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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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finsterer Miene. »Mir blieb ja wohl nichts
anderes übrig.« Er verschränkte die Arme. »Wie lange soll der Spaß denn dauern?
Ich möchte möglichst schnell zu meinem Sohn zurück, er braucht mich.«
    Hambrock lächelte. Dann schaltete er das Aufnahmegerät ein und
nannte Datum, Uhrzeit und Namen der Anwesenden. Eine Pause entstand. Hambrock
betrachtete Vesting. Er wollte direkt zur Sache kommen.
    »Drei Bauern sind in Ihrer Nachbarschaft ums Leben gekommen: Ewald
Tönnes, Heinrich Uhlmann und Ludwig Schulze Ahlerkamp. Ich habe mich gefragt,
ob Sie vielleicht eine Idee haben, was diese drei Bauern miteinander
verbindet.«
    Vesting reagierte mit offenkundigem Missfallen.
    »Keine Idee?«, hakte Hambrock nach.
    »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen.«
    »Vielleicht sollte ich einen weiteren Namen hinzufügen: Theodor
Horstkemper.«
    Hambrock merkte, dass Vesting wachsam wurde.
    »Klingelt immer noch nichts? Vielleicht muss ich ein wenig
nachhelfen: An die Flurreformen in den Achtzigerjahren werden Sie sich doch
wohl erinnern. Sie mussten damals an vier Bauern Land abtreten, und das, obwohl
Sie es mit allen Mitteln verhindern wollten.«
    Vesting saß da und sah Hambrock unbewegt an.
    »Vier Bauern«, wiederholte der. »Ewald Tönnes, Heinrich Uhlmann,
Ludwig Schulze Ahlerkamp und Theodor Horstkemper. Sie alle sind jetzt tot. Ein
merkwürdiger Zufall, finden Sie nicht?«
    Vesting ballte seine Hände zu Fäusten.
    »Sie können mir nichts nachweisen«, sagte er kalt.
    »Sind Sie sich da sicher?«
    Vestings Wutausbruch kam plötzlich. Er sprang auf und donnerte mit
den Fäusten auf den Tisch. »Verdammt noch mal! Was denken Sie, wer Sie sind?«
    Hambrock fixierte ihn. Er wusste, dass Heike nebenan am
Vernehmungsspiegel stand. Sie würde sofort ein paar Beamte reinschicken, wenn
die Situation außer Kontrolle geriet. Er versuchte, Vesting allein durch seine
Blicke zu bezwingen.
    Es funktionierte. Der Bauer ließ sich auf seinen Platz sinken.
Hambrock sagte nichts, er wartete.
    »Hört das denn nie auf?« Sein Wutausbruch war genauso schnell
verraucht, wie er gekommen war. »Haben wir nicht schon genug für das bezahlt,
was damals war?«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht dachten Sie ja, dass jetzt andere an
der Reihe sind zu bezahlen?«
    Vesting strich sich durchs Gesicht. »Wir wollten doch nur unser Land
behalten. Das war seit Jahrhunderten in Familienbesitz. Mein Vater legte viel
Wert auf die Traditionen, das habe ich von ihm. Natürlich haben wir uns dagegen
gewehrt, dass irgendwer über unseren Besitz verfügt.«
    »Mit ziemlich rabiaten Mitteln allerdings. Der Betriebshelfer von
Ludwig Schulze Ahlerkamp hätte damals dabei sterben können.«
    »Mein Vater wollte ihn nicht verletzen. Er hatte die Kontrolle über
sich verloren, das hat er später bereut.« Er schüttelte den Kopf. »Wir haben
bitter dafür bezahlt. Mein Vater musste ins Gefängnis. Man kann so einem
Menschen nicht die Freiheit nehmen. Er hat sich nie mehr davon erholt. Ein paar
Jahre später ist er gestorben.« Er blickte Hambrock fest in die Augen. »Wir
mussten Land verkaufen, um die Geldstrafe zu bezahlen. Der Hof hat sehr darunter
gelitten. Ohne diese Sache würden wir heute woanders stehen. Die Ironie ist,
dass uns das Stück Land, um das es damals ging, in den Nachverhandlungen wieder
zugesprochen wurde. Es war alles umsonst gewesen.«
    »Das muss Sie doch erst recht zornig gemacht haben.«
    »Kann schon sein. Aber spielt das heute noch eine Rolle? Es ist
alles so lange her.«
    »Wenn sich Zorn und Verbitterung über Jahre aufstauen«, sagte
Hambrock, »dann können sie sich irgendwann mit großen Folgen entladen. Das ist
wie der Ausbruch eines Vulkans.«
    Vesting lächelte freudlos. »Das mag stimmen.«
    »Sie haben für keinen der Morde ein Alibi.«
    »Auch das mag stimmen. Aber wissen Sie … Ich habe keine Kraft mehr,
zornig zu sein. Mir ist egal, was die anderen denken oder tun. Ich will nur
noch meine Ruhe haben und keinen Menschen mehr sehen. Ist das so schwer zu
verstehen?«
    »Womit bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?«
    Vestings Gesicht verfinsterte sich erneut.
    »Das geht Sie nun wirklich nichts an.«
    »In Erlenbrook-Kapelle heißt es, Sie leben von staatlicher
Unterstützung. Wir haben das natürlich nachgeprüft und herausgefunden, dass das
nicht der Fall ist. Sie müssen andere Geldquellen haben.«
    »Sie sollten nichts auf den Tratsch in der Bauernschaft geben. Die
Leute zerreißen sich das Maul über alles und jeden,

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