BE (German Edition)
der US-Firma Artisan eingehen.) Als Antwort auf Kirchs Weihnachtsgruß hatte Bernd im Januar 2000 sogar an Leo Kirch geschrieben: »Was ich allerdings sehr bedauere, ist, dass der direkte Kontakt und der Gedankenaustausch zwischen uns, im Unterschied zu früher, seit geraumer Zeit nicht mehr stattfindet. (…) Du glaubst, so schreibst Du, ich hätte mich in vieles verrannt und würde viele Dinge falsch beurteilen. Das mag ja so sein. Aber habe ich mich je einem Gespräch darüber entzogen? (…) Es mag hart klingen, aber es hilft der Sache nicht, wenn Du mir dabei eine Vielzahl von Adjutanten ins Haus schickst, die statt Klarheit Verwirrung stiften.« In anderen Worten: Kommunikation war ein großes Problem. So auch im Oktober 2000. Bernd schickte den Brief, in dem er Leo Kirch um seine Meinung zu dem Erwerb der Filmrechte zu »Das Parfum« bat, nicht ab.
Im Aufsichtsrat gab es also eine »Balance of Power« zwischen Leo Kirch und Bernd. Das Zünglein an der Waage war der neue Aufsichtsratsvorsitzende Fred Kogel, ein Kandidat, auf den sich sowohl Bernd als auch Kirch geeinigt hatten. Bernd hatte Fred Kogel vor langer Zeit einmal zur Constantin geholt, als er den damaligen Radiomoderator in seiner Sendung mit Thomas Gottschalk im Radio gehört hatte. Seitdem hatte Kogel eine steile Karriere in der deutschen Fernsehlandschaft hingelegt, war vom ZDF-Unterhaltungschef zum SAT1-Chef aufgestiegen. Als SAT1-Chef hatte Kogel einen umfassenden Rahmenvertrag mit der Constantin über die Fernsehrechte der Constantin-Filme abgeschlossen, die dem Unternehmen einen gewissen Grad an finanzieller Stabilität gaben. Kirch, der sich in erster Linie als Händler von Fernsehrechten sah und kein Problem damit hatte, die Constantin auszubluten, solange er die Fernsehrechte billig bekam, hatte diesen Vertrag zähneknirschend abgenickt. Kurzum: Bernd betrachtete Kogel nicht nur als einen Freund, sondern als einen Geschäftspartner, der auf seiner Seite stand und dem er vertrauen konnte.
Innerhalb des Aufsichtsrats war Fred Kogel also die entscheidende Stimme. Doch was sollte Kogel tun? Sein Arbeitgeber hieß Leo Kirch. Zu sagen, Leo Kirch war dagegen, dass Bernd »Das Parfum« verfilmte, wäre eine der größten Untertreibungen der deutschen Filmgeschichte. Genauso wie Bernd entschlossen war, »Das Parfum« zu verfilmen, war Leo Kirch besessen davon, dass Bernd dies nicht tun sollte. Der Grund für Kirchs entschiedene Ablehnung war immer ein Rätsel, über dessen Lösung man nur Vermutungen anstellen kann. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Kirch sich nur einmal inhaltlich in Bernds Geschäfte eingemischt. Bernd, ein überzeugter Atomkraftgegner, Unterstützer des Umweltschutzes und langjähriger Wähler der Grünen, hatte die Entstehungsgeschichte von Greenpeace verfilmen wollen. Ein Projekt mit dem Titel »Rainbow Warrior«, nach dem legendären Schiff, mit dem die Greenpeace-Gründer den Walfang bekämpften. Der konservative Kirch hatte dieses Projekt unterbunden. Aber ansonsten hatte er sich nicht in die Auswahl der Filmprojekte der Constantin eingemischt. Dies änderte sich nun radikal. Kirch machte die Bekämpfung dieses Filmprojekts zur Chefsache, was dazu führte, dass Fred Kogel – zu Bernds großer Enttäuschung – im Aufsichtsrat gegen »Das Parfum« stimmte. Kurzum: Der Aufsichtsrat der Constantin Film lehnte den Erwerb der Rechte ab. Der Schlamassel war perfekt.
Die Entstehungsgeschichte von »Das Parfum« ist auch eine Geschichte von nicht ausgesprochenen Emotionen von Männern in Konferenzräumen. Dabei war Leo Kirchs kategorische Ablehnung des Projekts so nebulös, wie sie zerstörerisch war. Eine mutmaßliche Erklärung für Kirchs Verhalten ist die, dass Kirch eng mit Horst Wendlandt befreundet war – Bernds altem Rivalen und Produzent der »Otto«- wie der »Winnetou«-Filme. Wendlandt wollte unbedingt »Das Parfum« verfilmen. Möglicherweise war Kirchs Verhalten ein Freundschaftsdienst. Jedenfalls war einer der wenigen Ratschläge, die Leo Kirch Bernhard Burgener mit auf den Weg gab, als dieser Kirchs Anteile bei der Constantin Film übernahm, ja aufzupassen, dass »der Eichinger« auf gar keinen Fall »Das Parfum« verfilmen durfte. Und Burgener, Präsident des Medienkonzerns Highlight und ein gewiefter Geschäftsmann, der aber neu im Filmgeschäft war, hielt sich an den Rat. Dies hatte zur Folge, dass Bernd Bernhard Burgener zunächst als Kirchs Strohmann sah und die Highlight als Trojaner des angeschlagenen
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