Bauern, Bonzen und Bomben
Man muß nur immer weitergehen. Wer stehenbleibt, hat schon unrecht gehabt …
Und laut: »Ich werde die Versammlung auflösen, da sie unfriedlich geworden ist. Wir schicken die Bauern nach Haus. Schupo trifft jetzt grade auf dem Jugendspielplatz ein. – Sie, Kallene, fahren sofort dorthin, setzen sich mit Oberleutnant Wrede in Verbindung und riegeln die Auktionshalle ab. – Wir fahren direkt. Kommen Sie, Frerksen.«
3
Das Viehhofgelände des Verbandes schwarzbunter Rindviehzüchter ist von einer hohen Backsteinmauer umgeben. Ein breites Tor führt hindurch, und an diesem Tor nimmt die |206| Polizei Aufstellung, während der Zug, die Kapelle an der Spitze, einrückt. An diesem Tore hört die Gewalt der Polizei auf. In der Viehhalle, auf dem Hof herum haben die Bauern Hausrecht, das ist ihr eigen. Die Polizisten stehen dort am Tor, rechts und links, in Gruppen oder einzeln. Je weiter der Zug einrückt, um so mehr werden ihrer.
Die Bauern gehen ein, manche mit gesenkten Köpfen, andere sehen die Polizisten herausfordernd an und fassen die Handstöcke fester. Die Kunde von der Beschlagnahme der Fahne, von dem Zusammenstoß hat sich verbreitet. Alle Bauern haben die Gruppe der Polizeibeamten mit der erbeuteten Fahne auf dem Burstah stehen sehen. Man spricht von Schwerverletzten, von Toten, der Name Hennings, vor kurzem in der Masse noch unbekannt, ist in aller Munde.
Ein paarmal fliegen Schimpfworte zu den Polizisten. »Bluthunde«, »Mörder«, »Räuber« werden sie genannt, aber das Stillesein überwiegt.
Die dunkle, düstere Auktionshalle ist sofort überfüllt. Hier, in ihren vier Wänden, fühlen sich die Bauern unter sich. Eine Welle von Lauten brandet, ein babylonisches Durcheinandergeschwätz.
Dann leuchten die Bogenlampen auf und werfen ihr Licht auf die Versammlung.
Es ist kein Saal, diese Halle, die zum Vorführen von Rindvieh erbaut wurde, eher ein Zirkus, mit einem sandgefüllten Rund in der Mitte, mit aufsteigenden Seitenrampen, mit Galerien und Treppchen und einer Empore an der Stirnwand, wo sonst die Körkommission, oder die Versteigerer sitzen.
Zu dieser Empore, vor der die Stahlhelmkapelle sich aufgebaut hat, schauen die Bauern. Aber sie bleibt noch leer. Im Zimmer dahinter steht eine Gruppe von Männern, unentschlossen, was zu tun sei, unentschlossen, welche Parole auszugeben sei, was über das Geschehene berichtet werden kann.
Sie reden alle durcheinander, wieder überhäufen sie sich mit Vorwürfen.
»Und ich spreche kein Wort!« schreit Padberg. »Was soll |207| man über diesen Bockmist sagen? Alles ist falsch angefangen, falsch durchgeführt. Und ich soll es jetzt decken? Danke nein.«
»Es handelt sich nur darum, den Bauern über das Geschehene zu berichten«, sagt Graf Bandekow. »Dafür sind Sie der Mann. Sie werden es morgen in Ihrer Zeitung auch müssen.«
»Hier berichten? Öl ins Feuer gießen? Ich danke! Hat einer von euch Ahnung, was die dreitausend tun werden ,wenn sie hören, wie wir überfallen, niedergeschlagen, beraubt worden sind? Ich danke. Ich habe ein Verfahren wegen Rädelsführerschaft hinter mir, mein Bedarf ist gedeckt.«
Er dreht sich um und sieht sich einem Mann gegenüber, der, ein Pinselhütchen auf dem Haupt, im Gedränge der Versammelten aufmerksam zuhört.
»Gott verdamme uns alle!« tobt Padberg. »Hat denn keiner von uns Murr in den Knochen und schmeißt die Schmiere raus? Feinbube, Sie haben hier Hausrecht, wollen Sie dem Herrn den Weg zeigen?«
Landwirtschaftsrat Feinbube ist etwas verlegen. »Ja, bitte, Sie dürfen hier wirklich nicht sein. Nicht wahr, bitte, Sie sind von der Kriminalpolizei? Wollen Sie mir folgen, oder haben Sie einen speziellen schriftlichen Auftrag?«
»Auch noch Höflichkeiten«, brüllt Padberg. »Raus mit dem Sch…«
»Sie haben ›Schwein‹ gesagt«, stellt der Stulpenstiefel fest. »Sämtliche Herren sind Zeugen.«
»Ich habe ›Sch‹ gesagt, das ist keine Beleidigung. Und nun machen Sie, daß wir Sie nicht mehr sehen, Sie Sch…, Sch…, Sch…!«
»Also gehen wir. Eine beleidigende Absicht liegt zweifelsohne vor. Kommen Sie, Herr Landwirtschaftsrat. Ich habe genug gehört. Mehr als genug.«
Der dürre Feinbube und der unechte Agrarier gehen nebeneinander einen Gang entlang, eine Treppe hinunter, wieder einen Gang entlang.
»Ich weiß schon Bescheid«, sagt der Eindringling. »Jetzt |208| noch über die Treppe dort hinten und der lange Gang … Ich möchte Sie nicht länger bemühen …«
»Ich bringe Sie
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