BE (German Edition)
aufgelegter, cleverer Bodybuilder – L. A. und Hollywood war versammelt und liegt ihm zu Füßen. Ich wollte ihm nur guten Tag sagen, aber er hat mich auf Englisch (mit österreichischem Akzent) angeredet – da bin ich völlig verschreckt weggegangen.«
Das Jahr 1990 ging für Bernd mit einer ausgewachsenen Sinnkrise zu Ende, aus der er auch im darauffolgenden Jahr nicht wirklich herauskommen sollte. Emotional wie beruflich war sein Schiff vom Anker gerissen und trieb steuerlos in der See. In Los Angeles schien sich alles nur ums Geld zu drehen. Das war ihm zuwider, zumal Bernd selbst keine kommerziellen Erfolge vorzuweisen hatte. Am 18. Februar 1991 fasst er seine Situation so zusammen: »Hier in Amerika bin ich ein Unbekannter, ein Nichts. Zu Hause in Deutschland nach 15 Jahren fast ununterbrochener Supererfolge ausgepowert, ausgebrannt, ein Fressen für Spötter und die Klatschspalten; heruntergezogen im Strudel.« Über Hollywood schreibt Bernd am 7. März 1991: »Die Stadt hier ist voll Geschäft, aber diese Stadt ist ohne Würde. Oder besser: Sie lässt Würde nicht zu. Alles geht zu schnell. Es geht um Macht und um Geld. Aber genusslos!« Bernd war weder gut auf sich selbst noch auf Los Angeles zu sprechen. Eine Tatsache, die Frances Schönberger zu der Aussage veranlasste: »Bernie, if you don’t change your attitude, you will never make it in this town!«
Hundstage
NA ch dem ersten Jahr in Los Angeles erkannte auch Bernd, dass sich etwas ändern musste und dass ein Großteil seines Unglücks seinen Ursprung in seiner Einsamkeit hatte. Deswegen entschloss er sich zu zwei Maßnahmen: Erstens besorgte er sich einen Hund. Einen deutschen Schäferhund, den er nach seinem Lieblingsgetränk »Wodka« taufte. Wodka war wunderschön, komplett auf Bernd fixiert und gemeingefährlich, wenn ein Fremder das Haus betrat. Genau wie sein Herrchen nahm Wodka die Außenwelt erst einmal als Bedrohung war, wurde aber lammfromm, sobald man ihm den »Eindringling« als Freund des Hauses vorstellte. Die zweite große Veränderung bestand darin, dass Bernd sich Mitbewohner suchte: Hermans Assistent Robert Kulzer war ihm aufgefallen. Ein junger Typ, frisch von der Filmhochschule, erfolgreich als Lektor, bewaffnet mit einem bäuerlichen Dickschädel, Wortwitz und pechschwarzem Humor. Mit dabei war auch seine Freundin Leni Gundula Ohngemach. Bernd lud Robert und Leni ein, zu ihm nach Los Angeles zu ziehen. Robert würde für Bernd arbeiten und Hollywood kennenlernen. Und Bernd würde ihm immer wieder predigen (im Scherz, aber nicht ohne ein Körnchen Ernst): »Rrrrrobert! Du musst noch geschmiedet werden auf dem Amboss der Einsamkeit und mit dem Hammer der Verzweiflung!« Robert und Leni zogen zu Bernd in die Cherokee Lane. So entstand eine Luxus-WG, die Leni wohl am besten beschreiben kann:
BERND MEMORIES oder:
Kein stiller Tag in der Cherokee Lane
Es war Halloween 1991, und wir waren zum ersten Mal bei Bernd zu Hause in Beverly Hills eingeladen. Ich kannte ihn nur sehr flüchtig, aber natürlich eilte ihm sein Ruf voraus: Mogul, Provokateur, Macho – und seit neuestem Roberts Boss. Wir fuhren vom Chateau Marmont auf dem Sunset nach Westen, vor dem Beverly Hills Hotel bogen wir ein in Richtung Hügel und hielten in der Cherokee Lane vor einem weißen Holztor, das sich gleich darauf öffnete. Die Auffahrt, fast so lang wie die Wege in der Reichskanzlei, endete vor einem sonnengelben Cape-Cod-Haus mit weißlackierten Fensterläden. Hundebellen. Nervös klammerte ich mich an mein Mitbringsel – ein kleiner weißer Stoffhase (was bringt man einem Mann mit, der scheinbar alles hat?). Die Haustür wurde geöffnet von einem jungen Mann, Brian, dem Fahrer, der, wie wir später herausfinden sollten, in Bernds Abwesenheit gerne wilde Partys feierte und sich ausgiebig mit der Pornosammlung beschäftigte. (Einer von Bernds Lieblingstiteln, The Great Dane, man kann sich vorstellen, um was es ging, war übrigens ein Teil des großzügigen Hochzeitsgeschenks an uns – aber das ist eine andere Story.) Ein aufgeregter Schäferhund-Welpe sprang nach draußen, beschnupperte uns neugierig mit seinem schwarzlackierten Schnüffel.
Ich hörte zuerst sein Lachen und seine tiefe Stimme, »Wodka sit!«, der Name des Welpen korrespondierend mit seinem damaligen Lieblingsgetränk (Santa Margherita Pinot Grigio wäre zu lang gewesen), bevor ich die großgewachsene, schlanke, braungebrannte Gestalt in schmalen Jeans, dunkelblauem Blazer, weißem
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