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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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war der Film abgedreht. Doch noch war der Kampf um »Das Geisterhaus« nicht vorbei. Der US-Verleiher Harvey Weinstein von Miramax machte seinem schlechten Ruf alle Ehre. Nachdem Weinstein den Film im Juni 1993 gesichtet hatte, rief er Bernd an und teilte ihm mit, der Film sei seiner Ansicht nach »unspielbar« in den USA. Er wollte ihn Bernd zurückgeben. Für Bernd, der sowieso kurz vor dem Bankrott stand und mit dem vielen geliehenen Geld wieder mal einen Hochseilakt vollbrachte, ein Schlag in die Magengrube. »Das Geisterhaus« war zu dieser Zeit der einzige Trumpf, den er noch im Ärmel hatte. Da wirkte Weinsteins Fazit, der Film sei »unspielbar« wie ein Todesurteil. Nach außen hin blieb Bernd cool und rief seinen Anwalt Barry Hirsch an. Dieser prüfte den Vertrag. Laut Barry war der Vertrag eindeutig. Miramax musste zahlen. Die Geheimwaffe »Barry Hirsch« wirkte wieder einmal. Barry zog ins Gefecht gegen Harvey und – es ist kaum zu glauben, aber wahr – machte den dicken Harvey platt. Miramax musste den Film in den USA in die Kinos bringen, und vor allem musste Miramax zahlen. Trotzdem, der Stachel des Zweifels blieb sitzen. »Unspielbar«!? Hatte Harvey vielleicht doch recht? Lauerte hinter der Premiere der Abgrund?
    Die deutsche Premiere von »Das Geisterhaus« wurde entgegen Bernds Ängsten ein großer Erfolg. Zum ersten Mal regnete es gute Kritiken für Bernd. Fast schon erstaunt vermerkte er in seinem Tagebuch, dass man den Film mit »Doktor Schiwago« und »Vom Winde verweht« vergleichen würde. Nachdem »Das Geisterhaus« auch in Schweden und Holland gut lief und der Film im Dezember in Deutschland die Grenze von drei Millionen Zuschauern überschritten hatte, schrieb Bernd etwas lakonisch: »Der Erfolg ist groß genug, um weiterzumachen.« Fürs Erste war die Constantin Film gerettet und auch der Partner Leo Kirch zufriedengestellt.
    Ein wirklich schönes Happy End zum »Geisterhaus« erlebte Bernd im Juni 2006 in London. Wir waren im Restaurant »The Ivy« zum Abendessen. Ich ging auf die Toilette und wusch mir die Hände. Als ich in den Spiegel blickte, sah ich, dass es sich bei der Frau, die sich neben mir die Hände wusch, um Meryl Streep handelte. Ich traute mich nicht, sie anzusprechen. Aber ich erzählte Bernd, dass Meryl Streep auch im Lokal speiste. Er hatte sie seit 1993 nicht mehr gesehen. Dann sahen wir sie etwa fünfzehn Meter von uns entfernt an einem Tisch sitzen. Bernd, der immer eine große Scheu vor Filmstars und Schauspielern hatte, sah sorgenvoll zu ihr hinüber. Sollte er es wagen? Wahrscheinlich würde sie sich gar nicht mehr an ihn erinnern. Das würde dann ganz schrecklich peinlich werden. Schließlich fasste er sich ein Herz. Er stand auf und bedeutete mir mitzukommen, wenn er Meryl Streep seine Aufwartung machte. Als er sich dem Tisch näherte, stürzten sofort drei Ober auf ihn zu, um den deutschen Riesen – Bernd war fast zwei Köpfe größer als sie – davon abzuhalten, den Hollywoodstar zu belästigen. In ihren Gesichtern stand geschrieben: typisch deutsch, sich so danebenzubenehmen! In einem Lokal wie »The Ivy« gehört es sich nicht, einen Star anzusprechen! Gerade als der Ober Bernd an den Armen mit einem »No, Sir … sorry Sir, NO!« zurückdrängen wollte und das Ganze in einem Debakel zu enden drohte, blickte Meryl Streep nach oben und rief laut: »BERNIE!!« Sie sprang auf und umarmte Bernd, den ich selten so erleichtert gesehen habe. »Erst letzte Woche habe ich an dich gedacht! Ich fuhr den Sunset Boulevard entlang, und da war ein Fahrer neben mir, der ganz wild aufs Gaspedal getreten ist … so wuuuuhm, wuuuuhm … und da musste ich so an dich denken, Bernie!«, lachte Meryl Streep. Bernd war absolut fassungslos, dass Meryl Streep sich an ihn erinnerte und wurde ganz verlegen. Er freute sich wie ein König.

Der lange Weg nach Hause
    EI n Leben, das von unerreichbaren Idealen dominiert wird – sei es nun absolute Ehrlichkeit, absolutes Wissen, perfektes Glück, absoluter Erfolg –, ist ein Leben, das als ständiges Versagen empfunden wird. Das Absolute gibt es im Leben eben nur im Tod. Wir können Momente der Perfektion schaffen, aber sie sind flüchtig. So sehe ich die Sache jedenfalls. Bernd war da anderer Meinung. Für ihn lag Perfektion im Bereich des Möglichen. Seinen Filmen unterlag immer der Wille zur perfekten Illusion. Auch nach Hollywood war er gezogen, nicht nur weil er in München keine Zukunft für sich mehr sah, sondern weil er

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