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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Kämpfen, vor allem vor dem Gebrauch der Schußwaffe, unbedingt vorher das Kommando zu verständigen habe.«
    »Und weiter?«
    »Weiter? Sonst nichts. Glaube, weiter war nichts.«
    Der Verteidiger erhebt sich. »Eine Frage sei an den Zeugen gestattet. – Herr Oberleutnant, ist Ihnen vielleicht erinnerlich, daß in dem Befehl der Wunsch ausgedrückt war, wörtlich oder dem Sinne nach, daß die Schupo besonders scharf gegen die Bauern vorgehen sollte?«
    |588| Der Oberleutnant ist ganz Verachtung. »I wo! Kein Bein!«
    »Ich bitte den Zeugen doch, mir präzis zu antworten.«
    »Nee, stand nicht drin.«
    »Sie erinnern sich bestimmt?«
    »Irrtum ausgeschlossen.«
    »Von wem mag wohl der Befehl ausgestellt sein?«
    »Kann ich nicht bestimmt sagen. Nehme aber an: Oberst Senkpiel.«
    »In Stolpe?«
    »Natürlich in Stolpe.«
    »Der Zeuge wird entschuldigen, daß ich das nicht wußte. – Jedenfalls behält sich die Verteidigung die Ladung von Herrn Oberst Senkpiel vor.«
    »Und jetzt«, sagt der Vorsitzende mit freundlicher Bestimmtheit, »wollen wir diesen Geheimbefehl erst einmal ruhen lassen. – Ich danke Ihnen, Herr Oberleutnant.«

    7

    Es ist schon dunkel, es ist nach acht Uhr abends, als Gareis noch einmal auf seinem Amtszimmer vorgeht.
    Wohl hat er daran gedacht, daß er sich zur Verfügung des Gerichts zu halten hatte, aber er hat denen eins geschissen. Ein auf dem Land, in Regen und Wind durchlaufener Tag hat seine Kampflust von neuem wieder angefacht, seine Wurstigkeit ist wieder da.
    Ich habe Pech gehabt, nun, es wird auch wieder Massel geben.
    Als er am Nachmittag in einen Dorfgasthof kam (bei Dülmen), sich dort etwas zu essen bestellte, als er sah, wie sie ihn beglotzten, wie sie mit blöden Ausreden kamen, es sei nichts da, keine Eier, kein Schinken, keine Kartoffeln, da hat er mit dem Gebrüll eines Stiers auf den Tisch geschlagen, den Wirt in einen Winkel hinter der Theke geschreckt, die Alte in die Küche gejagt.
    |589| Er bekam ein Bauernfrühstück von sagenhaften Ausmaßen.
    Geld nahmen sie nicht, aber es war eine Büchse da, für die Rettungsgesellschaft Schiffbrüchiger, in die warf er seinen Obolus – er taxierte sich einschließlich Bier auf zwei Mark ein –, und der Wirt sah eigentlich so aus, als ob er den Schiffbrüchigen das Bauernfrühstück nicht gönnen würde.
    Als er dann aus dem Gasthof kam, war er gut annonciert, für ein Bauerndorf an einem Regentag im Oktober war die Dorfstraße merkwürdig belebt. Er hielt kräftig Ausschau nach einem bekannten Bauernkopf, aber in Dülmen glückte das noch nicht. So ging er durch sie durch, wo die Gruppen am dicksten standen, er sagte vernehmlich: »Dag ok«, er sah sie kräftig an, er hustete oder räusperte sich schallend.
    Drei Dörfer weiter – oder war es das vierte? – sah er dann einen Bauern, den er kannte. Den Namen wußte er nicht, aber er erinnerte sich noch gut des Falles, durch den er den Mann kennengelernt hatte.
    Eine Sau mit einem Wurf Ferkeln war auf der Ausstellung in Altholm prämiiert, und der Preis war zweihundert Zentner Kalkmergel gewesen, von einer Fabrik gestiftet. Dann hatte aber die Fabrik mit der Lieferung Schwierigkeiten gemacht, und Gareis hatte geklagt. Es war auch Termin gewesen, zu dem wohl Stein gegangen war, jedenfalls wußte der Bürgermeister nichts Rechtes über den Ausgang.
    Nun schaukelt er auf den Bauern zu, der da mit drei andern steht.
    »Na, Vadder, der Kalkmergel glücklich eingetrudelt?«
    »Andere Woche«, sagt der Bauer. »Eine Schande ist es, wie lange das gedauert hat.«
    »So machen es die Fabrikanten mit uns«, sagt der Bürgermeister. »Aber wir sind doch klüger gewesen, wir haben sie doch reingelegt.«
    »Das soll wohl sein, daß Sie klüger sind. Wir Bauern sind allemal die Dummen.«
    »Wieso? Taugt der Mergel nichts?«
    »Dem Mergel fehlt nichts, aber ihr Altholmschen …«
    |590| »Mein Lieber«, sagt der Bürgermeister, »ihr lest doch Zeitungen …?«
    »Wenn mal Zeit ist …«
    »Jetzt ist Zeit. Also ihr lest die ›Bauernschaft‹. Ihr lest den Prozeß jetzt. Was deucht euch das denn so?«
    »Ja, Herr Bürgermeister, auf uns geht es runter, wir müssen ja wieder brummen. Und Ihr Frerksen, der den Mist gemacht hat, geht frei aus.«
    »Christian! Mensch, oder wie du heißt …«
    »Bruhn«, sagt der Bauer.
    »Also, Bruhn, du hast doch schon mal Mist gemacht auf deinem Acker. Zu naß gepflügt oder zu früh gemäht?«
    »Hab ich, Bürgermeister.«
    »Und hast deine Ohrfeige weggekriegt.

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