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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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keinesfalls sicher, dass die Verantwortlichen der Stadtverwaltung auf eine Intervention der Kripo so konsequent reagieren würden. Das Finanzamt allerdings schon.
    Charly konnte wieder Müllers gelbbraune Zähne sehen, aber nicht weil er lächelte, sondern weil ihm der Mund offen stand.
    »Wollen Sie mir drohen?«, fragte der Wirt ungläubig.
    »Ja!«, antwortete Charly. Er hatte das Gesülze satt und außerdem bekam er Durst, wenn er so viel reden musste.
    Wenz hatte seine Aktivitäten wieder aufs Lauschen beschränkt. Müller presste die Lippen aufeinander und musterre aus zusammengekniffenen Augen die unbewegten Gesichter der Kripobeamten. Wie ein Pokerspieler schätzte er seine Gewinnchancen ab, nickte dann, lehnte sich zurück und begann zu erzählen.
    Vor einigen Jahren hatte eine andere Kneipe in Ingolstadt zugemacht, weil der Wirt zu denen gehörte, die denken, in Kanada sei alles einfacher und besser, und darum war er ausgewandert. Die Pokerspieler, die sich bis dahin immer dort getroffen hatten, brauchten einen neuen Treffpunkt, und Müller hatte sich bereit erklärt, im Hirschen die Pokerrunden zu dulden. Darauf, dass er dafür einen nicht unbeachtlichen Obolus in Form von Startgebühr und Gewinnbeteiligungen erhielt, brauchte er nicht extra hinzuweisen, das war Wenz und Charly klar. Die Spieler waren immer dieselben, Leute, die es sich leisten konnten, an einem Abend ein paar tausend Euro zu verlieren. Schulden bei Mitspielern hatte keiner, denn Spielschulden waren Ehrenschulden und wurden entweder sofort oder spätestens am nächsten Tag bar bezahlt. Na ja, bis auf Manni.
    Der passte irgendwie nicht zu den anderen, war aber ein leidenschaftlicher Spieler und von Anfang an in der Runde dabei. Sie kannten ihn alle schon von früher und akzeptierten ihn als eine Art Quoten-Außenseiter. Manni spielte nicht immer mit, nur, wenn einer der anderen nicht kommen konnte. Das kam aber recht häufig vor, beinahe jedes Wochenende. Der Manni war finanziell nicht so gut gestellt wie die anderen, lauter Unternehmer, Ladenbesitzer oder eben einfach nur vermögend. Der Manni verlor eigentlich die meiste Zeit. Wenn dann wieder eine höhere Summe an Spielschulden beisammen war, dauerte es ein bisschen und Manni zahlte die anderen aus. Müller hatte keine Ahnung, wo Manni das Geld her hatte. Irgendwann hatte Manni mal erwähnt, sein Vater würde ihm bald nichts mehr geben. Daraus schloss Müller, dass der alte Herr von Manni einiges auf der hohen Kante hatte. Genaueres wusste er aber nicht.
    Charly hatte den Verdacht, dass Müller genau wusste, um was es hier ging, denn er erzählte genau das, was Charly interessierte, ohne dass er eine einzige Frage stellen musste. »Hat er momentan Schulden?«, fragte Charly, als Müller eine Pause machte.
    Der Wirt hatte sich entspannt zurückgelehnt und die Arme verschränkt. Sein hageres Gesicht war bei Weitem nicht mehr so rot und die Äderchen hatten sich auch wieder beruhigt. Am Wochenende war in der Zeitung gestanden, dass ein Bauer, der den gleichen Familiennamen hatte wie Manni, anscheinend auf mysteriöse Art und Weise ums Leben gekommen war. Eins und eins gab zwei und Müller war kein direkter Idiot. Die wollten Manni und nicht ihn.
    Es hatten sich schon wieder Spielschulden in Höhe von circa acht- bis 10000 Euro bei verschiedenen Mitspielern angesammelt. Aber Manni habe am letzten Samstag verkündet, ihm stehe eine Erbschaft ins Haus. Dann werde er seine Schulden sofort bezahlen und beim Zocken ganz anders einsteigen.
    »Wann hat er das mit der Erbschaft gesagt?« Charly war sofort hellwach.
    Es war aber erst diesen Samstag gewesen, als Manni zum ersten Mal davon gesprochen hatte, eine Woche nach dem Tod seines Vaters. Auch konnte der Wirt sich nicht erinnern, dass zuvor schon einmal von einer Erbschaft die Rede gewesen wäre. Bis letzten Samstag habe Manni immer nur gesagt, die Jungs würden ihr Geld schon bekommen, er habe noch immer seine Schulden bezahlt.
    Charly fragte, welche Summe Manni bisher denn insgesamt verspielt hätte. Doch Müller wusste es nicht genau. Wie gesagt, habe Manni noch nie einen größeren Gewinn eingestrichen, allenfalls kleinere Beträge, nicht über 500 Euro. Wenn man aber seine gesammelten Schulden aus der Erinnerung heraus so über den Daumen zusammenrechne, so schätze er über die Jahre einen Betrag von knapp 100000 Euro, wenn nicht mehr. »Aber wo soll er es schon her haben, wenn nicht von seinem Vater? Banküberfälle hat der Manni ja

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