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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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da Irrlichter sind und Erstickte. Der Vater vom Barenthin ist dort erstickt. Aber nicht weil der Sumpf tief ist, sondern weil er dun war. Er hat auf dem Bauch gelegen, mit dem Gesicht im Schlamm. Wäre er nicht so besoffen gewesen, er hätte bloß den Kopf hochzuheben brauchen.«
    »Und komme ich bis zu den Steinen?«
    »Auf zehn oder zwanzig Meter. Und da sind Binsen genug. Du darfst bloß nicht rascheln.«
    »Also dann geh ich so, wie du sagst.«
    »Das tu nur.«
    Er schwingt sich aufs Rad und ist fort im Dämmern.
    Das Rad läßt er in Lohstedt hinter der Schule. Heute abend ist es besser, daß ihn keiner erkennt, er darf in keinen Krug, niemand soll wissen, daß er hier ist. Übrigens ist Lohstedt totenstill.
    Dann geht er über die Koppel zu den Wiesen hinunter, durch das taunasse Gras.
    Am Bach sucht er sich eine Weide, die der Frost ganz auseinandergerissen hat, ein tolles Ungetüm, auf hundert Meter von jedem andern Baum zu unterscheiden, selbst im Mondschein, und packt dort seine Schuhe und Strümpfe hin.
    Dann krempelt er die Hosen auf und steigt ins Bachbett. Der Boden ist reiner Sand, so kommt er rasch vorwärts.
    Dann wird das Wasser seichter, das Ufer flacher, der Grund moorig. Die Kiefern verlassen ihn, überall Weidengestrüpp, Schilf, dicke Moosbülten.
    Er kommt nur langsam voran, der Schlamm hält seine Füße fest.
    Von Zeit zu Zeit bleibt er stehen und wischt sich die Stirne. Dabei schaut er auf zu den Sternen, er vergewissert sich, daß er die rechte Richtung hat.
    Plötzlich hält er inne. Er riecht Rauch. Es kann nicht sein, daß der Rauch schon von den Steinen kommt. Außerdem steht der Wind mehr schräg seitlich.
    Wer brennt hier im Sumpf Feuer?
    |263| Sosehr es ihn nach der Versammlung drängt, sein Jägerinstinkt wird wach, und leise tastet er schräg weiter nach links.
    Hier wird der Sumpf flacher, weniger Moosbülten, mehr Weidengestrüpp. Der Rauchgeruch wird stärker, der Boden trockener. Ein dichtes Gebüsch und darüber ein schwacher Lichtschein, rötlich, von einem Holzfeuer.
    Oberlandjäger Zeddies steht da und starrt. Er kann nicht weiter. Ist dort einer, der sich verborgen halten will, so warnt ihn jeder Schritt des Nahenden, der jetzt nicht mehr zu überhören ist. Und es ist jemand dort, bei dem Feuer, einem kleinen, spärlichen Holzfeuer.
    Dem Oberlandjäger kommt eine Erinnerung an seine Jungenszeit, als er noch Indianerschmöker las: Karl May und Sitting Bull und den letzten Mohikaner. Er sucht in seinen Taschen, aber er findet nur ein halb Dutzend Pistolenpatronen, und um die ist es schade. Sie werden ihm zugezählt, und über jede muß er Nachweis führen. Aber womit kann er werfen in einem Sumpf, der ohne etwas Festeres ist als weicher Schlamm?
    Er nimmt eine Patrone und wirft sie schräg seitlich gegen das Feuer zu, es klingt, als raschele jemand zwanzig Meter von ihm im Gebüsch.
    Er lauscht, aber nichts rührt sich.
    Er wirft eine zweite Patrone, noch zwei Meter näher ans Feuer.
    Alles bleibt still.
    Es ist schade um eine dritte. Zwar kann der Feuermann schlafen – nun, dann weckt er ihn und riskiert eine Hucke voll, wenn es ein rechter Ganove ist. Aber warten? Viel Zeit hat er auch nicht, er will weiter zum Thing.
    So bemüht er sich denn, möglichst leise durch die Zweige zu kommen, aber es klingt doch, als raschelten zwanzig Mann durchs Gebüsch, und jeden Schläfer weckte das.
    Aber es ist kein Schläfer da, als er in das kleine, buschlose, trockene Rund tritt. Das Feuer ist fast niedergebrannt. Der es anlegte, muß schon mindestens eine halbe Stunde fort sein.
    |264| Doch nicht für ganz.
    Der kommt wieder. Schau, was er sich für eine Höhle gebaut hat.
    Weidenzweige sind ineinander verflochten, zwei Decken darübergespannt, trockenes Moos daruntergepackt, ein gutes Lager für einen Mann in regenlosen Sommernächten.
    Auch kein hungriges. Auf einem flachen Stein beim Feuer liegt ein halb erledigter Schinken. Eine Kiste mit Büchsenmilch steht da. Kleider liegen aufgehäuft. Ein Fahrrad. Noch mehr Lebensmittel, und siehe da, über Zweige gehängt, an einem Gurt, ein Jagdgewehr.
    Zeddies denkt scharf nach: Von welchen Einbrüchen hat er in den letzten Wochen gehört oder gelesen? Woher stammt dies Diebsgut?
    Eigentlich müßte er sofort kehrtmachen, den Kollegen in Lohstedt wecken und den Dieb zu fassen versuchen. Aber das geht auch nicht. Wie soll Zeddies dem Kollegen erklären, daß er zur Nachtzeit in dessen Bezirk stromt, in Zivil – ohne vom Thing zu

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