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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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erfährst.« Sie zog sich ihr schwarzes Kleid zurecht und
wandte sich zur Tür. »Komm mit. Ich will dir etwas zeigen.«
    »Sophia, ich muss dich festnehmen.«
    »Keine Sorge, ich werde mit dir mitgehen. Aber vorher will ich dir
etwas zeigen.«
    »Was willst du mir zeigen?«
    »Es ist wichtig.«
    Er dachte kurz darüber nach. Dann nickte er. »Also gut.«
    Gemeinsam verließen sie das Haus. Sophia ging voran, ohne sich
umzublicken, überquerte sie den Hof. Hambrock folgte ihr. Sie gingen ein Stück
an der Straße entlang, dann bogen sie auf einen Feldweg, der an einem
abgeernteten Maisfeld vorbeiführte. Sie sprachen kein Wort miteinander. Erst
als Sophia plötzlich stehen blieb, brach sie das Schweigen.
    »Hier ist es.«
    Vor ihnen auf der Wiese stand eine verfallene Holzscheune. Die
Balken waren kurz davor, ineinanderzustürzen, und die Dachpfannen sahen aus,
als könnten sie vom nächsten Windstoß davongeblasen werden. Auch die hölzernen
Wände waren kaum in besserem Zustand, zwischen den losen Brettern funkelte die
Sonne.
    »Die Scheune gehört zu unserem Besitz«, sagte Sophia mit seltsam
veränderter Stimme. »Früher hatte sie den Zweck, den Tieren Schutz vor Unwetter
zu bieten. Wir wollten sie schon lange abreißen lassen, aber es ist nie etwas daraus
geworden.«
    Sie verstummte. Lange betrachtete sie das alte Gebäude. Beinahe
schien es, als habe sie Hambrock vergessen.
    »Tante Sophia …«
    Sie hob die Hand und brachte ihn zum Schweigen.
    »Ich sage dir, was geschehen ist. Aber du darfst mich nicht
drängen.«
    »Gehen wir hinein?«
    »Ja. Wir gehen hinein.«
    Doch sie rührte sich nicht vom Fleck. Mit starren Zügen verharrte
sie in der Betrachtung der Scheune. Dann, ganz langsam, als bewegte sie sich
auf Glasscherben, ging sie auf den Eingang zu. Hambrock folgte ihr.
    Im Innern der Scheune standen verrottete Landmaschinen, wie sie vor
dem Krieg verwendet wurden. Der Heubogen wölbte sich bedrohlich, eine Decke von
dichten Spinnweben zog sich über das herumliegende Stroh. Die Sonne warf helle
Flecken auf den schmutzigen Boden, Staubkörner schwebten in ihren Strahlen.
    »Hier ist es geschehen«, sagte Sophia.
    Sie betrat den Raum. Ihre Bewegungen glichen einer Schlafwandlerin.
Hambrock wagte es nicht, etwas zu sagen. Er wartete. An einem der Balken in der
Mitte des Raums blieb sie stehen. Sie berührte vorsichtig die Holzmaserung, als
wäre die Struktur des Balkens wichtig für das, was sie sagen wollte.
    »Was ist geschehen, Tante Sophia?«
    Sie blickte sich nicht um, hatte ihm den Rücken zugewandt.
    »Ich war hier, um nachzusehen, ob man die Scheune noch benutzen
kann. Das war ein paar Monate nach Theodors Tod. Mein Mann hat alles alleine
gemacht, ich hatte ja überhaupt keine Ahnung von der Bewirtschaftung eines
Hofs. Ich habe … es war …«
    Jetzt drehte sie sich zu ihm um. Die Sonne fiel auf ihr Gesicht, der
Staub umwirbelte ihre kräftigen Locken. Auf Hambrock wirkte es, als würde sie
leuchten. Da war so viel Schönheit in diesem Bild, dass es ihm einen Stich versetzte.
Er wartete regungslos darauf, dass sie weitersprach.
    »Ich musste mit allem alleine klarkommen. Wie sollte ich das denn
bewältigen? Und Theodor … ich wusste nicht einmal, ob es mir gelingen würde,
jemals wieder ohne ihn ruhig einschlafen zu können. Er war der gütigste und
freundlichste Mensch, den ich je kennengelernt habe. Und dann war er einfach
fort.«
    Sie trat einen Schritt zurück und tauchte wieder ins Zwielicht.
    »Es fing ganz harmlos an. Sie wollten einfach wissen, wann ich
wieder heirate. Der Hof braucht einen Mann, haben sie gesagt. Alleine schaffst
du das nicht. Du musst dir jemanden suchen, das ist für dich doch kein Problem.
Sie waren eben betrunken. Es war anfangs gar nichts dabei.« Ihre Stimme wurde
leise. »Ich muss etwas falsch gemacht haben. Irgendetwas muss ich gesagt oder
getan haben, was sie dazu eingeladen hat. Es ging ja zuerst gar keine Gefahr
von ihnen aus. Doch dann wurden ihre Kommentare immer anzüglicher. Sie haben
sich gegenseitig aufgewiegelt. Mich umzingelt. Viel dringender noch brauchst du
einen Mann im Bett, haben sie gesagt. Es wird Zeit, dass du mal wieder etwas
Spaß hast. Und ich … ich habe nichts dagegen getan. Ich habe nicht die
richtigen Worte gefunden. Es lag in meiner Hand, aber ich habe alles falsch
gemacht. Wäre das einer anderen überhaupt passiert? Sie haben sich auf mich
geworfen wie die Tiere.«
    Vor Hambrocks Augen veränderte sich die Scheune. Die Löcher im

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