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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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»Alter, haste Hunger?« Bernd und Längsfeld gingen nach oben, wo sich an Deck Restaurants befanden, und aßen ein stattliches chinesisches Mal. Als sie mit vollen Bäuchen wieder ins Unterdeck hinabstiegen, war es geschehen: Sie hatten, wie es Längsfeld ausdrückt, »den Rhythmus der Kugel verloren«. Als wollte Fortuna sie für ihr Frühlingsrollen-Bacchanal bestrafen, hatte ihre Glückssträhne ein jähes Ende genommen. Der Lauf der Kugel wandte sich gegen sie. Bevor sie sich versehen konnten, waren auf einmal sowohl ihre linken als auch ihre rechten Hosentaschen leer.
    Mit Mühe und Not kratzen die beiden gerade noch genügend Kleingeld zusammen, um mit der ältesten und gebrechlichsten Dschunke, die es im Hafen von Macao gab, zurück nach Hongkong zu fahren. Die Überfahrt dauerte fast acht Stunden, die sie eingepfercht zwischen gackernden Hühnern, betrunkenen Matrosen und Schattenmenschen aus Macaos Unterwelt verbringen mussten. Als sie endlich wieder in Hongkong an Land gingen, waren sie so abgebrannt, dass Längsfeld sich Geld von seinem Freund am Goethe-Institut leihen musste, damit sie überhaupt zurück nach Deutschland fliegen konnten.
    Es war das erste und einzige Mal, dass Bernd sich im Casino mitreißen ließ. Glücksspiel oder Roulette interessierte ihn nie. Immer wieder wurde er von Geschäftspartnern nach Las Vegas eingeladen. Dort schaute Bernd zu, wie diese steinreichen Hollywoodfilmproduzenten riesige Stapel von Chips auf den Spieltisch legten und so innerhalb weniger Minuten Zehntausende Dollars verbrannten.
    »Ich hab das nie verstanden, wo da der Spaßfaktor sein soll. Das hat doch nichts Lustvolles, einfach so mal auf die Schnelle zwanzigtausend Dollar zu verballern und dann sofort wieder vom Tisch aufzustehen. Das soll’s dann gewesen sein. Das ist mir einfach vollkommen unverständlich – beim Filmemachen muss ich schon genug zocken, warum ich dann auch noch in meiner Freizeit das Risiko eingehen muss, innerhalb von Sekunden Geld zu verlieren, ist mir absolut schleierhaft«, meinte Bernd Dazu muss man sagen, dass die mit Bernd befreundeten Produzenten nicht immer verloren. Dem israelischen Filmproduzenten Arnon Milchan (»Mr & Mrs Smith«, »L. A. Confidential«) schickte laut Bernd ein Casino einmal einen Jumbojet hinterher mit dem Angebot, ihm und seinen Freunden eine Woche lang freie Kost und Logis in Las Vegas zu gewähren, weil er die Casino-Bank leer gefegt hatte. Bernds Erklärung: »Das Casino wusste, irgendwann hört seine Glückssträhne auf. Die müssen dich nur dazu bringen weiterzuspielen. Dann gewinnt am Ende immer die Bank.«
    Bernd versuchte weiterhin, »Der Morgen von Walhalla« auf die Beine zu stellen. Er reiste nach Los Angeles, lernte dort den Produzenten Ed Pressman sowie den damals noch unbekannten Drehbuchautor Oliver Stone kennen, der mit dem Drehbuch zu Alan Parkers »Midnight Express – 12 Uhr nachts« erstmalig auf sich aufmerksam machen sollte. Auch mit John Milius, der am selben Tag wie Bernd Geburtstag hatte, machte er sich bekannt. Später sollten ihm diese Bekanntschaften noch nützen, aber in Sachen »Walhalla« halfen sie ihm nicht wirklich weiter. In München traf sich Bernd auch mit Romy Schneider, um sie für die Rolle der Krimhild zu gewinnen. Das Treffen fand im Romagna Antica statt, dem italienischen Lokal in Schwabing, das über die Jahrzehnte hinweg zu Bernds »Kantine« und von Helmut Dietl in seinem Film »Rossini« verewigt werden sollte. Mit dabei war ein mit Bernd befreundeter Regisseur namens Roland Klick, den Bernd für »Der Morgen von Walhalla« in Erwägung zog und von dem später noch die Rede sein soll. Was bei diesem Gespräch geschah, war laut Bernd, der mir eines Abends bei laufendem Tonbandgerät davon erzählte, einfach »saudumm«. Klick sprach nämlich ein für Romy Schneider sehr sensibles, privates Thema an, das für sie mit großem Verlust und Trauma verbunden war: »Wir saßen zu dritt beim Romano und da redet der (Klick) eine solche Kacke, dass die Frau aufspringt und in Wut aus dem Lokal läuft«, so Bernd, der Romy Schneider hinterherlief und vergeblich versuchte, sie zu beruhigen. Das Thema »Krimhild« war damit für Romy Schneider gelaufen und die Verwirklichung des Films wieder ein ganzes Stück in die Ferne gerückt.
    So sehr Bernd sich auch bemühte, »Der Morgen von Walhalla« war ihm »einfach ein paar Nummern zu groß«, wie er sich später erinnern sollte. Die Idee, in Hongkong zu drehen und sich so

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