BE (German Edition)
›Excalibur‹-Einstellung geliefert hätte, wenn die Hand mit dem Schwert aus dem Wasser kommt. Wie Boorman den debilen Jungen in der Szene mit den duellierenden Banjos dazu bekommen hatte, so unglaublich Banjo zu spielen, hat er uns damals jedoch nicht verraten. Erst viele Jahre später lüftete Vilmos Zsigmond, der ungarische Kameramann von ›Deliverance‹, das Geheimnis, als er mit mir ›Die Nebel von Avalon‹ drehte: Ein professioneller Banjospieler hatte hinter dem Jungen gesessen. Der Junge verbarg seine Arme hinter seinem Rücken und die beiden Arme, die wir sehen, sind die des unsichtbaren Profis«, so Uli Edel.
Diese Faszination mit dem Grotesken ist in Bernds Filmen immer wieder zu sehen, sei das nun »Der Name der Rose«, »Ballermann 6« oder auch »Das Parfum«. Nun ist es sicher nicht so, dass sich bei einem Menschen die Verbindungslinien zwischen Kindheitserinnerungen und künstlerischer Tätigkeit einfach so gerade und stringent ziehen lassen. Das wäre zu simpel. Aber es ist sicherlich ein interessanter Gedanke, dass es während seiner ländlichen, fernsehfreien Kindheit bei Bernd eine gewisse Faszination für Schauriges und – im Falle des Inzest-Dorfs – Tabuüberschreitung gab.
Und da wir nun schon beim Gruseln sind: Während der Erntezeit kamen häufig Bauern oder Knechte in die Praxis, denen beim Mähen ein Finger abgeschnitten worden war. Und wenn in diesen Fällen keine Sprechstundenhilfe zur Hand – zum Finger – war, dann mussten Bernd oder Moni »anhalten«. Moni wurde später Ärztin. Bernd dagegen lehnte von da an den Anblick von echtem Blut kategorisch ab und zog es stattdessen vor, einige Jahrzehnte später die Zombie-Franchise »Resident Evil« ins Leben zu rufen und zu produzieren.
Leider habe ich Bernds Vater nie kennengelernt. Er starb 2004 im Schlaf an einem Herzinfarkt. Aber alle Frauen in Bernds Umfeld mochten ihn, besonders seine langjährige Assistentin Marianne Dennler schmilzt dahin, wenn sie von ihm redet. Demnach war er ein ausgesprochen charmanter Mann und als Arzt sehr beliebt. Er war, ähnlich wie Bernd, ein Kettenraucher und von seiner Arbeit besessen. Wenn er während der Arbeit zum Mittagessen aus der Praxis kam, schlang er schweigend das Essen herunter – in Gedanken immer noch bei seinen Patienten – und rauchte während des Essens weiter. Undwährend sich seine Frau nach der Bergidylle ihrer Heimat sehnte und wenig Freude an der Arbeit in der Praxis ihres Mannes und demtäglichen Umgang mit kranken Menschen fand, baute sich der Vater seine Idylle im Keller mit einer ständig wachsenden Modell eisenbahn.
»Ich kann mich erinnern, dass sich meine Eltern viel gestritten haben. Das war dann immer ein Riesendrama mit vielen Tränen, das meistens damit endete, dass meine Mutter uns in ihr Auto packte und irgendwo hingefahren ist. Aber mein Vater hat sie immer gefunden. Ich weiß nicht wie, aber er wusste immer, wo sie war, und dann hat er sie zurückgeholt«, erinnerte sich Bernd und meinte dann auch, dass er schon als Kind eine innere Distanz zu solchen Szenen entwickelt hat: »Wenn das alles zu wild wird, dann klinke ich mich einfach aus. Das ist dann, als würde ich mich selbst und die anderen von außen wie durch eine Kamera betrachten. So ein Drama mache ich nicht mit. Ich werde dann innendrin ganz kalt, und alles läuft dann vor meinen Augen ab wie ein Film.« Auf einem Filmset ist eine so extrem distanzierte Wahrnehmung sicherlich von Vorteil. Bei Dreharbeiten kann sich die scheinbare Harmonie innerhalb von Sekunden in totales Chaos verwandeln. Ein Streit, ein Missverständnis oder ein unbedachtes Wort führen dazu, dass ein Schauspieler durchknallt, vom Set stürmt, seinen Bullterrier von Agenten anruft und sich weigert, am nächsten Tag zum Dreh zu erscheinen. Schon ist der Drehplan durcheinander, und es muss verlängert werden. Ganz zu schweigen von dem unangenehmen Telefonat, das der Produzent mit dem Bullterrier führen muss. Das kann teuer werden. Was ich persönlich am Anfang immer so anstrengend an Filmsets fand, war die Tatsache, dass es sich bei der Atmosphäre am Set um eine seltsame und letztendlich unkontrollierbare Alchemie handelt. Es ist, als ob man ständig über dünnes Eis geht. So viele Unsicherheiten mischen sich mit Exhibitionismus und prallen mit Zeit- und Gelddruck aufeinander. Da kann leicht der Fokus verloren gehen. Und auch wenn es nicht unbedingt zum Supergau kommen muss und ein Star vom Set stürmt, kann es doch immer
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