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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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eineinhalb Stunden kam er vom Laufen zurück. Von den Bambussprossen und den Bratlingen war noch jede Menge übrig, denn Julia hatte nur ihren Pflichtanteil verdrückt und Ludwig hatte verweigert, da er ja noch in die Stadt ginge und bestimmt beim Mäcki vorbei käme.
    Charly, der während der Rückfahrt die Heizung im Auto voll aufgedreht hatte, um ein wenig Schweiß zu produzieren, ließ sich neben Petra aufs Sofa fallen und streckte alle viere von sich. »Puh, bin ich jetz’ kaputt. Ich glaub, ich will vorerst gar nix essen.«
    »Na, macht ja nix, Schorschi,« erwiderte Petra und kuschelte sich an seine Seite. »Du hast da übrigens noch ein bisschen Sahnesoße am Pulli.«

Donnerstag, 30. Oktober
    Natürlich stellte Barsch keine zusätzlichen Beamten für die Befragung der Betriebsangehörigen zur Verfügung. Charly hatte den Eindruck, der Kommissariatsleiter nahm ihm irgendetwas übel. Entweder, dass er der Sache mit der AG Kiara von Anfang an nicht den nötigen Ernst entgegengebracht und am Schluss auch noch recht behalten hatte, oder dass der Direktionsleiter ihn vor versammelter Mannschaft herausgehoben und Barsch zu seinem Zuarbeiter degradierte hatte. Oder einfach beides. Und jetzt war wieder Bierschneider involviert. Da hielt man sich wohl am besten ein wenig zurück.
    Barsch begründete seine Weigerung, Personal für die Befragung abzustellen, mit einem augenblicklich sehr hohen Arbeitsanfall. Und damit hatte er nicht einmal gelogen, denn es lagen zwar im Moment keine spektakulären Fälle an, aber stetig tropften die Routinefälle auf die Schreibtische der Kollegen. Und das nasskalte Wetter, das einen ekelhaften November ankündigte, tat das Seine dazu und streckte drei Kollegen mit Grippe in die Betten. Auch Helmuth hatte sich für heute und morgen krank gemeldet. Also fuhren Charly und Sandra allein zur Firma Gessler, um mit der Befragung zu beginnen.
    Schon gleich, nachdem sie den Dienstwagen auf dem Firmenparkplatz abgestellt hatten, bemerkten sie ein ungewöhnlich reges Treiben. Ein kleiner Mann in einem blauen Arbeitsanzug, dem Anschein nach ein Rentner auf 400-Euro-Basis, war mit der Beseitigung des Unkrautes am Einfahrtstor und am Werkszaun beschäftigt. Auf dem Hof sortierten mehrere Leute die unzähligen, mit Schrott, Ausschuss und ungebrauchten Werkstücken gefüllten Gitterboxen. Es stapelten sich schon deutlich weniger Behälter, und der Firmenhof wirkte merklich größer.
    Die Sekretärin, in einem roten Kleid mit weißer Strickweste, empfing sie kühl. Ihr Kölnisch-Wasser-Aroma wurde heute vom Vanilleduft eines Dahlienstraußes auf ihrem Schreibtisch überdeckt. Geschäftsmäßig teilte sie ihnen mit, dass Herr Gessler sich nicht im Hause befinde. Dann besann sie sich, dass sie mit zwei Kripobeamten in einer Mordermittlung sprach und nicht mit einem Geschäftskunden, der einen Garantiefall vorbringen oder einen völlig unrealistischen Rabatt aushandeln wollte, und fügte hinzu, der Chef sei heute Morgen nach Malaysia geflogen und werde, je nachdem, wie die Verhandlungen verliefen, nicht vor Ende nächster Woche zurück erwartet. Als sie Charlys überraschtes Gesicht sah, erklärte sie, dass es nun eine neue Grundlage für Verhandlungen gebe. Bezüglich des Grundstückes neben der Firma habe bereits ein erstes Gespräch zwischen den Erben und Herrn Gessler stattgefunden, und dieses Gespräch sei sehr zufriedenstellend verlaufen.
    Charly nickte ein verständnisvolles »Aha«. Der Alte war noch gar nicht richtig unter der Erde, da verschacherten die Jungs schon Haus und Hof. Die hatten das Geld wirklich sehr nötig. Dann erklärte er Frau Berthold, dass sie gerne alle Firmenangehörigen anhand eines kurzen Fragenkataloges vernehmen würden, einzeln und der Reihe nach. Jetzt war es die Sekretärin, die einen überraschten Ausdruck im Gesicht trug.
    »Ich verstehe zwar den Sinn nicht ganz«, sagte sie nach kurzer Überlegung, »aber Herr Gessler hat heute Morgen noch gesagt, für den Fall, dass die Polizei irgendetwas brauche, solle ich alles tun, was möglich ist, um Sie zu unterstützen. Im Zweifelsfall soll ich zwar den Herrn Bierschneider anrufen; aber ich denke, das geht schon so in Ordnung. Wenn Sie meinen, dass es notwendig ist …« Sie nahm eine Kopie der Mitarbeiterliste zur Hand, die sie gestern zur KPI gefaxt hatte. »Sie könnten den Brotzeitraum im Erdgeschoss benutzen, das wäre vermutlich am geschicktesten.« Dann studierte sie die Namen auf dem Blatt. »Mal sehen, also drei

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