BE (German Edition)
Tatsache machte er kein Hehl, was später zu einer großen Schlagzeile in der Münchener Abendzeitung führte. Bernd Eichinger, ein bekennender Puffgänger, in München damals immer noch ein Skandal. Bernd vermerkte in seinem Tagebuch, dass seine Tochter Nina dies mit Fassung trug. Die Schulhofsprüche, die Nina aushalten musste, kann man sich vorstellen. Als Bernd irgendwann merkte, dass die Geliebte, die er in Los Angeles hatte, Tacheles reden und ihn heiraten wollte, machte er mit ihr Schluss. Was dazu führte, dass die Geliebte zwar das Haus verließ, dann aber – als sie draußen stand – einen solchen Wutanfall bekam, dass sie durch die Hundetür zurück ins Haus kroch und plötzlich vor Bernds Schlafzimmertür stand. Keine schöne Szene. Bernd sehnte sich nach einer seriösen Frau.
Anfang Januar 1993 fand er sie. Es kam zu einem Abendessen mit Katja Flint, die er vier Jahre zuvor zufällig auf der MS Europa kennengelernt hatte. Damals war sie noch mit ihrem Exmann Heiner Lauterbach zusammen gewesen, mit dem Bernd auf dem Schiff wilde Trinkgelage feierte. Auf dem Schiff war sie ihm nicht besonders aufgefallen. Aber sie war ja auch mit seinem Freund verheiratet gewesen. Nun war sie nicht mehr mit Heiner Lauterbach zusammen. Plötzlich ging Bernd ein Licht auf: Diese Frau war besonders! Es knisterte gewaltig. Einige Tage später, am 14. Januar beim Deutschen Filmball in München, sollte dieses Knistern konkretere Formen annehmen. Bernd hatte seine neue Beziehung gefunden.
»Das Geisterhaus« war Bernds Rückfahrticket aus Hollywood. Das Projekt war über Bernds Anwalt Barry Hirsch zu ihm getragen worden. Die Rechte lagen bei Warner Bros., aber dort dümpelte das Projekt ohne echtes Fahrwasser vor sich hin. Bille August, zu diesem Zeitpunkt der einzige Regisseur der Welt, der schon zwei Mal die Palme d’Or in Cannes gewonnen hatte, war von Anfang an als Regisseur dabei. Als Barry dann zu Bernd meinte: »Wäre das nicht was für dich?«, war er zwar skeptisch, aber interessiert. Bille August wollte nicht in Südamerika, sondern in Portugal drehen. Also sagte Bernd Martin Moszkowicz, der damals einen Produzentenrahmenvertrag mit der Constantin Film hatte: »Martin, da kommen jetzt so ein paar Skandinavier, die wollen in Portugal einen Film machen. Fahr mit denen mal mit und schau dir das an.«
Bernd hatte Martin Moszkowicz, der mittlerweile die Constantin Film leitet, zur Constantin geholt, nachdem dieser als unabhängiger Produzent »Die Venusfalle« mit Sonja Kirchberger in der Hauptrolle produziert und dabei selbst in die Falle gegangen war. Nicht nur dass der Film das Budget überschritten hatte, sondern der Verleiher bezahlte Martin auch nicht, als der Film ein Kinoerfolg wurde. Bernd traf Martin eines Abends im Schumann’s – es war kurz vor Weihnachten 1989 –, als dieser mächtig deprimiert aus der Wäsche guckte, weil er am nächsten Tag Konkurs anmelden sollte. Bernd versprach zu helfen und tat dies auch. Er besorgte Martin einen Millionenkredit, für den die Constantin bürgte, half ihm gegen den Verleiher zu prozessieren, gab Martin einen Produzentenvertrag, und Martin stotterte langsam aber sicher seinen Kredit ab.
Martin fuhr also mit auf Motivsuche nach Portugal. »Ich kann mich eigentlich an gar nichts mehr erinnern, außer dass wir eines Abends die Minibars aus allen Zimmern leer getrunken hatten und auf allen Betten betrunkene Skandinavier lagen.« Die Deutschen und die Skandinavier verstanden sich auf Anhieb prächtig. »Das war eine gute Truppe. Und Bille August in seinem bürgerlichen Wahnsinn hat dem Bernd einfach sehr viel Spaß gemacht. Der hatte dieses Jungenhafte, fast Naive, und war so völlig unkompliziert. Das war was, was wir so gar nicht kannten, denn wir kamen aus einem Land, wo die Regisseure immer alles kompliziert gemacht haben. Und das war bei denen völlig anders. Bille meinte immer: ›It’s no problem, no problem.‹ Und so hat er auch seine Filme gedreht. Mit einer völligen Nonchalance eben.« Nach einigen eher schwierigen Verhandlungen mit Warner Bros. besorgte Bernd sich schließlich die Rechte. »Das Geisterhaus« sollte der nächste »Der Name der Rose« werden.
Das Casting war eine schmerzhafte Erfahrung. Bernds L. A.-Tagebuch strotzt nur so von Verzweiflungsattacken, wenn wieder einmal ein Star für die weibliche Hauptrolle absagte. Michelle Pfeiffer, Julia Roberts, Annette Benning – mit allen wurden Verhandlungen geführt, und alle sagten ab.
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