BE (German Edition)
Die Fronten wurden gleich von Anfang an klargestellt.
Martin Moszkowicz hatte derweil mit Winona Ryder alle Hände voll zu tun: »Winona kam gerade aus einer ziemlich heftigen Beziehung mit Johnny Depp und war extrem schlecht drauf. Sie war überzeugt, dass es sich bei Portugal um eine Diktatur handelte und hatte sowieso riesige Angst, überhaupt das Land zu betreten. Wir mussten ihr dann Suppe von Greenblatt’s Delicatessen am Sunset Boulevard aus Los Angeles einfliegen lassen, um sie bei Laune zu halten.«
Auch Bille August musste am ersten Drehtag an zwei Fronten kämpfen, denn er hatte es mit zwei der größten Schauspielerinnen Hollywoods zu tun: Meryl Streep und Glenn Close. Bernd erklärte mir, dass erfahrene Schauspieler zu Drehbeginn den Regisseur immer gern austesten. Bille August bestand seinen Test. Der Trick, den er anwandte, war, sofort jede Probe mit zu drehen. Die Hollywoodstars waren es gewohnt, jede Aufnahme mindestens zwanzig Mal zu wiederholen. Doch Bille August drehte jede Einstellung nur ein Mal, dann hieß es »Danke, nächste bitte!« Die Schauspieler waren in Schockstarre. Nach der ersten Woche meuterten sie. Die Schauspielerinnen machten sich Sorgen, weil der Kameramann Jörgen Persson hauptsächlich mit natürlichem Licht arbeitete. Was sollte das werden? Europäischer Spülsteinrealismus, der sie zehn Jahre älter aussehen ließ? Sie wollten ordentlich ausgeleuchtet werden! Bernd, der ihre Sorgen verstand – das Gesicht einer Schauspielerin ist schließlich ihr Kapital –, veranstaltete also eine Vorführung im Ort. Alle kamen sie. Meryl Streep, Glenn Close, Jeremy Irons … Es gab kein richtiges Kino, sondern nur eine weiß getünchte Friedhofsmauer und einen Projektor, dessen Linse zerbrochen war. Was zur Folge hatte, dass die gezeigten Szenen nicht hundertprozentig scharf zu sehen waren. Nach der Vorführung ging das Licht wieder an. Die Schauspieler standen wortlos auf und gingen zurück zu ihren Unterkünften. Bernd sah Martin Moszkowicz an und sagte: »Pass auf, in genau fünfzehn Minuten werden die Telefone heiß klingeln.« Bernd und Martin setzten sich ins Produktionsbüro an den Tisch und warteten.
Nach genau fünfzehn Minuten passierte genau das, was Bernd prophezeit hatte: Alle Telefone begannen zu klingeln. Die Schauspieler hatten ihre Hollywoodagenten alarmiert. Was diese Europäer hier in Portugal betrieben, sei reiner Dilettantismus! Sie wollten raus aus den Verträgen! Sie würden sofort abreisen! Eine ganze Agentenarmee hetzte auf Bernd und Martin los. Die Anrufe wollten nicht aufhören. Was zur Folge hatte, dass das gesamte Telefonsystem des Ortes zusammenbrach. Damit ihm sein Film nicht auch noch zusammenbrach, stoppte Bernd die Dreharbeiten und mietete eine Flotte Hubschrauber. Diese brachte die Schauspieler nach Lissabon, wo nun eine Vorführung in einem richtigen Kino veranstaltet wurde. Bevor Bernd jedoch die Schauspieler in die Vorführung ließ, wollte er sich die Szenen erst einmal alleine anschauen und sich vergewissern, dass sowohl die Vorführung als auch die gedrehten Szenen in Ordnung und scharf waren. Er saß alleine im Kino, und die ersten Szenen vom »Geisterhaus« flackerten über die Leinwand. Bernd traf der Schlag. Die Szenen waren tatsächlich unscharf! Adrenalin durchflutete seinen Körper. Es wurde ihm erst kalt, dann ganz heiß. Er begann zu schwitzen. Was nun? Die Constantin existierte nur noch auf Pump. Er war so gut wie bankrott. Alles hing an diesem Film! Bedeutete dies sein Ende? Plötzlich erinnerte sich Bernd, der immer leicht kurzsichtig war: »Ich hatte vergessen, meine Brille aufzusetzen! Die Vorstellung war unscharf, weil ich keine Brille aufhatte!«
In Lissabon bestätigte sich: Alles war scharf und schön ausgeleuchtet. Die Vorführung der Szenen beruhigte die Schauspieler und beendete die Meuterei. Von nun an waren alle Darsteller lammfromm. Probleme gab es nur noch mit Winona Ryder, die immer noch sehr unter dem Ende ihrer Beziehung litt. Bernd beschrieb Winona Ryder als ein absolutes Phänomen. Unfassbar schön. Weil es ihr aber emotional so schlechtging, so Bernd, habe man sie quasi ans Set tragen müssen. »Es war unglaublich«, erinnerte er sich. »Sie kam vollkommen fertig an, du dachtest, das wird nie im Leben was. Und dann auf einmal rollte die Kamera, und es ist, als ob jemand das Licht in ihr anknipst. Dann hat sie auf einmal geleuchtet, war ganz klar und präsent. Ich habe meinen Augen nicht getraut!«
Schließlich
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