno X: Das Tragen unbewehrter Sensen durch die Stadt ist verboten. Zweitens: Bei Demonstrationszügen dürfen keine Stöcke getragen werden. Drittens: Die Führer haben die Demonstration nicht ordnungsgemäß angemeldet. Viertens: Der Zug benützte unerlaubterweise mehr als die Hälfte der Fahrbahn. Fünftens bis siebzehntens: derselbe Kohl.«
    »War die Wirkung groß?«
    »Ja, gewiß, für Streiter. Der fragte ihn: ›Waren Ihnen, Herr Oberinspektor, im Moment der Fahnenbeschlagnahme alle diese Verordnungen erinnerlich?‹
    Und Frerksen: ›Nicht dem Wortlaut nach.‹
    Und Streiter: ›Aber dem Sinne nach?‹
    |572| ›Ja, die meisten. Ungefähr.‹
    Und Streiter: ›Bei diesem phänomenalen Gedächtnis wundert es mich, daß Sie, Herr Polizeioberinspektor, die wichtige Bestimmung vergessen hatten, nach der Demonstrationszüge unter allen Umständen durch die Polizei zu schützen sind.‹
    Frerksen war platt.«
    »Das kann ich mir denken. Haben Sie eine Vermutung, wessen Puppe er eigentlich jetzt ist?«
    Der Assessor sinnt. Er spitzt die Lippen,

Weitere Kostenlose Bücher