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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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sprechen?
    Der Bruder ist morgen auch noch da, entscheidet er. Und wenn ich erst auf dem Thing gewesen bin, weiß ich auch, was ich zu erzählen habe.
    Er nimmt das Jagdgewehr von den Zweigen, spannt den Hahn und schlägt ihn ein paarmal heftig gegen die flachen Steine. Dann probiert er ihn und grinst befriedigt. Damit schießt du mich morgen nicht über den Haufen.
    Er hängt das Gewehr wieder auf und macht sich weiter auf den Weg.

    3

    Die Uhr geht stark auf elf, als sich Zeddies endlich seinem Ziele nähert. Der Mond steht hoch, aber das Gehen wird immer beschwerlicher: Hier am Rand der ansteigenden Heide sind die Quellen von Sumpfwasser und Bach.
    Zeddies hat es schon eine Weile sprechen hören aus der |265| Ferne. Erst flogen abgerissene Worte unverständlich durch Busch und Baum an ihm vorbei, dann war es wie ein eintöniges Gemurmel, nicht aufhörend, ineinander übergehend, und nun …
    Er hat zwanzig Meter vor sich einen breiten Weidenbusch aus hundert Ruten entdeckt, den will er als Versteck benützen.
    Er erreicht ihn, schiebt sich weit hinein und wäre fast zurückgesprungen. Die Hand des andern legt sich fest auf seine Schulter.
    »Sachte, Kamerad!«
    Es ist ein blutjunger Mensch, unrasiert, nicht nur bleich vom vollen Mondstrahl, nur in Hose und Hemd.
    »Sachte, Kamerad«, sagt er. »Jetzt spricht der Verteidiger …«
    Der Platz ist gut genug für Sicht, dreißig Meter von einem großen Findling, der am Rande des Sumpfes liegt, stehen die beiden. Jenseits des großen Steins steigt das Land an, mit ein paar Schirmföhren, den verschrobenen Malen des Wacholders und einem Heer von Menschen, deren Gesichter man nur sieht wie einen ungeheuren weißen, verwischten Fleck.
    Aber vornan auf dem Stein stehen nur ein paar; im Hintergrund, mit dem Rücken zu den Lauschern, eng nebeneinander ein paar Bauern, er zählt sechs, von ihnen einer mit Vollbart.
    »Wer ist das?« fragt er den Mann aus dem Sumpflager.
    Und er antwortet: »Der Graf Bandekow.«
    Der aus dem Versteck ist es, denkt Zeddies wieder. Aber ein gewöhnlicher Ganove oder einer von der Walze ist es wieder nicht. Nun, auch er scheint seine Ursache zu haben, sich vor den Bauern nicht sehen zu lassen. Vorläufig stehen wir beide hier ja sicher, feucht und gut, und was nachher wird, findet sich.
    Zeddies kann den Verteidiger nicht sehen, die Schöffen decken ihn zu. Er hört nur eine alte, helle, quäkende Stimme, gesteigert, denn es scheint zum Schluß zu gehen.
    |266| »Ja, Landmannen, was der Ankläger gesagt hat gegen Altholm, wahr ist das schon. Aber was ist Altholm? Ich bin auch Altholm. Und Altholm sind Handwerker und Kaufleute. Altholm sind Frauen und Kinder. Altholm sind Ärzte und unsere Herren Pastoren.
    Ich weiß nicht, was der Richter und die Schöffen beschließen werden über Altholm, aber denket daran, Bauersleut, daß der Schuldigen wenige sind und in Altholm leben viele.
    Die schuld haben in Altholm, das sind ein paar. Auf dem Marktplatz hat er gestanden und mir die Hand geschüttelt: ›Wir sind beide Altholmsche und wollen sehen, daß nichts Unrechtes geschieht.‹
    Aber die kleinen Leute: Wer die Felgen schneidet zum Wagenrad, wer den Ofen setzt für die Stube, wer das Eisen schmiedet für das Pferd, wer das Kummet näht fürs Geschirr, wer uns den Roggen schrotet und die Farbe verkauft, wer uns versippt ist und verschwägert, die schont!
    Bauersleute, die schont!
    Sie haben uns schmählich geschlagen, sie haben uns unter die Füße getreten, aber wir schlagen nur, die uns schlugen. Die andern gehen frei aus!«
    Es ist stille. Die Schöffen stehen still auf dem Stein, oben geht der Mond und steht so steil, daß die Schatten fast unter die Füße der Leute gehen, ein leiser Wind raschelt einen Augenblick mit Zweig und Blatt – und es ist wieder still.
    Der Richter spricht: »Ankläger, dein ist die Rede.«
    Und Padberg tritt vor, tritt ganz gegen den Rand des Steines und sieht über das Volk hin.
    »Bauern von Pommern«, spricht er, »die ihr gekommen seid zur Nachtzeit, berufen zum ordentlichen Gerichtsthing über die Stadt Altholm!
    Dreitausend von euch waren in der Stadt. Wir waren als Gäste dort, wir hatten mit dem Bürgermeister gesprochen und mit der Polizei: Unser waren Straße, Markt und Halle. Gäste waren wir Altholms.«
    |267| Padberg beugt sich über den Stein, starrt in das Volk, als suche er einen, wolle erkennen dies oder jenes Gesicht in der Masse der Gesichter.
    Plötzlich ruft er laut: »He! Du! Alter! Fühlst du

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