Baustelle Baby (German Edition)
durfte nicht zu lang und eine medizinische Versorgung musste gewährleistet sein. Unsere Wahl fiel deshalb in diesem Jahr auf ein Reiseziel, das Shopaholics in orgasmische Ekstase versetzte, mich aber eher zum Gähnen brachte: Dubai! Gut, zumindest konnte man auch im Dezember auf Temperaturen über 20 Grad hoffen. Und das war gerade die Hauptsache.
Während Hans mit Unterstützung meines Freundes sich an der logistischen Meisterleistung des Beladens versuchte, brach ich mal eben gepflegt in Panik aus. Hatte ich wirklich alles Notwendige für den Flug im Handgepäck untergebracht? In meiner Hosentasche kramte ich nach der Wickeltaschen-Liste, denn ohne Listen funktioniert mit Baby gar nichts mehr. Ja, alle 32 Punkte waren brav abgehakt, und wir hatten von Baby-Ersatzklamotten über die Spieluhr bis hin zum Schnuffeltuch alles an Bord. Die Reisegesellschaft konnte sich also entspannt in Richtung Flughafen in Bewegung setzen.
Aufatmend sank ich in die Polster. Puh! Ich wollte gerade zu meinem Freund sagen: »Ist doch eigentlich alles ganz easy« – kam aber gerade nur bis zum »I«. Von dem Augenblick an, als der kleine Mini-Despot in seine Babyschale verfrachtet wurde, bis zum Losschnallen am Terminal ca. 25 Minuten später schrie er, als hätte man ihn auf ein Nagelbrett geschnallt. Wie konnte ein so winziges Wesen nur so viel Lärm machen? Irgendetwas musste mit den Stimmbändern meines Sohnes schiefgelaufen sein. Oder war es vielleicht nur eine subjektive Wahrnehmung?
Es gibt einfach nichts, dass für Eltern stressiger ist als das Schreien des eigenen Babys. Es ist Psycho-Folter pur: Adrenalin wird ausgeschüttet, der Puls steigt, der Blutdruck ebenso, man ist kurz vorm Explodieren und neigt dazu, den Partner als Blitzableiter zu missbrauchen. Selbst meine Mutter, die völlig verschossen in den Dreikäsehoch ist, war froh, ihn nach dieser Vorstellung endlich mal ein paar Tage loszuwerden.
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„ Hier sehen wir ein Baby. Es setzt sich aus einem kahlen Schädel und einem Paar Lungenflügel zusammen.
(Eugene Field)
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Der Terminal 1 des Frankfurter Flughafens war überfüllt und überheizt, erschien mir aber nach dem Schrei-Konzert wie eine rettende Oase der Ruhe. Die erste Etappe unserer Odyssee hatten wir gemeistert. Nun versuchte mein Kerl irgendwie, den Kofferstapel auf dem Gepäcktrolley sicher an den Schalter zu manövrieren, während ich den Kleinen im Baby-Björn vor dem Bauch hängen hatte und den mit Handgepäck beladenen Kinderwagen schob.
»Die Auswanderer, Teil 1«, bemerkte mein Freund trocken. »Und das alles braucht er wirklich?«
Gut, dass der Kleine als Airbag zwischen uns hing, ich hätte ihm sonst gern meine Hüfte in die Kronjuwelen gerammt.
Stattdessen musste ich mich auf die Vernichtungskraft meiner Grabesstimme verlassen. »Das nächste Mal kannst gerne DU packen.« Ich schickte noch einen »Du Arschloch!«-Blick hinterher und fühlte mich einigermaßen gerächt.
Unser nächstes Abenteuer bestand im Überlisten der Gepäckwaage beim Check-in.
Meine männliche Begleitung scannte routiniert die Schalter ab und steuerte dann zielstrebig zu einem Counter, an dem eine junge brünette Dame Dienst tat, die auch im vorweihnachtlichen Stress ihre Kundschaft freundlich anlächelte. Nachdem er die Schrankkoffer so mühelos aufs Gepäckband gewuchtet hatte, als wären es Wattebäuschchen, entwendete er mir kommentarlos das Baby, parkte es dekorativ auf dem Counter-Tresen und begann charmant mit der Lady vom Bodenpersonal zu flirten. Für mich galt jetzt: Klappe halten und unauffällig sein! Brav zog ich mich zurück, nestelte am Kinderwagen herum und schob den Trolley zur Seite. Währenddessen beobachtete ich fasziniert, wie der Fuß meines Freundes zum Koffer wanderte, diesen geschickt ein paar Zentimeter anhob und das Gewicht damit drastisch reduzierte.
Nach fünf Minuten war die Show vorbei, unser Übergepäck im Schlund der Gepäckanlage verschwunden und unsere Reisekasse unversehrt.
Der kleine Prinz wanderte zurück zur Mama, und Papa schnappte sich das ebenfalls beachtliche Handgepäck. Auf ging's zur nächsten Station, der Sicherheitskontrolle.
Tatsächlich wurde man mit Kind bevorzugt behandelt und in eine Familienschlange gestellt, die sich leider auch regen Zulaufs erfreute. So standen wir zwischen anderen gestressten Eltern, nutzten die Zeit und legten Schals, Gürtel und Baby Björn schon vorsorglich ab und warteten.
Als wir bereits fast die Kontrolle erreicht hatten,
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