Bauern, Bonzen und Bomben
Vorschriften sind dazu da, daß sie nicht vor meinen Augen übertreten werden.«
»Ist schon recht, Bürgermeister«, sagt ein Arbeiter. »Mich hat nur der Blaue gewütet, daß er sich da dick reingesetzt hat, und uns schmeißt er raus.«
»Los, Chauffeur«, sagt Gareis und geht weiter.
Der Zwischenfall hat ihm gutgetan. Es gibt immer zu tun auf der Welt, denkt er. Ganz erledigt bin ich noch nicht. Verschwinden? Ahbah, wo es soviel Arbeit gibt! Ich denke ja gar nicht daran. Ich habe eins auf den Deckel gekriegt. Kräftig. Das bleibt nicht aus.
Aber ich war auch leichtsinnig. Habe es verdient. Das nächste Mal passe ich mehr auf.
Armer Tredup, es war nie viel los mit dir. Immer die Hinterwege, die Gassen vor den Straßen. Du wärst auch über jedes andere Bein gefallen statt über meins. Arme Frau.
Es regnet ganz hübsch, auch der Wind wird außerhalb Grünhofs nicht schwächer. Aber jetzt sind ganz manierliche Felder rechts und links, schon hübsch zurechtgemacht mit oder für Wintersaat. Manche Bauern pflügen trotz des Regens. Gareis schreitet kräftig aus.
6
Im Gerichtssaal hat die Verteidigung unterdes den Antrag gestellt, vor allen Dingen einmal den Inhalt des Geheimbefehls klarzustellen.
»Wir legen Wert darauf, weil wir diesen Geheimbefehl für ein Glied in der Kette der Sondermaßnahmen von Regierung gegen Bauernschaft ansehen. Wir wissen bereits, daß nach Ansicht der Regierung die Bauernschaft besonders gefährlich |586| war und daß der Oberinspektor Frerksen zum mindesten besonders scharfes Vorgehen für einen Wunsch der Regierung hielt. Die Ladung von Herrn Regierungspräsidenten Temborius behalten wir uns vor.«
Assessor Meier starrt entsetzt.
»Vorläufig beantragen wir, den hier anwesenden Vertreter der Regierung zu dem Geheimbefehl zu hören.«
Aber Meier geht gar nicht erst bis an den Richtertisch. Meier wehrt aus der Ferne ab: »Ich bin nicht befugt auszusagen. Ich besitze keine Aussageerlaubnis meiner Regierung. Außerdem habe ich nicht die geringste Ahnung von dem, was in dem Geheimbefehl gestanden hat.«
Der Vorsitzende meint: »Legen Sie wirklich Wert darauf, Herr Justizrat? Da der Geheimbefehl doch anscheinend gar nicht gelesen worden ist.«
»Wir legen den größten Wert darauf. Er ist wichtig für die Einstellung der Regierung. Außerdem kann er der Schupo bekannt gewesen sein und würde dann eventuell das rücksichtslose Vorgehen in der Viehhalle erklären. Wir beantragen die Ladung von Herrn Oberleutnant Wrede.«
Die Ladung wird beschlossen. Ein anwesender Schupooffizier macht darauf aufmerksam, daß Herr Wrede sich in Altholm befindet, vielleicht im Zuhörerraum.
Im Zuhörerraum erhebt sich Polizeioberleutnant Wrede.
Er tritt an den Richtertisch.
Der Vorsitzende sagt lächelnd: »Herr Oberleutnant, Sie sind der heutigen Verhandlung gefolgt?«
Der Oberleutnant verbeugt sich.
»Sie wissen also, daß der Inhalt dieses Geheimbefehls sich uns zu entziehen scheint, sobald wir ihn zu halten meinen. Darf ich Sie vor der Vereidigung fragen, ob Ihnen der Inhalt des Geheimbefehls bekannt ist?«
»Jawohl, Herr Landgerichtsdirektor.«
»Ich vereidige Sie dann. – Bitte sehr, Herr Oberstaatsanwalt …«
»Ich möchte an den Zeugen doch die Frage richten, ob er |587| ohne Aussageerlaubnis seiner Vorgesetzten aussagen zu dürfen glaubt.«
Eine Welle von Ungeduld geht durch den Saal. Der Vorsitzende faltet ergebungsvoll die Hände.
Der Oberleutnant schnarrt: »Habe keinerlei Bedenken.«
Der Oberstaatsanwalt beharrt: »Ihre Verantwortung, Herr Oberleutnant …«
Der Oberleutnant unterbricht mit Entschiedenheit: »Keinerlei Bedenken!«
Der Vorsitzende atmet auf. »Die religiöse Formel oder …?«
»Religiös, bitte.«
Der Eid wird geschworen.
»Also bitte, Herr Oberleutnant, nun erzählen Sie uns, was Sie von diesem Geheimbefehl wissen.«
»Geheimbefehl – ist ein Wort. Militärische Ausdrucksweise. Besagt nur, daß der Befehl allein für den internen Verkehr innerhalb der Polizei bestimmt ist.
Der Wortlaut ist mir natürlich nicht mehr erinnerlich. Der Sinn ging dahin, daß die zwei Hundertschaften dem Kommando von Herrn Gareis unterstellt wurden, daß angegeben war, wie und wo weitere Hilfskräfte für ihn erreichbar waren, und daß der Verwendungszweck gewissermaßen abgegrenzt war.«
»Das interessiert uns am meisten.«
»Ja, es hieß wohl so, daß die Schupo nur eingesetzt werden durfte, falls die städtische Polizei nicht ausreichte. Daß er bei ernstlichen
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