BE (German Edition)
vielleicht viel besser auf kleiner Flamme gekocht, hätte geschrieben und Regie geführt. Aber das jetzt zu ändern?! Ich habe immer Leute verachtet, die nicht zu ihrem Job stehen konnten. Das Blöde aber ist, falls ich hier als Produzent Erfolg haben sollte, dann ist es für eine Umkehr wirklich zu spät. Aber jetzt alles wegzuschmeißen und Bruch zu machen, ist so unendlich unehrenhaft. Vielleicht kommt der richtige Stoff und der richtige Augenblick.
Heute Nacht kam mir in den Sinn, dass ich inzwischen keine Frau mehr kenne, an deren Seite ich mich jetzt wirklich entspannen könnte (im Schlaf). Das ist natürlich auch ein ziemliches Armutszeugnis und eher ein Abwärtstrend. Die Ungeduld ist eine schlimme Eigenschaft. Mache mir viel Sorgen, wie die Jungs in München mit allem klarkommen.
Samstag 7. Juli
(…)
Man versucht, mich zu überzeugen aus den »Nintendo«-Videospielen einen Film zu machen. Von diesen Spielen gibt es auch Comics. Habe diese heute gelesen. Selten so etwas Kindisches gesehen. Aber »Ninja Turtles« ist ein großer Erfolg – also wirklich, was man nicht alles überlegen muss. Aus blöden Videogames blöde Filme zu machen?
Angesichts der Tatsache, dass Bernd einige Jahre später die auf einem Videospiel basierende »Resident Evil«-Reihe ins Leben rief – eines der erfolgreichsten und am längsten währenden Action-Franchise der Kinogeschichte –, ist letzterer Tagebucheintrag besonders interessant. Mittlerweile gibt es schon den fünften »Resident Evil«-Film. Bernd hatte diese Filme als ein Produkt gesehen. Wirklich stolz war er darauf nur, als der erste »Resident Evil«-Film einem Testpublikum bestehend aus Hardcore-Fans des Videospiels vorgeführt wurde. Es waren allesamt ziemlich wüste Typen aus der Heavy-Metal-Szene. Hätte ihnen der Film nicht gefallen, hätten sie wahrscheinlich den Kinosaal auseinandergenommen. Aber diese Fans waren vom ersten Moment an begeistert. Bei den anwesenden Studio Executives konnte man, so Bernd, tatsächlich Dollar-Zeichen in den Augen leuchten sehen. In diesem Moment hatte die Verfilmung eines »blöden« Videogames einen Sinn ergeben – weil der Film sein Publikum mitgerissen und begeistert hatte. Und das wiederum begeisterte Bernd.
Donnerstag 12. Juli (1990)
Bin seit zwei Tagen schlecht drauf. Irgendwie arbeitet mein Kopf noch nicht schnell genug für hiesige (Hollywood) Verhältnisse. War dran »Nikita«-Remake-Rechte zu erwerben – zu spät. Liegt schon seit gestern bei Warner. »X-Men« wird wohl bei Carolco landen; zwei Sachen, an denen ich viel näher dran war als die Konkurrenz. Habe geschlafen resp. nicht aggressiv genug nachgehakt. Das Blöde ist, dass man an einem solchen Fall mal wieder sieht, wie gigantisch der Apparat der Majors ist: Das stärkt nicht gerade das Selbstbewusstsein.
Ich muss ein besseres Informationsnetz kriegen.
Was deprimierend ist, ist die Einsamkeit: Man muss hier ständig gegen das Gefühl der Panik ankämpfen.
War gestern Abend in einem Videoladen am Sunset: Tausende von Videokassetten. Kein einziger meiner Filme (wie schon?), aber ich war aus merkwürdigen Erwägungen wieder einmal tief verunsichert.
(…)
Am Montag war Paul Verhoeven hier zum Dinner. »Total Recall« hat gerade über 100 Millionen Dollar eingespielt. Er ist obenauf.
Am Dienstag war Roland Emmerich zum Dinner: Er soll den neuen Sylvester-Stallone-Film machen. Wir reden über das »Hollywood System«. Er ist ein netter Junge, der im betrunkenen Zustand dauernd sagt: »Jetzt hör’ mal zu.«
Kurzer Einschub zu Roland Emmerich: Bernd hatte 1984 dessen Hochschulabschlussfilm »Das Arche Noah Prinzip« mitfinanziert und ihm geholfen, das Projekt auf den Weg zu bringen. Der Umfang dieser Produktion war enorm. Bernd konnte damals nicht anders als vor den »iron balls« dieses Nachwuchsregisseurs seinen Hut zu ziehen. Ähnlich wie Wolfgang Petersen bei »Das Boot« wusste er, dass dieser Film seine Chance war, es allen zu zeigen, und gab deswegen ohne Rücksicht auf Verluste das Geld aus. So unangenehm ihm diese Rücksichtslosigkeit auch als Produzent beziehungsweise Finanzier war, wenn sie mit Vision und Talent gepaart war, hatte Bernd dafür tiefen Respekt und Bewunderung. Er konnte diese Rücksichtslosigkeit nachvollziehen.
Freitag 13. Juli 1990
Gestern Abend habe ich in einem Anfall von »das lasse ich mir nicht gefallen« beschlossen, wegen »Wolverine« nachzuhaken.
Heute Morgen um 6 : 30
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