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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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tausend Falten leuchten die grauen Augen.
    »Gehst du weg, du Rotzjunge«, sagt sie. »Dein Vater hat die Bauern betrogen, und du wirst dein Lebtage auch nur ein Leutebetrüger sein!«
    Von dem Stolper Torplatz her ertönt fröhliche Marschmusik. Die Kapelle hat endlich auf Umwegen die Spitze des Zuges erreicht, der sich neu sammelt, wieder in Bewegung kommt.
    »Los! Marschiert! In die Auktionshalle!« schreit Padberg. »Alles andere findet sich nachher. Nur erst fort von hier!«
    In der Tür der Apotheke verschwinden die Träger mit den Verletzten.

|198| SIEBENTES KAPITEL
Die Regierung greift durch
    1

    Die Musik an der Spitze des Zuges spielt den Fridericus Rex, dann das Deutschlandlied, dann das Lied von der Judenrepublik, die wir nicht brauchen.
    Die Bauern trotten stumm hinterdrein, zuerst über den Burstah, am Bahnhof vorbei und weiter durch die locker bebauten Vorstadtstraßen, wo zwischen Gärten und Villen die großen Fabriken liegen.
    Polizei eskortiert den Zug rechts und links, vorn und hinten. Es ist, als führten diese dreißig, vierzig Polizeibeamten die drei-, viertausend Bauern ihren Zellen zu.
    Padberg, wieder an der Spitze des Zuges, neben Graf Bandekow, Rehder und Vadder Benthin, empfindet es bitter. Wie schmählich ist das alles! denkt er. Wenn wir Bauern die Hand gehoben hätten, die paar Stadtsoldaten hätten in der Blosse gelegen. Wie das Land über uns lachen wird! Das hätte die Polizei der Roten Front, Hitlerleuten, selbst dem Reichsbanner bieten sollen: weggefegt wäre sie! Und wir … Es ist nichts mit den Bauern!
    »Heiliger Himmel!« sagt er laut. »Ich möchte nur wissen, was ich morgen über dies in meiner Zeitung schreiben soll!«
    »Sie müssen mit Ihren Kollegen hier reden«, sagt Bandekow vorsichtig.
    »Kollegen …? Wer für die ›Bauernschaft‹ schreibt, hat keine Kollegen. Ich allein sitze in der Tinte, die andern kümmert es nicht, die haben wenigstens Stoff!! Soll ich schildern, wie wir uns die Fahne von drei Männekens haben klauen lassen?! Es ist schmählich.«
    »Ihr lieben Leute«, jammert Vadder Benthin. »Wie soll ich noch durch Altholm gehen hiernach?«
    |199| »Konnten Sie denn nicht«, fragt Graf Bandekow, »versuchen, die Fahne durchzubekommen? Oder sie zurückzubringen ins Lokal? Warum haben Sie sich auf einen Kampf eingelassen?«
    »Habe ich nicht von der ersten Minute an gegen die Fahne geredet?« fragt Padberg böse. »Nun bin ich natürlich schuld. Übrigens war ich gar nicht vorn, als das passierte.«
    »Wo waren Sie denn?« fragt Rehder. »Ausgemacht war, Sie sollten auf Henning aufpassen.«
    »Aufpassen! Wer denkt denn, daß diese Bullen solch irrsinnige Attacke machen! Ich war hinten, wollte erfahren, was mit Rohwer los war.«
    »Natürlich«, sagt der Graf spitz. »So ein bißchen erkundigen. In der kritischsten Minute. Damit man nur nicht dazwischenkommt, was?«
    »Ich will Ihnen etwas sagen«, erklärt Padberg erregt. »Bin ich Führer? Oder ist es Rohwer und Rehder? Und auch Sie, Herr Graf, wo waren Sie denn alle, wenn ich fragen darf? Ja, bitte! Landfremde vorschicken und sich die Kastanien aus dem Feuer holen lassen, was?«
    »Männer!« sagt Vadder Benthin verwirrt. »Streitet euch doch nicht. Der Graf war aus mit mir und hat die Kapelle holen wollen.«
    »Nein«, sagt Rehder. »Der Graf hat recht. Du hattest den Henning übernommen, du trägst allein die Schuld.«
    »Ich die Schuld? Ich will euch was sagen! Scheißen will ich euch was! Glaubt ihr, ich räume euern Mist nach? Erst laßt ihr Briefe von euerm Reimers veröffentlichen, die zum Himmel stinken …«
    »Der Brief ist eine Fälschung!«
    »Die Berichtigung stammt von mir,
ich
weiß Bescheid! – Dann setzt ihr eine Demonstration an und wißt nicht einmal, daß der Führer längst abtransportiert ist …«
    »Haben Sie es denn gewußt?«
    »Dann nehmt ihr eine blödsinnige Fahne mit, trotzdem jeder Affe sieht, daß es Stank gibt …«
    |200| »Sie haben ja die Sense selbst mit raufgeschraubt.«
    »Dann laßt ihr eure Leute in den Klumpatsch hauen, und ich, ausgerechnet ich, bin an allem schuld. Wenn ihr glaubt, ich mache das mit – nee, ich scheiße euch was! Am Arsch könnt ihr mir lecken, alle, wie ihr da hinschusselt. Ich gehe! Ich lege die Redaktion nieder! Ich will nichts mehr mit euch zu tun haben. Da gibt es noch ganz andere Sachen in deutschen Landen, wo der Laden klappt, wo man sich nicht von solchen Stadtsoldaten mit ihren Stinkefingern in die Fresse schlagen läßt. – Danke

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