Bauernopfer
bestimmt nicht gemacht.« Nach dieser Bemerkung biss sich Müller auf die Unterlippe. Solche Scherze durfte man doch bei der Kripo nicht machen. Die verstanden da keinen Spaß. Eilig versicherte er, dass er Manni niemals einen Banküberfall oder etwas Ähnliches zutrauen würde. Manni sei von Grund auf ehrlich, ein wenig einfältig vielleicht; nein, einfältig sei das falsche Wort, Manni bevorzugte die einfachen Gedanken, so sei es besser.
Das scheinheilige Getue passte absolut nicht zu seiner schmierigen Erscheinung und widerte Charly an. »Hat er sonst noch was gespielt in Ihrer Zockeroase?«, fragte er. »Fußballwetten, Pferderennen?«
»Nur für Kleingeld. Mal zehn Euro, mal 50.«
»Wann ist er denn am Samstag vor einer Woche gekommen?«
»Genau weiß ich das nicht. Aber Manni ist immer der Erste. Also eigentlich kommt er immer gleich um 21.00 Uhr, wenn’s losgeht.« Müller war jetzt für Charlys Geschmack zu entspannt. Mit dem Instinkt eines durchtriebenen Ganoven hatte er die Situation erfasst und spielte sich als V-Mann auf. Er stützte die Ellbogen auf die Stuhllehnen, presste die Fingerspitzen vor der Nase aneinander und sprach über die Glückspielabende, als würde sich der Briefmarkenverein treffen. »Keiner trinkt da was«, beantwortete Müller Charlys nächste Frage. »Da serviere ich nur Wasser, Kaffee und Apfelschorle, und zwischendrin mal was zum Essen. Mit dem Verzehr ist da kein großer Gewinn zu machen.«
Ach Gott, lauter brave Jungs, dachte Charly. Es gefiel ihm mittlerweile gar nicht mehr, dass mit diesem Wirt ein stilles Übereinkommen bestand, das ihm Immunität versprach, wenn er die gewünschten Informationen lieferte. Am liebsten hätte er Müller zum Abschluss gesagt, dass er ihm doch die Lebensmittelüberwacher in die Küche schickt. Aber er konnte Wenz nicht vor den Kopf stoßen. Der Kollege war der zuständige Beamte für Glückspiel und er hatte seine eigene Methode, sich um die Szene zu kümmern.
»Tja Müller, ich schätz, die Lebensmittelüberwacher werden demnächst doch mal im Hirschen vorbeischau’n. So wie Sie riechen, ist das Frittierfett schon lange nicht mehr frisch«, sagte Wenz da. »Außerdem muss ich mir noch genau überlegen, ob das ohne Anzeige abgeht, wenn da Leute ausgenommen werden, die es sich eigentlich nicht leisten können.«
Das Rot und das Blauviolett kehrten in Müllers Gesicht zurück, als er wie ein Fisch nach Luft schnappte.
Respekt, dachte Charly. Er verabschiedete sich von Müller und Wenz. Was jetzt noch kam, war deren Sache, da musste und wollte er nicht dabei sein.
Sandra hatte ihre Anträge bei Frau Gambrini-Steinmetz abgegeben und saß bereits wieder am Computer, als Charly in sein Büro zurückkam. Auch Helmuth war noch mit STUPID beschäftigt.
»Warst du heimlich beim Currywurst-Essen?«, fragte er und rümpfte die Nase.
»So riecht’s im Hirschen. « Charly erzählte ihnen von dem Gespräch mit Müller. Dazu erhielt Helmuth zwei Ermittlungsaufträge. Er sollte, wenn es seine Zeit neben der Datenerfassung erlaubte, Manfred Bichlers zeitlichen Ablauf des Tattages rekonstruieren. Außerdem sollte er mit seinem Kumpel aus der Sparkasse noch einmal ausgehen, um vielleicht in Erfahrung zu bringen, ob der alte Bichler und Manfred Konten bei der Sparkasse hatten. »Also für mich ist nach jetzigem Stand der Manfred der Hauptverdächtige«, schloss Charly seine Zusammenfassung.
»Nein, nein!« protestierte Sandra. »Der ist zwar ein grober Lackel, so ein richtig tapsiger Bär. Aber der kann wahrscheinlich keiner Fliege was antun.« Sie ließ sich durch Manfred Bichlers Spielschulden nicht beirren. »Meine Favoritin ist immer noch die Heuschreck. Die ist verschlagen und egoistisch. Eifersucht, Hass, enttäuschte Liebe und Geldgier, bei der kommt alles zusammen.« Sie streckte Charly vier Finger entgegen, die sie zur Aufzählung der Motive benutzt hatte.
»Also, ich tipp immer noch auf den großen Bruder«, meldete sich Helmuth. »Der finanzielle Engpass ist nämlich bestimmt nicht so geringfügig und so vorübergehend wie der Herr Audi-Manager uns erzählen will. Und wenn jemand verschlagen ist, dann der. Der lügt doch, wenn er’s Maul aufmacht und grinst dich dabei noch an.«
Eine kurze Diskussion brachte keinen der drei von seiner Meinung ab und da Charly Helmuths Vorschlag ablehnte, auf den richtigen Täter um den Preis eines gemeinsamen Essens zu wetten, beendeten sie dieses Thema.
Es blies ein unangenehm kühler Wind und
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