Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
Vom Netzwerk:
auf dem Rücksitz. »Mensch Siri, spiel nicht die Unschuld vom Lande, die heilige Edith Stein wohl nicht. Die blauäugige Tanja Jünflich natürlich.«
    Der junge Kollege wand sich auf seinem Sitz, und Lichthaus glaubte, die Andeutung von Röte unter seiner olivfarbenen Haut zu erkennen. »Ja. Ich bin ein paarmal mit ihr ausgegangen«, dann wechselte er schnell das Thema und maulte einem Autofahrer hinterher, der im Grunde nichts falsch gemacht hatte.
    Draußen herrschte nach wie vor ein böiger Wind, der die Wolken auseinandertrieb und große Lücken aufriss, durch die die Sonne zeitweise hervorlugte. Schöne Momente. In der klaren Luft wirkte die Landschaft wie frisch geputzt, aber Lichthaus nahm es nicht wahr, denn er grübelte. Der Faktenlage nach war Alexander Görgen ihr Mann. Er hatte das stärkste Motiv, die irrationale Gewaltbereitschaft eines psychisch Kranken, und er war in der Mordnacht am Tatort gesehen worden. Doch irgendetwas störte Lichthaus, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was es war. In solchen Fällen stellte er sich wie in einem Film den Verdächtigen während der Tat vor. Gelang ihm das spielend, tendierte er dazu, diesen auch für den Täter zu halten. War es ihm hingegen kaum oder überhaupt nicht möglich, meldeten sich Zweifel. Er wusste, diese Vorgehensweise war völlig unlogisch, jedoch hatte sich im Laufe der Jahre gezeigt, dass ihn sein Bauchgefühl selten trog. Und diesmal sagte es, dass Alexander Görgen nicht passte, auch wenn Lichthaus dabei war, als er seinen Bruder angegriffen hatte. Er seufzte laut, und Siran sah ihn fragend an. Lichthaus ignorierte ihn.

    *

    Der Alleenhof lag verlassen da, als sie vorfuhren. Einige Hühner gackerten im Pferch, während der Wind ihnen das Gefieder zerzauste, sonst bewegte sich nichts. Der Hofladen war zur Tischzeit geschlossen. Sie stiegen aus und gingen zum Wohnhaus. Alle waren angespannt, immerhin handelte es sich um die Festnahme eines mutmaßlichen Mörders. Im Vorbeigehen sahen sie Alexanders Ford auf dem Kundenparkplatz stehen. Es war ein älterer Focus mit hässlichem Fließheck in allerweltssilber. Lichthaus zögerte. Görgen war offensichtlich zu Hause, und er wollte nicht das Risiko eingehen, dass dieser durch die Hintertür hinaus und ins Auto sprang und entkam. Kurz entschlossen stellte er den hochgewachsenen Felix Wessler zur Bewachung neben das Fahrzeug, Tanja Jünflich nahmen sie mit. Vor der Tür lösten alle auf sein Geheiß hin den Sicherungsschieber ihrer Pistolenholster und legten die Hand auf den Kolben der Waffe.
    Der dumpfe Ton der Türglocke war schon ewig im Haus verhallt, bevor ihnen jemand zögerlich die Tür öffnete. Renate Görgen schien die Entgiftung langsam hinter sich zu bringen, auch wenn ihr der Säuferhabitus noch lange anzumerken sein würde. Sie trug an ihrem klapprigen Körper unförmig hängende Leggins, ein einfaches T-Shirt und darüber eine blaue Weste, die über und über mit verfilzten Knötchen bedeckt war. Ein Schwall warmer Luft quoll aus dem überheizten Gang, doch sie schlang die Arme eng um die schmalen Schultern. Stumm starrte sie auf die Beamten, fixierte zuerst Lichthaus, der den Haftbefehl unschlüssig in der Hand hielt, ihn aber nicht vorzeigte, und ließ schließlich den Blick zu den anderen wandern. Lichthaus sah ihre Augen flackern und wusste, dass sie begriffen hatte.
    »Ist Ihr Sohn zu Hause?« Er wollte schnell machen, um dem Reflex der ihre Brut schützenden Mutter zuvorzukommen. »Sein Wagen steht da, also, wo können wir ihn finden?«
    Sie öffnete den Mund, und ihm fiel auf, wie stumpf ihre Haare waren, sah das unnatürliche Gelb ihrer Iris, als eine Stimme ihn ablenkte und jede Antwort erübrigte: »Ich bin hier.«
    Widerwillig trat sie beiseite und ließ die Polizisten ein. In der Küche stand Alexander Görgen an die Spüle gelehnt und schaute ihnen teilnahmslos entgegen. Er trug eine Jeans, dazu ein Kapuzensweatshirt und wirkte in seiner lässigen Haltung entspannt, als er sie mit betont ruhigem Ton empfing. »Was wollen Sie?«
    Lichthaus hielt den Haftbefehl in die Höhe. »Ich nehme Sie fest. Sie stehen unter Verdacht, Ihren Vater ermordet zu haben. Sie können einen Anwalt ...«
    »Sie spinnen ja.« Görgen unterbrach ihn völlig unaufgeregt und trank aus einer Tasse. »Wie kommen Sie denn auf diese Schnapsidee?«
    Er stellte sein Getränk auf das Ablaufbrett, und Lichthaus sah seine Finger leicht zittern. Er schauspielert nicht schlecht, ging es ihm durch den Kopf,

Weitere Kostenlose Bücher