BE (German Edition)

haben Scott und ich eine Stunde versucht, den Manager von Marvel Comics breitzutreten. Meine Offerte war 1,7 Millionen Dollar aufwärts. Als er darauf nicht abgefahren ist, habe ich die Lust verloren.
  Aber jetzt ist wenigstens mein Kampfgeist besänftigt. Soll er doch hingehen, wo der Pfeffer wächst. It’s called next!
     
    Montag 16. Juli 1990
Nach einem aufregenden Wochenende (Giorgio Moroders Hochzeit) und einem turbulenten Tag, der aber produktiv war – jetzt plötzlich mitten in der Nacht kommen die Dämonen. Ich hätte es voraussehen können, weil ich nicht richtig müde wurde. Wie immer verwirren sich die Gedanken ganz langsam, werden grüblerisch, der Geist kommt nicht zur Ruhe und dann – fallen sie über einen her. Die Dämonen des Selbstzweifels, der bodenlosen Angst, alles falsch zu machen (die Angst ist ja nicht »schleichend«, wie man sagt, sondern wie ein Faustschlag in den Magen mit voller Wucht). Dann beginne ich zu schwitzen, und meine Seele verwirrt sich, und ich denke in einen Höllenabgrund von Zerrissenheit zu stürzen. Es ist so, als würde man in einem Säurebad aus Ohnmacht und Verzweiflung aufgelöst werden. Alles nimmt überdimensionale Formen an: die Probleme der Firmenführung aus 10 000 km Entfernung – das Gefühl, dass einem alles entgleitet (z. B. dass Edwin Leicht wieder seine Kompetenzen überschreitet und nicht auf mich hört). Die finanziellen Schwierigkeiten und natürlich die existenziellen: Man ist am falschen Ort zur falschen Zeit, das Leben rauscht vorbei.
     
    Mittwoch 25. Juli
Immer wenn ich Randy Newman höre, wie jetzt, muss ich an das Leben und an Familie denken. Randy Newman ist wie ein Bruder, und ich fühle mich total eins mit ihm, seiner Haltung zum Leben, die sich in seiner Musik (und den Texten) so deutlich äußert. Es ist, als hätte ich selbst diese Musik geschrieben und ich schwöre, ich hätte sie genauso geschrieben, wenn ich das Talent dazu hätte. (…) Ich mag auch Randy Newmans Bekenntnis und seinen »Mut« zur hemmungslosen Sentimentalität (eine Sentimentalität bis zum Kotzen) und seine Selbstironie darüber und die Knallhärte, mit der er den Dingen völlig selbstverständlich auf den tiefsten Grund geht. (…)
     
    Mittwoch 8. August
Was ich eigentlich sagen wollte – das Beste, was ich jemals zustande gebracht habe, ist meine Tochter. (…) Sie ist furchtlos, charmant, witzig, phantasievoll und intelligent. Es scheint, dass sie die schlimme Melancholie und den Hang zur Verzweiflung nicht hat. Laut Berichten hatte ich schon als Kind diese Melancholieanfälle, von denen ich heute weiß, dass sie mit Todessehnsucht zu tun haben. Obwohl das nicht dauernd vordergründig ist, kommt daher die Zerrissenheit in meinem Leben. Auch dass es keiner mit mir aushält (auch ich selber). (…)
     
    Nach einem München-Aufenthalt kommt Bernd am 8. Oktober 1990 zu folgendem Fazit:
     
    Solange ich die Firma habe, muss ich Erfolg haben. Ich glaube, diese Wochen habe ich zum ersten Mal den Gedanken wirklich gedacht, die Firma zu verkaufen und ganz neu anzufangen.
     
    Während dieser Zeit gründete Bernd gemeinsam mit dem israelischen Produzenten Arnon Milchan (»Pretty Woman«, »L. A. Confidential«) und dem ungarischen Produzenten Andy Vajna (»Rambo«, »Basic Instinct«, »Stirb Langsam«) »The Summit Group«, eine internationale Vertriebsfirma. Auch Harvey Weinstein, damals noch Besitzer von Miramax, und US-Produzent Joel Silver, der später die »Matrix«-Trilogie verfilmen sollte, überlegten sich, ihre Filme über Summit zu verkaufen, stiegen aber wieder aus den Verhandlungen aus. Das Unternehmen war anfangs ausschließlich dazu gedacht, Filmrechte in internationalen Territorien zu verkaufen. Auf Drängen von Bernd wurde der Franzose Patrick Wachsberger zum Manager ernannt. Patrick Wachsberger und seine Frau Maggie sind ohne Zweifel zwei der freundlichsten und liebenswertesten Leute in Hollywood. Oder wie es ein leitender Variety -Redakteur einmal mir gegenüber ausdrückte: »Genauso wie alle Leute Harvey Weinstein hassen, lieben alle Patrick Wachsberger.«
    Es ist absolut erstaunlich, dass Hollywood den beiden nichts anzuhaben scheint. Sie sind tatsächlich Menschen geblieben, anstatt wie der Rest zu unzufriedenen, paranoiden Botox-Monstern zu mutieren. Aber damals, als Bernd, Arnon Milchan und Andy Vajna Summit gründeten, war Patrick noch nicht der erfolgreiche Multimillionär, der er heute ist. Er kam aus Paris. Sein erster Job war es, der