BE (German Edition)
als auch der Bedienung konnten nur wenige, wie zum Beispiel die Harry’s Bar in Venedig oder die Loos Bar in Wien mithalten. In anderen Bars verbrachte Bernd meistens eine Viertelstunde damit, dem Barkeeper zu erklären, wie man einen wirklich trockenen Wodka Martini mixt. Oder aber der Barkeeper vermittelte einem ständig das Gefühl, er würde bei unserer Unterhaltung mithören, oder – mein persönlicher Albtraum – es gab eine Live-Band, die Hotel-Jazz spielte.
Interview mit Charles Schumann
Das Schumann’s der achtziger Jahre – was war das für ein Ort und welche Rolle hat Bernd darin gespielt?
CS: Das alte Schumann’s war ja ein sehr übersichtlicher Raum. Wesentlich kleiner als das heutige Schumann’s. Das war schon eine verschworene Gemeinschaft mit allen Fehlern, die eine solche Gemeinschaft haben kann. Die Gäste haben uns manchmal ganz schön unter Druck gesetzt. Bernd nicht so sehr, denn Bernd hat sich einfach die Dinge rausgenommen, die er haben wollte. Jeden anderen hätten wir aber so was von weggeräumt! Aber wenn Bernd glaubte, am Kopfende der Bar stehen zu müssen, dann stand er halt da. Er hatte auch seine Tische, an die er sich gesetzt hat, aber wenn er nur kurzfristig da war, da hat er sich an die Bar gestellt. Da stand er dann halt im Weg, aber das war ihm scheißegal. Ob ihn jemand von meinen Leuten gebeten hat, einen Schritt zur Seite zu gehen oder ihn aus dem Weg geschubst hat, das hat ihn gar nicht interessiert. Hier im neuen Schumann’s hatte er auch so seine Ecke, aber er stand hier nicht so im Mittelpunkt wie damals. Im alten Schumann’s stand er richtig im Mittelpunkt. Durch die Gegebenheiten des Raums und durch die Nähe zu uns.
War er gewissermaßen Teil des Inventars?
CS: Bernd gehörte schon zum Schumann’s. Das ist klar. Aber er war ja auch viel unterwegs. Das Schumann’s war immer der Ort, an dem er nach seinen Amerikareisen aufgeschlagen ist.
Bernd meinte, du hättest ihn immer ausgeschimpft, wenn er mal länger nicht da gewesen wäre – obwohl er doch gar nichts dafür gekonnt hätte, weil er doch im Ausland gewesen war!
CS: Das ist bei mir eine Form der Zuneigung, wenn ich sage ›Du blöder Hund, du brauchst gar nicht mehr kommen, wenn du nur mal alle Jahre erscheinst!‹
Aber du hast schon eine strenge Bar geführt …
CS: Ich halte immer eine gewisse Distanz zu meinen Gästen. Auch zu Bernd. Wenn er ausgerastet ist, war ich, glaube ich, der Einzige, der ihm sagen konnte »Jetzt ist Schluss, weil sonst gibt’s Ärger.« Denn du weißt ja, wie stark er war, und alle anderen hat er einfach zur Seite geschoben.
Wie sah das aus, dieses Ausrasten?
CS: Ich habe ihn einmal nachmittags erlebt. Da kam er zurück aus L. A. und wollte was trinken. Hat er auch getan. Aber er hatte vorher schon zu viel getrunken. Er war mit Barbara Rudnik und noch einer anderen Person da und hat die beschimpft. Da hab ich ihm gesagt: »Jetzt geh« und ihn weggeschickt. Dann ist er kurzfristig ziemlich böse geworden. Aber hat’s akzeptiert. Und zwei Tage später hat er mich angerufen und hat so getan, als ob er nicht wüsste, was passiert sei. Aber er wusste ziemlich genau, was da abgelaufen ist!
Mit wem war Bernd früher so unterwegs?
CS: Also der Bernd ist ja nie mit Männern gekommen. Nie. Bernd mochte Frauenbegleitung. Aber so konkret kann ich mich da nur an Barbara Rudnik erinnern. Ansonsten waren das wechselnde Gesichter.
Der Bernd Eichinger war natürlich jemand, den viele Leute kennenlernen wollten. Weil sie dachten, dass sie von ihm profitieren könnten. Die dachten, dass sie durch ihn Zugang zu Hollywood hatten. Bernd hat hier im Schumann’s Hollywood gespielt.
Wenn Bernd dann da war, hat sich der Wolf Wondratschek dazugesellt und die Sache so ein bisschen benützt. Logisch. Außerdem gab es noch die Trinkgelage mit dem Heiner Lauterbach. Da war ich selbst nicht dabei. Meine Mitarbeiter meinten, das war schon manchmal nicht sehr lustig, was die beiden aufgeführt haben. Wir haben über viele Dinge, die die Jungs veranstaltet haben, hinweggesehen – auch das Gläserschmeißen …
Warum denkst du, hat Bernd so viel getrunken?
CS: Warum trinkt man viel? Man besäuft seinen Kummer, oder weil man sich Mut machen will. Und dann gibt es Stresstrinker, wie jetzt den Bernd. Der wollte Stress abbauen. Bernd stand immer unter Hochstrom, und das haben wir auch gefühlt. Am Schluss, wenn der Bernd mit dir gekommen ist, da hat er das auch richtig genossen. Mal hier zu sein,
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