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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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noch den Gummiknüttelschlag von dem Grasaffen von Schupo? Das war der erste Schlag, seit du Junge warst, die Stadt Altholm hat dir den blauen Orden ihrer Gastfreundschaft verliehen.
    Und du, junger Bengel von der Landwirtschaftsschule! Das war fein – was? –, als dich die Stadtsoldaten aus der Halle zum Bahnhof jagten und vom Bahnhof forttrieben in andere Straßen. Da haben sie ein bißchen Hasenjagd gemacht mit dir, damit du später auf Vaters Grund weißt, wie man Hasen jagt. Das ist der Unterricht, den sie dir geben in Altholm.
    Und du dort, Bauer über sechs Pferde! Haben sie dir nicht die Plempe über die Schulter geschlagen, daß deine Frau die ganze Nacht die zerrissene Haut hat kühlen müssen? Zwei Verletzte hat’s gegeben, schrieb der amtliche Bericht. Altholm! Dreitausend Verletzte hat’s gegeben, dreitausend unheilbar Verletzte!
    Der Verteidiger hat gesagt: Ja, übel sind sie mit euch umgegangen an jenem Tage, aber wer ist’s gewesen? Einer. Ein Streber, der über die Bauern in die Höhe will, das Volk ist unschuldig. So hat er gesagt.
    Ich
sage euch, Bauern, das Volk ist genauso schuldig. Wer stand denn auf der Straße und hat zugeschaut? Habt ihr zu den Fenstern hinauf gesehen, waren sie nicht alle voll?
    Gut, gut, sie konnten euch nicht helfen, aber konnten sie nicht fortgehen? Mußten sie dabeistehen und stumm zuschauen? Habt ihr gehört, daß einer ›pfui‹ geschrien hat? Es gibt einen Satz: Wer schweigt, stimmt zu.
    Altholm hat zugestimmt!«
    Der Redner macht eine Pause. Die Bauern sind noch immer stumm, Zeddies ahnt sie nur dahinten, aber doch ging es eben aus von ihnen wie der erste Windstoß vor dem Gewitter. Der Mond scheint so hell, und es ist so dunkel, und besser |268| wäre es, er wäre zu Haus geblieben und hätte hiervon nichts gewußt. Der junge Bengel neben ihm hält das Gesicht in den Händen, liegt halb auf den Ruten, vielleicht heult er, vielleicht schläft er aber auch.
    Und Padberg beginnt neu:
    »Der Verteidiger hat gesagt: Da sind Handwerkerleute, da sind Verwandte, da sind Menschen in den Stadthäusern, die sind doch nicht schuld daran: schont die.
    Bauersleute! Grade die sind schuld! Grade die müßt ihr strafen! Nicht der Polizeilaffe, nicht der fette Bürgermeister sind die Schuldigen, eure Verwandten sind es, eure Gesippten! Der Schmied, der deinem Gaul das Eisen aufschlägt, der Zimmermann, der deinen Dachstuhl richtet, das sind die Schuldigen!
    Der Gareis ist rot, und der Frerksen ist rot, das haben wir gewußt seit Jahr und Tag. Und seit Jahr und Tag, seit der Revolution, vor der Revolution, vor dem Krieg haben wir gewußt, was uns die Roten bringen: Enteignung! Raub! Diebstahl! Fron! Unzucht! Gottlosigkeit!
    Wer aber hat die Bonzen zu Bonzen gemacht? Sind sie gekommen und haben den Bürgermeisterstuhl an sich gerissen mit kämpfender Hand?
    Gewählt sind sie worden!
    Gewählt von euern Gevattern, euern Handwerkern, euern Kaufleuten! Darum sind sie alle schuldig!
    Haben sie nicht gewußt, was sie taten, die armen Städter?
    Sie haben es gewußt. Aber der Städter ist so: Mit jedem paktiert er, mit jedem möchte er sein Geschäftchen machen und es mit keinem verderben.
    Darum, Bauern, keine Gnade! Straft sie hart, die Altholmschen, daß sie zur Vernunft kommen und die Bonzen fortjagen. Dann nehmt die Strafe von ihnen.
    Und so beantrage ich: Bauern Pommerns, erklärt schuldig die ganze Stadt Altholm mit allem, was darin lebt, sein Gewerbe treibt, mit Beamten und Arbeitern, Polizisten und Frauen. Alle sind sie schuldig.«
    |269| Die Menge ist stumm.
    Und der Richter tritt vor. Graf Bandekow steht vorn, mit seinen hohen Röhrenstiefeln, dem verschwitzten Flausch, dem Fußsack. Er streicht quer durch die Luft.
    Dann spricht er: »Bauern Pommerns, alle, die ihr von der Erde lebt, wenn ihr alle gut gehört habt, so sprecht: Wir haben gehört.«
    Dumpf murmelt es, endlos lange: »Wir haben gehört.«
    Bauern Pommerns, habt ihr schuldig gefunden die Polizei Altholms der Verbrechen am Blutmontag, so sprecht: Sie ist schuldig.«
    Dumpf murmelt es: »Schuldig.«
    »Bauern Pommerns, habt ihr darüber hinaus schuldig gefunden die ganze Stadt Altholm mit allem, was darin lebt, so sprecht: Sie ist schuldig!«
    Und wieder: »Schuldig!«
    Die Stimmen sind lauter geworden und lauter, sie brüllen, die Bauern.
    Der Richter streicht wieder durch die Luft, und langsam wird es still.
    »Ankläger, welche Strafe beantragst du gegen die Stadt Altholm?«
    Der Richter tritt zurück, der

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