Bauernjagd
Ernst.«
»Und ob. Wer immer Ludwig Schulze Ahlerkamp in die Biogasanlage
geworfen hat, es ist dieselbe Person, die hinter dem vermeintlichen Sabotageakt
auf dem Maisfeld steckt. Wir müssen davon ausgehen, dass das tatsächlich ein
missglückter Mordanschlag auf Clemens Röttger war.«
»Oder auf Marita Horstkemper.«
»Deine Cousine?«
»Sie häckselt die Felder gemeinsam mit Clemens Röttger. Es wäre
eigentlich ihre Schicht gewesen. Es war nur ein Zufall, dass sie nicht auf der
Maschine gesessen hat.«
»Scheiße.« Heike sah ihn beunruhigt an. »Wir sollten
Vergleichsabdrücke nehmen lassen, am besten von allen in der Bauernschaft. Auf
freiwilliger Basis natürlich.«
Hambrock nickte. »Du hast recht.«
»Wir fangen sofort damit an. Gleich nach der Sitzung. Ich werde da
ein bisschen Dampf machen.«
Guido Gratczek erschien am anderen Ende des Flurs.
»Wo bleibt ihr denn?«, rief er ihnen entgegen. »Alle warten auf
euch.«
Hambrock winkte ihn zu sich heran.
»Du musst mir einen Gefallen tun, Guido.«
Widerwillig trat er näher. »Hat das nicht Zeit bis nach der
Besprechung?«
»Nein. Ich will möglichst schnell Gewissheit haben. Du musst zum
Clemenshospital fahren und versuchen herauszufinden, ob Melchior Vesting
tatsächlich mehrere Operationen aus eigener Tasche bezahlt hat. Es geht um
seinen Sohn Aalderk. Ich will wissen, ob Melchior einspringt, wenn die
Krankenkasse etwas nicht übernimmt.«
»Die werden mir nicht einfach so die Krankenakten aushändigen.«
»Ich weiß. Versuch mit dem Pflegepersonal zu sprechen. Informell
sozusagen. Vielleicht erreichst du etwas.«
»Aber …«
»Bitte, tu es für mich. Es ist wichtig. Den offiziellen Weg gehen
wir später. Ich will Vesting heute noch hierherbringen lassen, um ihn zu
vernehmen.«
Gratczek verzog das Gesicht. »Also gut. Dann sehen wir uns später.«
Heike wartete, bis er verschwunden war.
»Was hat es denn mit diesen Operationen auf sich?«
»Das erkläre ich in der Sitzung. Wir sollten jetzt besser zu den
anderen gehen, sonst kippt da noch die Stimmung.«
Sie betraten den Gruppenraum, in dem sich Ermittlungsbeamte und
Staatanwaltschaft bereits über Kaffee und Kekse hermachten.
In seinem Kopf rauschte es. Die ganze Zeit über hatte er geglaubt,
dass Tante Ada paranoid wäre. Doch jetzt sah das anders aus. Wenn es dieser
Mörder tatsächlich auf ein Mitglied der Familie Horstkemper abgesehen hatte,
dann musste er handeln. Das durfte er auf keinen Fall zulassen.
Gabriele Röttger stand am Küchenfenster und sah hinaus.
Auf dem Hof war niemand zu sehen. Clemens war nach Münster zur Krankengymnastik
gefahren. Sie zögerte.
Denk nicht darüber nach. Manchmal ist es besser, Dinge auf sich
beruhen zu lassen.
Wenn das nur so einfach wäre.
Mit einem Ruck wandte sie sich vom Fenster ab, ging in den Flur und
nahm sich den Schlüssel für die große Halle. Sie lief eilig über den Hof.
Blickte sich mehrmals um, als rechnete sie damit, beobachtet zu werden. Das war
natürlich absurd, weit und breit war keine Menschenseele. Trotzdem war sie
erleichtert, als sie endlich die Halle erreicht hatte.
Die Tür schlug hinter ihr ins Schloss. Es wurde still. Sie spürte
ihr Herz schlagen. Entschlossen durchquerte sie den großen Raum. Diesmal war
die Metalltür des Spinds zugeschoben. Nirgends ragte eine Tasche hervor.
Zaghaft öffnete sie die Tür. Das Fach war leer.
Lass es auf sich beruhen, sagte sie sich wieder. Denk nicht mehr
daran. Clemens ist gesund, er hat den Anschlag überstanden. Er lebt. Das ist
doch das Einzige, was zählt.
18
Melchior Vesting wurde von einem Streifenbeamten in den
Vernehmungsraum geführt. Mit skeptischen Blicken musterte er seine
Fingerkuppen, suchte offenbar nach Resten der Stempelfarbe. Er war gebeten
worden, seine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Man hatte ihn zwar darauf
hingewiesen, dass alles auf freiwilliger Basis geschehe, doch Vesting hatte
schnell begriffen, dass es keinen guten Eindruck machen würde, sollte er sich
verweigern. Hambrock stand vor dem Vernehmungsspiegel und beobachtete, wie
Vesting zu seinem Stuhl geführt wurde.
Heike folgte seinem Blick. »Glaubst du, dass er mit dir reden wird?«
»Es wäre zumindest in seinem Interesse.«
»Bei diesen sturen Bauern weiß man nie.«
Er zuckte mit den Schultern, wandte sich ab und ging nach nebenan.
Dort schloss er die Tür und setzte sich Vesting gegenüber.
»Danke, dass Sie Zeit gefunden haben, hierherzukommen.«
Vesting beäugte ihn mit
Weitere Kostenlose Bücher