Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
Vom Netzwerk:
ganz egal, wie die Wahrheit
aussieht. Ich weiß schon, weshalb ich nichts mit denen zu tun haben will.«
    »Und wovon leben Sie tatsächlich?«
    »Von den Einnahmen aus der Pacht. Wie Sie wissen, haben wir keine
Landwirtschaft mehr. Unser Land ist verpachtet.«
    »Wollen Sie mir etwa sagen, dass das zum Leben reicht?«
    »Ich besitze ein Stück Acker bei Nordwalde, am Rande des Windparks,
der dort steht. Zwei Windräder befinden sich auf meinem Land, die Betreiber des
Windparks zahlen gut dafür. Zumindest reicht es aus, um irgendwie über die
Runden zu kommen.«
    »Reicht dieses Geld auch, um regelmäßig aufwendige Operationen zu
bezahlen?«
    Vesting wurde blass.
    »Ihre Krankenhausrechnungen belaufen sich inzwischen auf fast
achtzigtausend Euro. Eine Menge Geld, wenn man bedenkt, dass Sie hauptsächlich
von den Zahlungen der Windparkbetreiber leben.« Hambrock ließ ihn nicht aus den
Augen. »Wo kommt das Geld her, Herr Vesting?«
    »Das ist meine Privatsache.«
    »Lassen Sie mich überlegen.« Hambrock legte den Finger an die Lippen
und tat, als müsse er nachdenken. »Achtzigtausend … Dann müssten jetzt noch
etwa dreißigtausend übrig sein, nicht wahr? Oder haben Sie das Geld für etwas
anderes ausgegeben?«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Hundertzehntausend Euro. Das war die Beute bei dem Bankraub in
Nordwalde. Der Täter hat wahrscheinlich allein gearbeitet. Und er stammt aus
der Gegend, sonst wäre er jemandem aufgefallen. Kein Fremder hätte das
unbemerkt durchziehen können.«
    Vesting saß einfach da und starrte zu Boden.
    »Herr Vesting, haben Sie mich verstanden?«
    Er nickte. »Das wollen Sie mir also auch zuschreiben«, stellte er
fest. »Erst Mord und Totschlag und jetzt noch bewaffneten Raubüberfall. Sie
trauen mir alles zu. Nur, weil ich unbeliebt bin in der Bauernschaft.«
    »Sie haben Menschenfallen rund um Ihren Hof aufgestellt. Sie
bedrohen Jugendliche mit Ihrem Jagdgewehr und sperren sie stundenlang ein.
Nicht gerade das Verhalten eines unbescholtenen und rechtschaffenen Bürgers.
Sie müssen uns schon zugestehen, dass wir uns Fragen stellen. Ganz unabhängig
davon, ob Sie beliebt sind oder nicht.«
    Er schwieg, und Hambrock rückte näher.
    »Wo haben Sie das Geld her? Ich schlage vor, Sie geben mir eine
Antwort.«
    Er seufzte. »Ich habe unsere alten Möbel verkauft.«
    »Wie bitte?«
    »Die Bauernmöbel. Einige davon sind ein paar hundert Jahre alt. Ich
war selbst überrascht, wie viel sie wert sind. Antiquitätenhändler zahlen ein
Vermögen dafür.«
    »Sie verkaufen Möbel?«
    »Ganz richtig. Das meiste davon stammt noch aus der vornapoleonischen
Zeit. So viele Kriege, und niemals wurde unser Hof geplündert. Die Möbel waren
von jeher der Stolz unserer Familie. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass sie
auch einen materiellen Wert haben.«
    »Bestimmt haben Sie Unterlagen über die Verkäufe und Adressen von
den Händlern.«
    »Clemens hat das alles für mich gemacht, Clemens Röttger. Ich wäre
untergegangen in diesem Geschäft. Doch Clemens ist knallhart im Verhandeln. Er
hat eine stolze Provision bekommen, aber das war nur sein gutes Recht. Er hat
mir geschworen, keinem was davon zu erzählen, und soweit ich weiß, hat er auch
Wort gehalten. Die zerreißen sich ohnehin das Maul über uns. Diese Genugtuung
gönne ich ihnen nicht. Sie sollen nicht wissen, wie es um uns steht.«
    Hambrock konnte sich kaum vorstellen, dass ein traditionsbewusster
Mann wie Vesting einfach so sein Familienerbe verscherbelte. Er fragte sich,
wie groß die Verzweiflung gewesen sein musste.
    »Es sind nur Dinge«, sagte Vesting, als müsse er sich verteidigen.
»Materielle Dinge. Am Ende spielen sie keine Rolle.«
    Er schien mit sich zu ringen, doch schließlich entschied er sich
dazu, Hambrock seine Geschichte zu erzählen.
    »Aalderk hat keine Möglichkeit, sich der Welt zu stellen. Er ist
völlig hilflos. Mit diesem Geld konnte ich etwas tun. Mir blieb gar nichts anderes
übrig.« Seine Hände begannen zu zittern. Er drückte sie auf die Oberschenkel,
um das Zittern zu unterdrücken. »Wenn man seinen Anblick nicht gewohnt ist,
kann man sich vor ihm erschrecken. Seine Haut, die vielen Schuppen … Die Kinder
in der Umgebung hatten früher Angst vor ihm. Und den meisten Erwachsenen erging
es nicht anders. Sogar seine Mutter hat sich von ihm abgewandt.«
    Die Erwähnung seiner Exfrau schien ihm nicht leicht zu fallen. »Sie
hat ihn einfach sich selbst überlassen. Können Sie sich das

Weitere Kostenlose Bücher