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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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– wer das ist, muss ich ja wohl nicht sagen – und ihr von Horst Görgens Tod erzählt, noch bevor er morgens gefunden wurde. Waren Sie an dem Mord beteiligt?«
    Sie lachte aus vollem Hals, ungekünstelt und so irritierend, dass Steinrausch kopfschüttelnd zur Scheibe sah, hinter der Siran und Brauckmann die Befragung verfolgten.
    Ihr Gelächter verstummte. »Das ist niedorzecznosc – wie sagt man? – Unsinn. Welchen Grund sollte ich haben, den Mann umzubringen?«
    »Sie haben Ihrer Freundin Renate Görgen geholfen.«
    Ihre Hand wischte ungeduldig über den Tisch. »Wieder Unsinn. Sie war an dem Abend so besoffen, sie hat sogar ins Bett gepisst. Ich habe mit dem Ganzen rein gar nichts zu schaffen.«
    Lichthaus wurde grob: »Verkaufen Sie uns nicht für dumm, das geht daneben und Sie wandern zurück ins Gefängnis. Also, Sie wussten als Erste von der Leiche und sind anschließend heimlich verschwunden. Dafür müssen Sie uns eine Erklärung liefern.«
    »Warum? Gibt es Beweise gegen mich, Herr Kommissar? Nein, oder? Was wissen Sie schon von mir, der Haushälterin aus dem Osten? Macht für ein bisschen Geld die Drecksarbeit«, ihre Stimme schwoll an. »Sind wir in Ihren Augen Idioten, die unseren Arbeitgebern bei einem Mord helfen, wie die Knechte ihrem Herrn? Sie haben doch keine Ahnung«, ihr Blick wanderte zum Spiegel.
    »Dann erklären Sie es mir.«
    Sie seufzte vernehmlich. »Ich bin 2008 zu den Görgens gekommen und habe die Mutter gepflegt. Es ist alles so fremd gewesen. Kein Wort konnte ich verstehen, und meine Familie hat daheim gesessen. Ich bin vor Heimweh fast umgekommen. Jeden Abend habe ich mich in den Schlaf geweint. Renate war zwar freundlich, hat aber immer nach Alkohol gestunken. Nach drei Monaten bin ich zurück nach Hause. Die Kinder haben mich kaum noch losgelassen, sich fest an mich geklammert, damals am Bahnhof, bei meiner Rückkehr. Nie mehr, habe ich mir geschworen, nie mehr gehe ich fort. Aber Görgen hat angerufen, wollte, dass ich seine Mutter weiter betreue. Hat mich mit euren Euros gelockt, mit dem Scheißgeld. Ich konnte in Deutschland dreimal so viel verdienen wie mein Mann Marek als hydraulik in Polen. Meine Tochter Kamila hat geschrien, ich sei eine Lügnerin, und sie hatte Recht.« Sie schlug mit der Hand auf den Tisch. »Dann war die Alte endlich tot, und ich habe mich frei gefühlt. Doch Horst wollte mich zum Bleiben bewegen, für den Haushalt und Renate. Als ich Nein gesagt habe, hat er gedroht, mich anzuzeigen. Meine Familie konnte in Polen gut von dem Geld leben, und ich habe nachgegeben, glupia krowa . Anfangs ist ja auch alles gut gewesen, doch dann bin ich immer seltener nach Hause, weil Renate mich gebraucht hat. Ich liebe meine Kinder, wissen Sie«, ihre Augen fluteten, »doch die lange Zeit, die ich weg war, hat uns entfremdet. Marek hat seinen Job verloren und in Kneipen rumgehangen. Kamila und Pawel, damals sind sie erst dreizehn und vierzehn gewesen, mussten ganz allein zurechtkommen. Mein Sohn ist nicht mehr in die Schule, hat Drogen genommen und ist weggelaufen. Da bin ich dann zurück, habe ihn heimholen können und versucht zu retten, was schon verloren war. Die Kinder hatten bereits sich von mir abgewendet.«
    »Wie ist es weitergegangen?« Lichthaus saß der Frau gegenüber und beobachtete, wie ihr fahler Gesichtsausdruck zunahm und die Verbitterung die Mundwinkel nach unten zog. Wieder zögerte sie und begann langsam weiterzusprechen, den Blick gesenkt, während ihre Finger ziellos auf der Tischplatte malten. »Vor zwei Jahren hat Marek sich aufgerappelt und ist nach Irland, um dort zu arbeiten. Abgehauen ist er, während ich hier gewesen bin. Hat uns einfach fallen lassen. Vor ein paar Monaten habe ich nur einen Brief bekommen, in dem er um die Scheidung bittet. Er hat nun in Irland auch eine Familie. Stellen Sie sich das vor, dreht sich um und beginnt ein neues Leben, gleich so, als hätte es uns nie gegeben. Wie kann ein Mensch das?« Sie schluchzte sekundenlang. »Kamila und Pawel sind seitdem, wir sagen, Eurowaisen. Sie fünfzehn, er sechzehn.«
    »Eurowaisen?« Steinrausch hob die Augenbrauen in die Höhe. Er schien bedrückt zu sein.
    »So sagt man bei uns. Wenn die Eltern weggehen, um irgendwo in Europa Geld zu verdienen, und die Kinder allein in Polen bleiben. Es gibt über einhunderttausend, die meisten jünger als meine beiden. Ihr habt uns mit eurem Scheißgeld gekauft.« Sie zeigte auf die Polizisten, als ob sie persönlich daran Schuld

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