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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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sich gerötet, seine Augen leuchten.
    »Wer ist der Abonnent?«
    »Ich kann gut mit Textil-Braun. Ich schreib eins in seinem Namen, ich sag’s ihm nachher.«
    »Und was?«
    »Warte«, sagt Tredup. »Stänkern muß man, sie unruhig machen, die Leute. Der Feinbube und der Plosch quasselten vorhin. Gib Papier und Feder, ich schreibe gleich …«
    |257| Stuff springt. Mit leuchtenden Augen sieht er auf den erwachten Tredup, er sagt halblaut: »Mensch, Max, wo es eine Schweinerei zu machen gibt, bist du unübertrefflich.«
    Tredup schreibt und schreibt. Dann nimmt er das Blatt und reicht es Stuff.
    Aber der: »Lies nur vor. Wer soll denn deine Klaue lesen?« Und Tredup liest vor:
    » Das Gebot der Stunde.
In der ganzen Stadt hört man die aufgeregtesten Kommentare zu den gestrigen Ereignissen in unserer Vaterstadt …«
    »Das klingt echt«, stellt Stuff fest. »In der ganzen Stadt, in unserer Vaterstadt. Sehr gut.«
    »Wahrlich ein schwerer Tag in der Geschichte Altholms. Aber viel wichtiger als dies Gerede ist die klare Antwort auf die Frage: Wie stellt sich die Einwohnerschaft Altholms zu den Ereignissen des blutigen Montags? Ist sie einverstanden damit, daß die Bauern, die Gäste unserer Stadt waren (denn die Demonstration war erlaubt), niedergeschlagen wurden, oder ist sie nicht damit einverstanden?
    Ich bin ganz entsetzt: überall höre ich, daß die Bauern ihr großes Reitturnier, das in drei Wochen stattfinden sollte, nunmehr nicht in Altholm abhalten werden. Das brachte immer sechs- bis achttausend Bauern in die Mauern unserer Stadt. Gott bewahre Altholm vor einem Boykott durch die Landwirtschaft! Darum, Geschäftsleute, Handwerker, Gewerbetreibende, erklärt kurz und bündig: Seid ihr mit dem Blutmontag einverstanden oder nicht?
    Ein Geschäftsmann für viele.«

    Stuff nimmt das Blatt zwischen seine Hände.
    »Du hast alle deine Sünden wiedergutgemacht, mein Sohn Tredup. Das trifft ins Schwarze.«
    Er stürmt in die Setzerei.

|258| ZWEITES KAPITEL
Der Boykott wird Wirklichkeit
    1

    Von Zeit zu Zeit, nicht zu häufig, damit die Wirkung nicht nachläßt, erscheint in der »Bauernschaft«, der Zeitung Padbergs, ein Aufruf: eine Ladung zum Landesthing.
    In fast immer den gleichen Wendungen werden die Bauern aufgefordert, »Sendboten über Land zu schicken, die aufbieten, wer das Land bebaut, zum Landesthing«, in der Sache oder der. Doch Ort und Zeit nennt nur der Bote vom Mund ins bekannte Ohr, »geheimzuhalten vor Weib und Kind, Städter und Kaufmann, Krüger und Knecht«.
    Wer die altertümlichen Wendungen einführte, weiß schon keiner mehr, so jung die Bewegung auch ist. Aber sie bürgerten sich ein, weil sie dem Bauern aus dem Kirchenbesuch lagen, man las noch in der Bibel.
    Und die jungen Burschen freute es, wenn sie am Sonntagmorgen den blankgeputzten Ackergaul aus dem Stall ziehen durften. Auf nacktem Pferd, auf der Decke, mit dem Sattel aus hängengebliebenem Heeresgut ritten sie über Land, hielten auf jedem Hof.
    Ein Hornruf oder ein Knallen mit dem Peitschenschmitz. Und ernst forderten sie den aus dem Hause tretenden »ehrlichen Bauersmann, den Kätner oder Hintersassen, auch, wer den Acker pflegt mit seinen Händen, auf, zu kommen am Mittwoch dieser Woche an den Ginsterort, nahe Löhstedt, dort, wo die Hünensteine liegen, Gericht zu halten über jeden, sei er hoch oder niedrig, der Schuld trägt am Blutmontag in Altholm«.
    Padberg hat den Ort gefunden für den Thing. Hinaus aus den Tanzsälen der Wirtschaften mit den verblaßten Papiergirlanden, dem Geruch von Bier und Tabak, dem grünen |259| Bretterwerk der Emporen, den Erinnerungen an Weiber und Musike!
    Dort, wo die spärlichen hohen Schirmkiefern stehen, der Ginster gelb wuchert, zwischen den dunklen Massen des Wacholders die verstreuten Blöcke eines auseinandergeworfenen Hünengrabes liegen – dort, wenn es Nacht wird (und der Mond steht im Kalender), und es ist etwas Wind, und fünftausend Bauern und ein Gerichtsthing …
    Padberg, der verärgert geschiedene, hat die Morgenzeitungen gelesen und war bekehrt. Weit über die Provinz hinaus klangen Hall und Widerhall, die Rechtspresse stand einmütig hinter den Bauern, verwarf das Vorgehen der Polizei.
    Und Padberg beginnt zu arbeiten. Er sieht Aussichten für eine verlorene Sache, vielleicht ist eine schmähliche, demütigende Niederknüppelung ein strahlender Sieg.
    Während die Sendboten das Land durchreiten, sitzt er mit sechs Bauern in Bandekow-Ausbau. Er spricht ihnen vom kommenden

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