BE (German Edition)
ihn hatte.
Ein paar Jahre später trat er übrigens als Gast bei »Wetten, dass …?« auf und sprang dort mit einem Bungeeseil von einem Kran herab, der draußen auf dem Studiogelände aufgebaut worden war. Ich habe diese Sendung damals zufällig gesehen. An Bernd kann ich mich nicht erinnern. Nur dass ich es als kompletten Irrsinn empfand, von so einem Kran zu springen. Bernd erzählte, vor dem Sprung selbst habe er gar nicht so viel Angst gehabt, sondern vor dem Aufstieg. Nachdem er für den Sprung hinter die Bühne, aus dem Blickfeld der Kameras gegangen war, trank er eine halbe Flasche Wodka – sehr zur Sorge seiner Tochter Nina. Dann erst wagte er sich nach oben. Manchmal denke ich, Bernds Lebensgeschichte ist ein Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu verlernen.
Bärbel – oder die erschreckende Frage, was eine Frau alles können muss
WE r unter Bernds nächtlichem Durchhaltevermögen litt, war Bernds damalige Freundin Barbara Rudnik, genannt Bärbel. Bärbel und Bernd waren schon während der Premiere von »Der Name der Rose« ein Paar. Bärbel kam wie ich aus Kassel. Sie war von dort nach München abgehauen und arbeitete in einer Eisdiele, wo sie von einem Jungregisseur entdeckt wurde. Bernd erzählte, dass Bärbel immer stolz darauf war, wie viele Eisbecher sie gleichzeitig tragen konnte. Ebenso wie dem Jungregisseur war auch Bernd Barbaras außergewöhnliche Schönheit aufgefallen. Sie war nicht nur klassisch schön wie die junge Lauren Bacall, auch eine knisternde Aura der Unerreichbarkeit umgab sie. Bernd musste lange um Bärbel werben, bis sie sich schließlich auf ihn einließ. Als sie es tat, entstand zwischen ihnen eine tiefe Freundschaft und Wärme, die bis zu ihrem Tod 2009 anhielt. Es war keine Beziehung wilder Verliebtheit und rasender Schmetterlingsstürme im Bauch. Bernd erzählte oft, es sei zwischen ihm und Bärbel eher wie zwischen Bruder und Schwester gewesen. Deswegen entstanden auch keine Probleme, wenn der eine von beiden Sex mit einer anderen Person gehabt hätte. Im Gegenteil, sie hätten einander sogar davon erzählt. Für Bärbel war allerdings problematisch, dass Bernd von ihr erwartete, zum Abendessen bereitzustehen und dann stundenlang mit ihm im Romagna Antica zu hocken, bis es dann weiter ins Schumann’s oder noch weiter ins P 1 oder eine andere Disco ging. Als wir einmal zu dritt zu Abend aßen, beklagte sich Bärbel, wie hart das für sie gewesen sei: immer die langen Nächte, und tagsüber blieb ihr kaum noch Zeit für ein eigenes Leben. Gerade wenn sie sich mal mit einem Freund zum Kaffee getroffen habe, kam auch schon wieder Bernds Fahrer vorbei und holte sie zum Abendessen im Romagna Antica ab!
Es sei natürlich aufregend und glamourös gewesen, von einem Fahrer in einem Mercedes 500 herumkutschiert zu werden, mit all diesen prominenten Menschen zu Abend zu essen, und nicht zuletzt die Freundin von Bernd Eichinger zu sein. Aber Bärbel fühlte sich, als hätte Bernds Leben sie verschluckt. Ihre Freundschaften, die ihr immer sehr wichtig gewesen waren, verkümmerten. Ihre Arbeit litt. Sie war plötzlich hauptberuflich Bernds Freundin. Und gleichzeitig sei ihre Rolle ja doch sehr eingeschränkt gewesen. Vieles, was die Freundin eines vielbeschäftigten Mannes möglicherweise sonst übernimmt – z. B. Freunde zum Essen einzuladen –, sei von Bernds Assistentin Marianne organisiert worden. Bärbel sollte nur für Bernd da sein, alles andere wurde von Marianne erledigt. Bernd verstand nicht, warum das schwierig für Bärbel war. War es nicht schön, wenn einem jemand den ganzen Alltagskram abnahm und erledigte? So konnten sie sich doch einfach nur auf sich konzentrieren! Auch an jenem Abend 2008, als Bärbel sich beklagte, wie manche Dinge damals abgelaufen waren, verstand Bernd nicht wirklich, wovon sie sprach. Allerdings kapierte er schon, dass ihm damals einfach das Verständnis dafür gefehlt hatte, dass Bärbel, im Gegensatz zu ihm, irgendwann nachts um drei müde wurde und schlafen gehen wollte.
Das Rumgehocke in Restaurants und Bars ging Bärbel auf Dauer einfach gegen den Strich. Bernd hatte zwar begonnen zu boxen und trainierte regelmäßig, unter anderem in einem Raum, den er sich im Keller der Constantin hatte einrichten lassen, aber das befriedigte nicht Bärbels Drang nach Freiheit. Ein Mann sollte ihrem Bewegungsdrang und ihrer Abenteuerlust nicht nur entgegenkommen, sondern ihn auch möglichst überbieten. Bernd meinte, er sei Bärbel in
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