BE (German Edition)
es eine wichtige dramaturgische Veränderung, die Bernd beigesteuert hat?
MBH: Bernd meinte, der Film müsse sofort losgehen. Also, dass ich den Leuten sofort einen Lacher am Anfang geben sollte, um sie zu packen. Durch diese Anregung ist mir eines Morgens die Sache mit der Blutsbrüderschaft gleich zu Beginn eingefallen. Durch das Test-Screening wussten wir auch, dass die Songs gut ankommen. Also kam zusätzlich noch die Lebkuchenherz-Szene in den Film. Außerdem fand er die Achterbahnfahrt am Ende gut, die ich ihm noch vorgeschlagen hatte. Nur war Bernd ganz besessen davon, dass bei der Achterbahnfahrt einer kotzen sollte. Über diese Idee konnte er sich tierisch amüsieren. Aber ich meinte »Nee, Bernd, ich glaub, das ist ein anderer Film …«. Aber er hat mich noch drei oder vier Mal gefragt, ob ich Winnetouch nicht doch noch kotzen lassen möchte. »Jetzt komm! Lass ihn halt kotzen!«, meinte er immer wieder. Bis ich dann irgendwann gesagt hab: »Bernd, hör auf jetzt!« Aber das Tolle war, dass er eben nicht darauf bestanden hat. Er fand die Idee einfach nur irrsinnig lustig.
»Der Schuh des Manitu« wurde ein unfassbarer Erfolg. Insgesamt 11,7 Millionen Zuschauer. Der erfolgreichste deutschsprachige Film aller Zeiten. Bei der Constantin Film konnte man lange Zeit kaum eine Menschenseele erreichen, weil die Belegschaft ständig auf einer »noch ’ne Million Zuschauer«-Party war.
Das Erstaunliche am Erfolg des »Schuh des Manitu« war, dass der Film in der Presse so gut wie nicht vorkam. »Der Schuh des Manitu« war unter dem Radar der Kritiker geflogen. Der Film funktionierte allein durch den Trailer und Mund-zu-Mund-Propaganda. Noch viel erstaunlicher an dieser Erfolgsgeschichte ist allerdings die Tatsache, dass der Film von der deutschen Filmförderungsanstalt abgelehnt worden war. Kaum eine andere Geschichte hat Bernd so viel Genugtuung verschafft wie die Erinnerung an einen Brief von der FFA, der Filmförderungsanstalt des Bundes. In diesem Brief erklärte die FFA, dass man »Der Schuh des Manitu« leider nicht fördern könne, weil das Drehbuch a) nicht witzig sei, b) das Projekt auf Filmen basiere, die heute keiner mehr kenne und c) die FFA nur Filme fördern könne, die ein wirtschaftliches Potenzial versprächen. Bernd erhielt irgendwann einen Anruf von der FFA, er solle es doch bitte nicht an die große Glocke hängen, dass man »Der Schuh des Manitu« abgelehnt habe. Bernd hielt sich daran und erwähnte dieses Schreiben nie gegenüber einem Journalisten. Aber erzählt hat er die Geschichte trotzdem gerne und sich dabei jedes Mal diebisch gefreut. Stille Genugtuung ist eben der beste Nachtisch, den es gibt.
Zu sagen, dass Bernd Bully Herbig sehr geschätzt hat, wäre eine Untertreibung. Bernd hielt Bully für ein Ausnahmetalent und war überzeugt, dass er zu allem fähig sei. Dies schrieb Bernd ihm auch in einem Brief, als er zum ersten Mal »Lissi und der wilde Kaiser« gesehen hatte. Ich war dabei, als er den Brief schrieb und mir war bewusst, mit wie viel Respekt und Bewunderung Bernd seine Worte wählte. Während dieser Zeit lernte auch ich Bully persönlich kennen, denn er kam zu uns nach Hause, um mit Bernd über das Drehbuch »Wickie und die starken Männer« zu reden. Für Bernd war es immer eine gewisse Ehre, von Filmemachern um Rat gefragt zu werden, ohne selbst eine Verbindung zu dem jeweiligen Film zu haben, und ganz besonders war dies bei Bully der Fall. Nicht jeder hat sich das getraut. Viele Filmemacher hatten auch Angst, dass ihnen Bernds Meinung die eigene Sicht auf ihr Projekt rauben könnte. Sie hatten Angst vor seiner Autorität und seinem Erfolg und stellten Bernd in die Ecke des Übervaters. Viele Menschen haben ihr eigenes Vaterthema an Bernd aufgearbeitet, doch eigentlich wollte Bernd ja nie der Vater, sondern immer nur der große Bruder sein. Was ihn so glücklich an seinem Verhältnis zu Bully Herbig gemacht hat, war die Tatsache, dass Bully stark und selbstbewusst genug war, um dies auch zuzulassen.
Geld stinkt nicht
DA ss Patrick Süskind an einem Roman arbeitete, hatte lange Zeit niemand gewusst. Als Freund und Schreibpartner Helmut Dietls war er Teil der Gruppe von Leuten gewesen, die in den Achtzigern regelmäßig ihre Abende im Romagna Antica verbrachten. Er sei in die Schwester von Jane Seitz verliebt gewesen, so Bernd, die rote Haare gehabt habe. Außerdem hatte er mit »Der Kontrabass« (1981) ein Ein-Mann-Theaterstück geschrieben, für das sich Bernd
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