Bauern, Bonzen und Bomben
Vater gepflanzt. Der Wind steht vom Hof her, es riecht wieder nach Jauche. In diesem Winter wollte er ein Jauchenloch mauern, daß der Regen nicht immer den Stickstoff verwäscht. Das bleibt nun nach. Der Zaun braucht auch ein paar Pfähle, und in dem Obstgarten hätte er gerne noch ein paar Äpfel gepflanzt. Das bleibt nun nach.
Er belädt sich mit einem Teil von dem Zeug, und sie gehen gegen den Wald. Sie sprechen nichts.
Erst, als sie unter den Bäumen sind, sagt er: »Du mußt nicht erschrecken, da liegt einer.«
|561| »Liegt einer?«
»Ich habe ihn erschlagen. Ich wollte es nicht. Er war über dem Geld.«
»Wer ist es?«
»Ich weiß nicht. Ich will dann mit der Stallaterne sehen.«
»Warum hast du es getan?«
»Er war über dem Gelde. Ich dachte, es wäre der Franz. Ich hab’s im jähen Zorn getan.«
»Ja«, sagt sie. »Ja. Immer der jähe Zorn. Seit dreißig Jahren. Vierzig Jahren.«
»Ja«, sagt er.
Sie gehen eine Weile schweigend. Dann fragt sie: »Wohin willst du?«
»Ich weiß nicht. Ich muß mal sehen.«
»Was wird mit dem Hof?«
»Der gehört dir!« sagt er wütend. »Dir allein! Jag die Brut weg, wenn sie aasig wird. Dir gehört er. Wir haben ihn bestellt.« Leiser: »Vielleicht lasse ich dich später einmal nachkommen.« Er bleibt stehen, wirft seine Last hin.
»So«, sagt er. »Weiter gehst du nicht. Du suchst Äste und Steine. Er muß tief rein in den Boden wegen der Kaninchen. Dann packe ich die Steine und die Äste darauf.«
Er überzeugt sich, daß sie suchend fortgeht. Dann brennt er die Stallaterne an, nimmt Spaten und Hacke und geht an seine Arbeit.
Eine Stunde später ist alles getan. Er sitzt mit ihr am Waldrand und ißt.
Sie schweigen. Zwischenhinein fragt er: »Willst du von dem Geld?«
»Nein«, sagt sie. »Nicht.«
Eine Weile später: »Du mußt vor Winter noch die Rotbunte weggeben. Die gibt keine Milch bis zum Frühjahr.«
»Ja«, sagt sie. »Das tu ich dann.«
Wieder nach einer Weile fragt sie leise: »Wer war es denn?«
Und er, noch leiser: »Ich kenne ihn nicht. Ein junger Mensch.«
|562| »Gott«, sagt sie.
»Du mußt Spaten und Hacke gut abkratzen, daß man nicht sieht, daß frisch damit gegraben ist. Und du gehst öfter raus und paßt auf, daß die Tiere nicht wühlen.«
»Ja«, sagt sie.
Er steht auf. »Dann gehe ich.«
Sie steht vor ihm.
Er wiederholt: »Ich gehe dann.«
Sie sagt nichts.
Er dreht sich langsam um und geht gegen die See. Plötzlich schreit sie auf mit all ihrer Stimme: »Banz! O Banz!«
Er dreht sich um nach ihr. Fünf Schritte ab.
Sie sieht im Dunkeln, wie er langsam, bedachtsam mit dem Kopf nickt. »Ja«, sagt er trübe. »Ja.« Und nach einer Weile: »So ist das. Ja.«
Er geht gegen die See.
9
Um elf Uhr fünfzehn an diesem Abend klopft es an der Tür von Tredups.
Frau Tredup hat über dem Brief an ihre Schwester gesessen, nun wirft sie einen Blick auf die Uhr. Er hat sich schön geeilt, der Max.
Aber es ist Stuff, der draußen steht. »Ist Ihr Mann da, Frau Tredup?«
»Nein, Herr Stuff, aber er muß jeden Augenblick kommen.«
»Darf ich hier auf ihn warten?«
»Kommen Sie nur rein, wenn es Sie nicht geniert.«
Stuff setzt sich umständlich, betrachtet seine Zigarre, sieht auf die schlafenden Kinder und legt die Zigarre fort.
»Rauchen Sie ruhig, Herr Stuff. Die Kinder sind es gewohnt. Mein Mann raucht auch.«
»Nein, lieber nicht. – Wie ist denn Ihr Mann?«
»Erst war er ja ein bißchen niedergedrückt, aber seit wir wegziehen wollen, ist er wieder obenauf.«
|563| »Sie ziehen weg?« Stuff fährt auf. »Doch nicht wegen diesem Gareis? Ich sage Ihnen, Frau Tredup, Ihr Mann wird glänzend rausgerissen. Morgen überreichen sämtliche Pressevertreter dem Vorsitzenden einen Protest gegen den gemeinen Angriff von Gareis. Sämtliche«, sagt Stuff und grinst. »Nur die ›Volkszeitung‹ hat sich ausgeschlossen von wegen der allgemeinen Solidarität. Und dann natürlich die ›Nachrichten‹.«
»Es ist nett von Ihnen, Herr Stuff, sehr nett. Und es wird dem Max sicher guttun. Aber es ist zu spät. Herr Gebhardt hat Max sofort auf die Straße gesetzt.«
»Aber das geht nicht! Das ist ausgeschlossen. Das braucht sich Tredup nicht gefallen zu lassen. Auf die Straße gesetzt? Ohne Gehalt?«
»Ohne Gehalt.«
»Aber da müssen Sie klagen, Frau Tredup, so was muß an die große Glocke.«
»Nein, wir klagen nicht, Herr Stuff. Und eigentlich bin ich froh, daß es so gekommen ist
»Auch noch! Ich danke.«
»Kommt der
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