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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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Beziehungsgeschichte des Herrn Gessler schon kannte. Die Zugehfrau war eine sehr praktische Zeugin. Als die Erzählung allerdings auf den verstorbenen Mann der Aufwartefrau ausuferte, hatte Sandra der guten Seele für den Kaffee gedankt und die polizeiliche Maßnahme beendet. Mit einer Frisbee-Bewegung warf sie jetzt einen Strafzettel auf Charlys Schreibtisch.
    »Hast du deinen von der Observation schon erledigt? Nein? Gut. Dann können wir das miteinander machen. Vor der Villa Gessler ist nämlich auf beiden Seiten Halteverbot, aber das hab ich natürlich nicht gesehen.«
    Charly legte den Strafzettel in seine Schreibtischschublade zu seinem eigenen. Helmuth sah ihm zu und grinste von einem Ohr bis zum anderen.

Mittwoch, 29. Oktober
    Bei den Spurensicherern herrschte dicke Luft. Garn hatte am Morgen angekündigt, ihnen zusätzliche Aufgaben zu übertragen, da er der Meinung war, sie seien zu wenig beschäftigt. Mit hängenden Schultern und finsteren Gesichtern lümmelten sie auf ihren Stühlen vor den Kaffeetassen und demonstrierten unmissverständlich die Enttäuschung darüber, dass ihre Arbeit und ihr Beitrag zum großen Ganzen offenbar nicht ausreichend erkannt und gewürdigt wurde. Trotzdem erhob sich Fischer sofort und nahm von Charly die Puzzleschachtel im Plastikbeutel entgegen. Er schob die zehn oder zwölf anderen Spurenfälle auf seinem Schreibtisch ein wenig zur Seite und legte die Schachtel auf dem freien Platz ab, mit dem Versprechen, sie bevorzugt zu bearbeiten. Nur war momentan das Labor von zwei anderen dringenden Fällen belegt. Aber all das wusste der Chef nicht, oder er wollte es nicht wissen.
    Zurück im Büro überbrachte Barsch seinem Mitarbeiter ein Fernschreiben. »Hab ich für dich geholt, aus Wiesbaden.« Dann stutzte er und wedelte mit dem Blatt. »Also, das Fernschreiben ist aus Wiesbaden. Geholt hab ich es natürlich nur aus’m Geschäftszimmer.«
    Charly, Sandra und Helmuth konnten sich einen spontanen Lacher nicht verkneifen. Der Kommissariatsleiter winkte beleidigt ab und verschwand.
    Das Fernschreiben enthielt den Bericht des Verbindungsbeamten in Malaysia, der diesmal außerordentlich schnell reagiert hatte. Dem Aktenvermerk war zu entnehmen, dass wie erwartet die Geschäftsleute in Malaysia Gesslers Anwesenheit bestätigten. Man hatte am Samstagvormittag ein befreundetes Unternehmen besichtigt, hatte nachmittags ein Elefanten-Polospiel besucht und sich am Abend zu einem gemeinsamen Essen im Sheraton getroffen. Das Alibi war beinahe lückenlos, zumindest aber so dicht, dass Gessler definitiv nicht zur fraglichen Zeit in Knoglersfreude gewesen sein konnte.
    »Und wie geht’s jetzt weiter?«, wollte Sandra wissen.
    Das war die Frage, die sich auch Charly gestern Abend beim Joggen gestellt hatte. Auf den letzten Metern seiner Laufstrecke hatte er dann seine Meinung gefasst. Aber er wollte die Fakten noch einmal mit Sandra und Helmuth durchsprechen und sehen, ob sie zu dem gleichen Ergebnis kämen.
    »Also, was haben wir bis jetzt?«, begann er und zählte unter Zuhilfenahme seiner Finger auf: »Der Bichler wurde mit einer Pistole erschossen, die vermutlich – oder höchstwahrscheinlich, das wird sich noch rausstellen – dem Gessler gehört und aus dem Schrank in der Firma stammt.« Zwei Finger waren schon belegt. Dritter Finger: »Der Gessler war zur Tatzeit nicht in Deutschland und hat, so wie’s ausschaut, auch gar nicht gewusst, dass seine Pistole weg ist.« Nächster Finger: »Wie das alles mit dem alten Fall zusammenhängt, wissen wir noch gar nicht.« Kleiner Finger: »Eine Verbindung von den ersten Verdächtigen, Bichler-Buben, Heuschreck und so weiter, zum Gessler haben wir noch nirgends festgestellt. Ich glaub also mittlerweile eher, dass der Täter mit der Firma Gessler zusammenhängt. Was können wir also als Nächstes tun?«
    Sandra führte die Aufzählung an ihren Fingern weiter. »Einen Erben für seine Firma hat der Gessler nicht. Also ist jeder der Mitarbeiter in der Firma gleich verdächtig, denn jeder hat das gleiche Motiv: Wenn’s die Firma nicht mehr gibt, gibt’s auch seinen Arbeitsplatz nicht mehr. Das ist natürlich bei den jüngeren nicht ganz so schlimm und bei den über 60-Jährigen auch nicht. Aber trotzdem würde ich sagen, wir sollten alle Firmenangehörigen befragen. Alibi, Zugehörigkeit und so weiter.«
    Helmuth kratzte sich am Kopf. »Das sind 40 oder 50 Personen. Wisst ihr, wie lang das dauert?«
    »Egal«, wischte Charly den Einwand beiseite.

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