BE (German Edition)
Hemd, weißen Chuck Bucks – die ganze Bernd-Ikonographie auf einen Schlag – auf uns zukommen sah. Was sich nicht auf den Fotos mitteilte, war sein schüchterner Charme und seine Wärme – und sein Sinn für Spaß. Es hat sofort zwischen uns geklickt. Allerdings ahnte ich in diesem Moment noch nicht, dass wir mit Bernd in diesem Traumhaus für die nächsten dreieinhalb Jahre zusammen eine Art Luxuswohngemeinschaft – und permanentes Filmseminar – bilden würden.
Bernds Dinnerparties waren legendär, und es sprach sich schnell in der internationalen Film-Community herum, dass bei Bernd die Küche nicht um 9 Uhr zumachte, wie im Rest der Stadt, man rauchen und trinken konnte, so viel und so lange man wollte, und immer unterhaltsame Leute, vor allem diese »crazy Europeans«, dort zusammenkamen, die doch soooo anders waren als die schwer arbeitenden Hollywood Folks, die morgens um sechs wieder fit für ihren personal trainer sein mussten und um sieben das erste »Breakfast«-Meeting hatten. Bernd tat alles, um seine Reputation als rauchender, saufender Ladies-Man und Filmmogul aus Germany aufrechtzuerhalten bzw. noch auszubauen. Scheute dabei auch nicht vor extremen Maßnahmen zurück, den Verstand und Humor seiner Gäste zu testen. Einmal habe ich erlebt, wie Bernd, nachdem die Dinner-Konversation mit einem Studiohead und zwei sehr berühmten Anwälten von Michael Jackson auf Heidegger und Wittgenstein gekommen war (viel zu gespreizt intellektualistisch für Bernd, den Provokateur), die Aufmerksamkeit seiner Gäste abrupt umleiten konnte, indem er völlig aus der Luft gegriffen anfing, von dem guten alten bayerischen Brauch zu erzählen, an Sonntagen, wenn »man« mit seinem Porsche durch die Landschaft führe, doch gerne mal anhielt, »to fuck some sheep«. Den Männern in ihren maßgeschneiderten Anzügen und goldenen Manschettenknöpfen blieb tatsächlich für ein paar Sekunden der Mund offen, bis er sich zu einem nervösen Lachen verzog. Bernd hatte immer den größten Spaß dabei, neues Material wie die Tradition des Sheepfucking bei seinen ahnungslosen und prüden Zuhörern auszuprobieren.
Es wurde schon bald überall in der Stadt herumgetratscht, was für eine besondere Attraktion es war, bei Bernd zu Hause eingeladen zu werden. Bernd hatte lange die Angewohnheit, sich auf seine russische Verwandtschaft berufend (eine Schwarz-Weiß-Fotografie eines nach New York ausgewanderten Großonkels russischer Abstammung hing an der Wand des Eßzimmers), sein Glas zu heben, einen Toast auszugeben, niemals zwei – »never mix a toast« –, bei dem man sich gegenseitig immer tief in die Augen schauen musste – »otherwise you’ll have six years of bad sex and who wants that?« –, es zu exen und daraufhin voller anarchischer Lebensfreude auf dem Boden zu zerdeppern. (Das Parkett hielt immer nur eine gewisse Zeit und musste, besonders nach Oscar-Parties, üblicherweise neu verlegt werden.) Das Gläserschmeißen war aber nicht auf seine eigenen vier Wände begrenzt. Ein bekannter Agent von ICM war damals weniger amused, als er hilflos miterleben musste, wie Bernie ahnungslos sein wertvollstes, antikes Kristallglas in dessen Kamin versenkte. Wir haben Jahre später in unserem eigenen Haus Terracotta-Böden verlegt, nur damit Bernd in aller Ruhe Gläser schmeißen konnte – wobei zu dem Zeitpunkt diese Laune von ihm bereits wieder abgeflaut war.
Das Dinner selbst, zumeist Lachs oder »White Fish« gebacken im Ofen, mit Kartoffelpüree, wurde kredenzt von Trudy, einer maskulin anmutenden deutschen Mutti, die schon seit vierzig Jahren in Los Angeles lebte und bereits einen amerikanischen Akzent angenommen hatte, wenn sie mit ihrer tiefen Stimme deutsch sprach. Sie strahlte eine bedrohliche Gemütlichkeit aus, wenn sie langsam aus der anliegenden Küche geschlurft kam und die Platten auf den Tisch stellte. Sie liebte Schäferhunde, ganz besonders Wodka, war aber der Meinung, dass man ihnen schon frühzeitig neue Hüftgelenke verpassen musste, um die einzige Schwäche der ansonsten perfekten Rasse auszugleichen. You get the picture.
Das Haus in der Cherokee Lane war ein wenig wie unser privates Four Seasons Hotel eingerichtet. Bernd bewohnte oben die Master-Bedroom-Suite, in der wir auch morgens unser Workout praktizierten. Robert und ich wohnten daneben in der großen Gäste-Suite, im unteren Stockwerk waren weitere zwei Gästezimmer, die Küche, der Dining Room, Bernds Office und das große
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