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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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mach schon. Aber den Fünfer spuckst du gleich aus.«
    »Wenn ich neben dir sitze.« –
    »Was bist du denn für einer?« sagt der Chauffeur, als das Auto wieder die Straße entlangfegt. »Glaubst du denn wirklich noch an solchen Mist mit dem Bepusten? Das tun doch nur die dummen Bauern.«
    »Da braucht es keinen Glauben«, sagt Banz. »Was man mit Augen sieht, das gibt es.«
    »Es ist komisch«, sagt der Chauffeur. »Ich hab noch nie so was zu sehen gekriegt. Vor mir muß das richtig fortlaufen.«
    »Mir«, sagt Banz, »haben sie die Gürtelrose weggepustet. Sie sitzen an deinem Bett, drei müssen es sein, und von Zeit zu Zeit pusten sie dir umschichtig ins Gesicht.«
    »Reinweg kriegen möcht ich mal die Rose, bloß um das zu erleben!«
    »Wünsch dir das lieber nicht!«
    »Und jetzt, jetzt holst du die?«
    »Nein, die hole ich nicht. Das wird ja viel zu teuer. Denen gebe ich ein Bild von meinem Kleinen, und das bepusten sie heute abend, und morgen ist die Rose weg.«
    |556| »Das hättest du auch schicken können. Hättest dir fünf Mark gespart.«
    »Daß die nur eine halbe Stunde pusten. Nee, ich setze mich dazu und passe auf. Zwei Stunden müssen sie pusten, sonst kommt die Rose wieder.«
    »Sachen habt ihr hier auf dem Lande«, sagt der Chauffeur. »Ich bin aus Stettin. Da weiß man von solchem Schnack nichts.«
    »Nee, ihr habt die Krankenkasse. Da wißt ihr wenigstens, wer euch zu Tode bringt.«
    »Recht hast du«, sagt der Chauffeur anerkennend. »Mit den Kassenärzten ist es auch Mist. Da hatte ich mal eine dicke Hand …«

    Eine halbe Stunde später sind sie in Stolpe.
    »Wo soll ich dich denn absetzen?« fragt der Chauffeur.
    »Wo fährst du lang? Gegen Fiddichow zu? Dann nimm mich man bis Horst mit. Eigentlich wohnen die Weiber in Horst.«
    »Na denn gut.«
    In Horst klettert Banz schwerfällig vom Auto. »Wenn du noch einen trinken willst mit mir?«
    »Nee, laß man. Du hast Unkosten genug.«
    Und das Auto entschwindet.
    Banz hat von Horst bis Stolpermünde-Abbau noch gute drei Stunden zu laufen. Aber er denkt nicht daran, direkt auf den Hof zu gehen, er will sich nur das Geld aus den Kiefern holen. Dann will er weiter, entweder nach Dänemark rüber oder ins Holsteinsche. Da soll die Bauernschaft auch recht im Schwunge sein. Kriegen läßt er sich jedenfalls nicht.
    Er geht sachte in den Abend hinein. Eine ganze Weile schiebt er noch seine Karre, dann fällt ihm ein, daß die ihm nichts mehr nützt, und wirft sie in einen Graben. Aber er wartet nur das nächste Buchengehölz ab, sucht sich einen passenden Stämmling, zwei oder zweieinhalb Zoll stark, und schneidet ihn ab. Nun hat er wieder einen Stock, und es geht sich besser.
    |557| Er ist längst von der Straße ab, er hält sich an Feldwege und Raine, oft geht er auch eine Viertelstunde durch gepflügtes Land. Aber er hat die rechte Richtung, man spürt es selbst einem Nachthimmel an, wo das Meer ist. Als Banz zum erstenmal die Brandung hört, ist es schon ganz dunkel. Genau kann er nicht sagen, wo er ist, aber er muß sich links halten, fühlt er. Hier stößt die Heide an den Kiefernstreifen, er geht immer am Rande der Schonung entlang. Während er so mühsam vorwärtskommt, über Steine und Wurzeln sich tastet, stolpert und oft fällt, überkommt ihn von neuem die Wut über die Altholmschen. Die haben es ihm eingebrockt, daß er hier draußen rumkriechen muß.
    Ganz überraschend hinter einer Waldecke taucht plötzlich ein Licht auf, Licht aus seinem Haus. Seit einer Viertelstunde ist er über die eigenen Kartoffeldämme gefallen und hat es nicht gemerkt.
    Das Licht dort, das sagt schon was. Entweder sind die Gendarmen da, oder die Frau hat es angesteckt als Zeichen für ihn, daß sie parat ist. Wozu brennt sonst um diese Stunde Licht? Aber er wird sich hüten hinzugehen, vielleicht danach versucht er es einmal. Denn er hat Hunger.
    Langsam schiebt er sich in die Kiefern. Er geht ganz vorsichtig, kein Zweig darf knacken. Die können sich ja denken, daß er nicht direkt ins Haus reintrudelt, die haben sicher Spione aufgestellt an jeder Waldecke.
    Hundert Schritte geht er. Und noch mal hundert. Und wieder hundert. Dann bleibt er stehen und lauscht.
    Irgend etwas ist nicht im Lote, das spürt er. Etwas hat geknackt, etwas hat gewühlt, etwas schnauft.
    Er hat noch zwanzig Schritt, vielleicht noch zweiundzwanzig Schritt zum Versteck.
    Im Stehen bünzelt er den einen Schuh los, dann den andern. Die Senkel verknotet er und hängt die Schuhe über

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