Bauernsalat
Lächeln.
»Nichts zu danken!« Hannes Mutter lächelte schwach zurück. Endlich sagte sie, was sie die ganze Zeit beschäftigte. »Sind Sie eine von Schnittlers Hans?«
»Genau davon bin ich eine«, sagte Alexa, »und dem Papa wie aus dem Gesicht geschnitten, nicht wahr?«
Alexa mußte grinsen, als sie Hannes’ Mutter eifrig nicken sah.
11
»Ich berechne Ihnen jetzt das Pfand. Sie können die Flasche aber wieder zurückgeben, dann bekommen Sie auch das Pfand zurück.«
»Aha!« Alexa gab sich verdutzt angesichts dieses bahnbrechenden Umbruchs, weg vom Einweg- hin zum Zweiwegsystem.
Der Lebensmittelhändler kannte keine Gnade. »Ich kreuz Ihnen das auf dem Kassenbon an. Da kann dann gar nichts schiefgehen. Sehen Sie, das ist die Tüte Gummibärchen – kein Pfand. Das sind die beiden Flaschen Mineralwasser. Da ist Pfand drauf, zweimal dreißig Pfennig, macht sechzig nach Adam Riese. Da mache ich Ihnen jetzt ein Kreuzchen dran. Wenn Sie dann die Flaschen zurückgeben, bekommen Sie das Geld zurück.« Der Lebensmittelhändler überreichte Alexa freundlich lächelnd den Kassenbon. »Alles klar an der Bar?«, scherzte er und legte seinen Kugelschreiber zur Seite.
»Alles klar!«, erwiderte Alexa und griff nach ihrem Einkauf. Sicher, Herr Roseck hatte es vorwiegend mit älteren Leuten aus dem Dorf zu tun, die all ihre Einkäufe in dem kleinen Laden in Renkhausen erledigten. Und sicher waren einige von denen dankbar, daß Herr Roseck sich soviel Zeit für sie nahm. Aber machte Alexa in ihren jungen Jahren den Eindruck, als sei sie mit so hochkomplexen Zusammenhängen wie dem Flaschenpfand hilflos überfordert?
»Das hätten wir dann erledigt«, plauderte Herr Roseck weiter, während er Alexas Geld in seine Kasse einsortierte. »Alles im Griff auf dem Schiff!« Schon wieder so eine originelle Metapher. Der Verkäufer schien sich die freie Zeit im Laden mit der Anfertigung spaßiger Reimsätzchen zu vertreiben.
»Na, dann: Tschüssikowski, die junge Frau!«
Alexa drehte sich um, um noch ein bißchen von Herrn Rosecks überbordender Laune aufzuschnappen. Dabei bemerkte sie nicht, daß sie beinahe jemanden umgerannt hätte.
»Tante Ursel!«
»Alexa!«
»Du wirst es nicht glauben«, sagte Alexa. »Ich bin gerade auf dem Weg zu dir.«
»Zu mir?« Ursel Sauer machte ein erstauntes Gesicht. »Das ist wahrlich eine Seltenheit.«
»Ich möchte dich etwas fragen.« Alexa drehte sich um. Herr Roseck lächelte von seinem Kassenstuhl herüber und war ganz Ohr. »Hast du etwas dagegen, wenn ich im Auto auf dich warte und dich mitnehme?«
»Ganz im Gegenteil. Es hat angefangen zu regnen, und ich habe keinen Schirm dabei.«
Draußen regnete es tatsächlich Bindfäden. Schon nach dem kurzen Weg zum Auto fühlte Alexa sich klamm. Sie legte die zwei Flaschen Mineralwasser auf den Rücksitz und riß die Tüte mit Gummibärchen auf. Unwillkürlich fiel ihr ein, daß sie bei Tante Ursel früher auch immer Bonbons bekommen hatte. Sie und ihre Mutter kannten sich aus dem Frauengesangverein. Ursel Sauer war dort Kassenführerin gewesen und Alexas Mutter zweite Vorsitzende. Jedesmal wenn Alexa Notenblätter, Quittungen oder sonst was bei Tante Ursel abzugeben hatte, hatte sie ein paar Bonbons erhalten, immer dieselbe Sorte, Zitronenbonbons, die heftig an den Zähnen klebten.
Da kam sie plötzlich durch den Regen gehuscht, Ursel Sauer. Alexa lehnte sich über den Beifahrersitz und machte die Tür von innen auf. Tante Ursel ließ sich seufzend in den Sitz fallen und verstaute ihre Tasche im Fußraum.
»Da habe ich ja richtig Glück gehabt mit dir. So ein Mistwetter.«
Alexa ließ den Motor an und fuhr los.
»Du läßt dich aber auch nicht mehr häufig sehen im Dorf«, sagte Ursel Sauer plötzlich und setzte sich seitlich, damit sie Alexa ansehen konnte. Dieser unterschwellige Vorwurf an alle, die aus beruflichen Gründen das Dorf verlassen hatten, war Alexa sehr bekannt. Manchmal wußte sie damit nicht umzugehen, glaubte, daß man sie für eingebildet hielt, weil sie aufs Gymnasium und später auf die Uni gegangen war, doch bei Ursel Sauer war das anders. Ursel Sauer mit ihren weißen, etwas zu langen Locken mochte Alexa, das merkte sie, und wenn sie sich über Alexas Fernbleiben beschwerte, dann war das ehrliches Bedauern.
»Ich wohne eben nicht mehr hier«, sagte Alexa lapidar. »Aber am Wochenende bin ich ab und zu hier und falle Mama und Papa auf die Nerven.«
»Kannst du hier denn keine Stelle finden?«
»Kannst du dir
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