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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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die Schultern.
    Nun geht er leiser weiter, Schritt vor Schritt, mit angehaltenem Atem. Es ist dunkel, ja, aber die Stämme sind dunkler |558| als die Luft. Der mit Kiefernnadeln bedeckte Boden ist wiederum noch schwärzer, hat aber weißgraue Flecke, wo die Karnickel den gelben Sand aus ihren Gängen auswarfen.
    Er steht an einem Stamm und sieht vor sich. Er kennt den Stamm, an dem seine Schulter lehnt.
    Vier Schritte sind es, bis zum Versteck.
    Der Boden ist dunkel, aber dort, wo das Versteck liegt, ist ein großer heller Fleck von aufgewühltem Sand. Das weiß er.
    Und dieser Fleck – wie er da steht, sieht er das – ist manchmal da, und manchmal ist er weg. Etwas Schwarzes, Massiges bewegt sich darüber. Das knackt, das wühlt, das schnauft, das gräbt.
    Wie ein Blitz schießt es durch sein Hirn: Die Gendarmen sind dagewesen auf dem Hof. Die wissen jetzt dort Bescheid, daß der Vater nicht wiederkommen kann, und da macht sich der Franz, dieser Hund, auf in der ersten freien Stunde, nicht einmal das Füttern hat er abgewartet, und stiehlt … und wühlt …
    Schwarz ist die Nacht nicht. Ein ganzes Feuerwerk prasselt vor seinen Augen los, das tanzt alles, und dazwischen ist der Nachthimmel da und zerreißt blendend hell …
    Na ja, na ja …
    Einen Augenblick ist es besser. Er steht, und der Schwindel zieht langsam ab aus seinem Hirn, und der Stamm liegt ruhig an seiner Schulter.
    Aber da bohren die Gedanken schon wieder, wie Ameisen wimmeln sie durch sein Hirn, und er sieht den Franz, diesen Hurenbock, wie er mit seinem Geld sich die Weiber kirrt, und sieht die dicken Betten und die dicken, fetten, weißen Glieder. Gut rammeln hat der, und der Vater geht hops und kommt ins Zuchthaus, weil der Sohn geil ist, viechsgeil.
    Da ist die Röte wieder, eine ganze Feuersbrunst steckt es an, es schneidet mit Messern und bohrt mit Pfriemen.
    Der Banz lehnt sich ganz zurück. In seinen Händen hat er ja einen guten derben Stock, einen langen Buchenstock, kernig …
    |559| Na ja, na ja …
    Er macht zwei Schritte, drei. Lange, unverhohlene Schritte. Die Kriechkröte am Boden fährt auf. Aber da ist der Schlag schon, mit der Länge des ganzen Stocks aus dem federnden Hebelwerk des Arms geführt. Das hat gut schreien, gurgeln: »Uaaah!«
    Und dann muß Banz wieder auf den Boden. Neben seinem Opfer hockt er und ist nicht mehr bei sich.

    8

    Es ist immer noch Nacht. Kühle Nacht, sternenlose, ohne Mond. Nahebei ist ein leiser Wind in den Kiefern und zur linken Schulter das ewig auf und ab wallende Geräusch der Brandung. Am Himmel müssen tiefgehende Regenwolken sein, er drückt so.
    Banz ist wieder da, er weiß auch wieder, was geschehen ist.
    Aber dem Franz wird es eine Lehre sein, Vaters Geld klauen für die Kuhmädchen, der läßt die Finger davon.
    Immerhin liegt er jetzt lange genug.
    Der Bauer beschreibt mit der Hand einen Tastkreis, bis er auf Stoff stößt, so nahe beim Geschlagenen hat es ihn niedergezwungen.
    An dem Stoff gehen die Finger lang, suchende kluge Tiere. Und nun kommen sie auf Fleisch, eine Hand.
    Und springen fort: Die Hand ist kalt, steif.
    Der Bauer ist mit einem Ruck über dem Liegenden. Tot? Es war ja nur ein Schlag mit einem Stöckchen. Ein Schädel hält ganz andere Schläge aus!
    Aber als er die Hand zwischen den seinen hält, weiß er zwei Dinge: Der ist tot, endgültig tot. Und: Der ist nicht der Franz. Es ist unmöglich, aber es ist nicht der Franz. Es ist eine weiche lange Hand, und der Franz hat kurze hornige Pranken. Es ist – ihm wird es klar – der wirkliche Eigentümer des Geldes.
    |560| Der Bauer wiegt den Kopf hin und her. Er sitzt da neben jemandem, von dem er nicht weiß, wie er aussieht, den hat er also totgeschlagen. Immer tiefer in die Malesche.
    »Welche sind, die haben kein Glück«, sagt Banz und meint sich.

    Eine halbe Stunde darauf trifft er die Frau, die in einem Bogen das Haus umkreist.
    »Sind die noch da?« fragt er.
    »Seit zwei Stunden sind sie weg.«
    »Wirklich weg?«
    »Franz ist ihnen eine Stunde nachgeschlichen.«
    »Franz! – Wieviel waren es?«
    »Vier.«
    »Und alle vier sind weg?«
    »Alle vier.«
    »Die Kinder schlafen?«
    »Schlafen.«
    »Du bringst Essen, Trinken, Kleider und Wäsche, meinen Mantel, Mütze und« – er zögert – »einen Stock. Dann Spaten und Hacke. Eine Laterne.«
    »Willst du nicht drin essen?‹
    »Nein. Ich gehe nicht wieder ins Haus.«
    »Banz!«
    »Mach, ehe es Morgen wird.«
    Er steht und wartet. Die Pappeln, die er hört, hat der

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