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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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Filmemacher wie Howard Hawks oder Douglas Sirk, die er an seine Studenten weitergab. Längsfeld prägte den Geschmack seiner Filmhochschüler, vor allem dadurch, dass er ihnen Filme zeigte. Bernd war ihm dafür immer dankbar: »Durch Wolfgang Längsfeld und die Filme, die er uns gezeigt hat, habe ich gelernt, einen schlechten von einem guten Film zu unterscheiden. Oft haben wir drei oder vier Filme hintereinander gesehen«, erinnerte sich Bernd, wenn wir über unsere jeweiligen Erfahrungen an der Filmhochschule sprachen. Bernd meinte, er habe einfach durch das Sehen und den Vergleich von Filmen ein Gefühl für Bildersprache entwickelt. Und dafür, welche Einstellungen und visuellen oder narrativen Abfolgen funktionieren und welche nicht. Auch die Auswahl der Filme, die es an der Filmhochschule zu sehen gab, war laut Bernd sehr wichtig. Die Art wie Wolfgang Längsfeld gute und schlechte Filme einander gegenüberstellte und die Studenten dadurch angeregt wurden, ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen, habe ihn sehr geformt.
    Die Filmhochschule, und dort vor allem Wolfgang Längsfeld, eröffneten Bernd also Hollywood und das amerikanische Kino. Zuvor hatten ihn, wie gesagt, hauptsächlich europäische Filme interessiert. Bernds Kommilitone Herman Weigel – damals wie heute berühmtberüchtigt als Enzyklopädist aufgrund seines erschreckend genauen Filmwissens –, der genau wie Uli einer von Bernds lebenslangen Freunden werden würde, erinnert sich an seine erste Begegnung mit Bernd:
     
    Es war irgendwann am Anfang vom ersten Semester, und ich saß neben Bernd – er mit Backenbart und damals immer ein bisschen besser gekleidet als die anderen. Ich war damals auch gut gekleidet, aber das war, weil mein Vater Herrenschneider war. Aber Bernd war eben so ein cooler Typ, der einen Karman Ghia fuhr. Damals hatte das Theatiner Kino in München ein täglich wechselndes Programm mit Kunstfilmen. Und Bernd saß da mit dem Programmheft des Theatiner Kinos, Stift in der Hand, und strich sich die Filme an, die er sich angucken wollte. So kamen wir ins Gespräch. Da gab’s einfach ein paar Filme, die er sich anstrich, bei denen ich mir dachte: »Wieso interessiert den das?« Z. B. hat er sich »Orphée« angesehen. Das fand ich ja noch ganz okay, dass er sich den noch mal anschauen wollte. Aber worauf ich ihn dann angesprochen habe, war, dass er sich »Wenn Katelbach kommt …« von Roman Polanski angestrichen hatte. Damals hat man sich ja an den Filmemachern orientiert, und Bernd orientierte sich an Polanski. Nun mochte ich von Polanski »Tanz der Vampire«, den ich immer noch für den genialeren Filme halte, aber Bernd war da anders. Er definierte sich über die absurden »ost-europäischen« Kunstfilme wie »Wenn Katelbach kommt …«, die wir alle eher so ein bisschen abseitig fanden. Damals an der Filmhochschule waren wir alle genreorientiert und wir mochten Howard Hawks und John Ford. Wir mochten Gangsterfilme! Die waren bei Bernd nicht wirklich auf der Agenda. Und obwohl wir alle Bernd schätzten, hieß es bei ihm immer: »Naja, der Bernd, der mag ja Polanski …« Bernds Wertschätzung für so absurdes Zeug hörte dann aber schlagartig auf, als er seinen ersten Übungsfilm machen sollte. Eigentlich wollte er ein absurdes Kunst-Ding machen, über einen Mann, der in einem Raum sitzt und da komische Sachen macht. Aber plötzlich, von einem Tag zum anderen, meinte dann jemand zu mir: »Haste gehört? Der Bernd macht jetzt einen Gangsterfilm!« Obwohl, ein bisschen vom alten Bernd blieb trotzdem noch übrig, denn er nannte seinen Gangsterfilm »Canossa«, für einen Gangsterfilm eher absurd. Was Bernd in »Canossa« gemacht hatte, zwang auch dem letzten Zweifler den nötigen Respekt ab. Ich hab ihn später noch gefragt, warum er sich so plötzlich gegen das absurde Kunstkino und für das Gangstergenre entschieden hat, aber Bernd meinte nur: »Das war irgendwie vorbei.«
     
    »Canossa« ist eine Rachegeschichte. Der Film handelt von einem Mann, der nach einer Haftstrafe aus dem Gefängnis zurückkehrt und seine Geliebte ermordet vorfindet. Der Mord an der Geliebten ist die Strafe dafür, dass er sich von seiner Gang losgesagt hat. Um den Mord an seiner Geliebten zu rächen, besorgt er sich ein Maschinengewehr und schießt die gesamte Gang nieder. Uli Edel war Bernds Regieassistent bei »Canossa« und musste Jahre später, 1980 während der Dreharbeiten zu ihrem ersten gemeinsamen professionellen Film »Christiane F. –

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