BE (German Edition)
Das war alles nur Attitüde. Also möglichst cool im »Kleinen Bungalow« stehen und die Jukebox bedienen und gut im Flippern sein. Ansonsten war alles Attitüde. Also, ich hab auch Filmkritik in der Süddeutschen geschrieben – in dem Sinne habe ich auch was gemacht … war jetzt nicht NUR alles Attitüde. Aber unsere Kurzfilme hat ja kein Mensch gesehen. Böse Zungen haben immer behauptet, Heinz Badewitz hätte das Filmfestival in Hof [die Internationalen Hofer Filmtage] überhaupt nur gegründet, damit wir unsere Filme irgendwo zeigen konnten.
Wie war euer Verhältnis zu den USA?
WW: Gespalten. Politisch natürlich sehr kritisch. Kulturell, durch das amerikanische Kino und die Musik, komplett unterwandert. Später gab’s ja den Satz: Die Amis haben unser Unterbewusstsein kolonialisiert. Also, politisch mit auf die Straße gegangen und kulturell die amerikanischen Filme bewundert. Und zwar nicht nur das kommerzielle Kino. Denn während unserer Studienzeit war der sogenannte Underground unter anderen von Warhol, also experimentale Filme aus Amerika, sehr präsent.
Bernd hat oft davon erzählt, dass man Warhol damals immer wieder in München zu sehen bekommen hat. Also, dass man nicht das Gefühl hatte, in München im kulturellen Abseits zu stehen.
WW: Ja, Warhol ist in Schwabing herumgestrolcht. Er hat immer im Arabella Hochhaus gewohnt. Das weiß ich, denn da hatte ich zu der Zeit ein Apartment. Das billigste kleinste Apartment, was sie hatten. Da habe ich ein Jahr lang drin gewohnt. Dort habe ich Warhol ein paar Mal im Aufzug getroffen. Ich hatte ihn vorher mal in New York kennengelernt, deswegen kannten wir uns entfernt. Hat immer freundlich gegrüßt und wusste auch, wer ich war. Er wollte auch immer mitspielen. Später dann war es vorgesehen, dass er in »Der Amerikanische Freund« (1977) mitspielt. Wir hatten uns deswegen geschrieben. Warhol war zu der Zeit in Paris. Aber dann musste er am Tag vorher aus irgendeinem dringenden Grund nach New York abreisen. Aber sonst wäre er in »Der Amerikanische Freund«. Aber abgesehen davon und vor den Begegnungen im Fahrstuhl vom Arabella Hotel … mit dem konnte man ja gar nicht reden. Der war von einer Aura umgeben, dass wenn er den Fahrstuhl betrat, alle Leute im Aufzug sofort still waren. Ich kenne nur zwei Leute, die so eine Aura hatten, dass alle Welt sofort den Mund gehalten hat. Das waren Bob Dylan und Andy Warhol. Bei Bob Dylan … der kommt zum Raum rein, und keiner sagt mehr was. Es redet ja auch niemand mit dem. Auch mit Andy Warhol hat niemand geredet. Ihn im Aufzug anzusprechen, dass man sich zunickt und »Hallo« sagt – denn man kennt sich ja ein bisschen –, da musste man schon richtig Luft holen. Denn das war eine ganz merkwürdig beeindruckende Figur, die die meisten Leute fürchterlich eingeschüchtert hat. Wahrscheinlich hatte er sich mit dieser Aura auch zu seinem Selbstschutz umgeben und hat ganz bewusst die Leute nicht angeschaut. Denn kaum hätte er sie angeguckt, hätten sie ihn wahrscheinlich angesprochen.
Es gab ja später auch Leute, die Bernd als unnahbar empfunden und sich nicht getraut haben, ihn anzusprechen. Bernd war auch sehr schüchtern und hatte manchmal eine echte Panik davor, von Fremden angesprochen zu werden.
WW: Aber Bernd hat einem immer in die Augen geguckt! Und auch wenn Bernd vor anderen Menschen Angst hatte, hatte er ja auch ein Strahlen, wo man es schwer hatte, ihm zu widerstehen. Wahrscheinlich war dieses Strahlen auch seine Art und Weise, sich seiner eigenen Angst zu entziehen.
Bernd wurde in seinen ersten Regieübungen von einem jungen Regisseur unterrichtet, der kaum älter war als er selbst: Reinhard Hauff. Dieser hatte selbst keine großen Erfahrungen im Filmemachen, sondern arbeitete als Unterhaltungsregisseur bei den Bavaria Filmstudios, wo er die Regie zu TV-Sendungen führte. Bernd sagte oft, dass er Reinhard Hauff eine der wichtigsten Lektionen verdankte, die er an der Filmhochschule gelernt hatte: Immer an das Publikum denken! Das darf man nicht so verstehen, dass Hauff seinen Studenten gepredigt hätte, Kassenknüller zu produzieren. Davon waren Bernd und seine Kommilitonen damals weit entfernt. Schließlich ging es in Hauffs Übungen hauptsächlich um die handwerklichen Grundlagen wie Achsensprünge und das Einrichten von Scheinwerfern. »Aber ich wollte vermeiden, dass meine Studenten den klassischen Filmstudentenfehler begehen und sich irgendetwas ausdenken, ohne sich vorstellen zu können, wie
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