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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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welche wundersame Weise McLuhans magische Kanäle funktionieren. Am eigenen Leib sollte er das seltsame Phänomen erfahren, dass Menschen – obwohl es damals noch kein Internet gab und der Informationsfluss eingeschränkter war – sich untereinander zu verständigen scheinen und auf einmal alle gleichzeitig ins Kino rennen. Dabei sollte Bernd genau die gleiche Genugtuung empfinden wie Woody Allen in der berühmten Kinofoyer-Szene in »Der Stadtneurotiker«: Er würde recht bekommen! Seine Ideen, wie man Filme verleihen sollte und wie die deutsche Filmindustrie aussehen könnte, sollten sich als richtig erweisen. Und während Woody Allen in »Der Stadtneurotiker« von dieser Genugtuung nur träumt, fand Bernds Genugtuung im wahren Leben statt.
    Nachdem 1979 die von Ludwig Eckes’ Schwiegersohn eingekauften Filme an der Kinokasse allesamt versagt hatten, stand der nächste Filmmarkt ins Haus – damals noch mit dem Eckes-Team. Einer der anderen Geschäftsführer bestand darauf, nur billige Filme ins Programm zu nehmen, die man praktisch umsonst bekam, weil man so kurzfristig die Bilanzen aufbessern konnte. »Wenn du kein Geld ausgibst, dann kannst du den Laden dichtmachen«, konterte Bernd. Ohne sich die Zustimmung der anderen Geschäftsführer zu holen, unterschrieb Bernd Kaufverträge für Filme, unter anderem für John Carpenters »Die Klapperschlange« mit Kurt Russell. Ludwig Eckes, der zwar seinem Schwiegersohn verbunden war, aber schon merkte, dass dieser eigentlich nur rumspielen wollte, war beeindruckt von dieser brachialen Vorgehensweise dieser Milchbärte. Die Deals gingen durch, auch wenn die Belastung für Bernd dadurch noch mehr stieg.
    Im Frühjahr 1981 kam dann »Christiane F.«. Mit diesem riesigen und unerwarteten Erfolg hatte Bernd dem Rest der Filmindustrie schon einmal gezeigt, wie er es gerne ausdrückte, »wo der Bartel den Most herholt«. Nun galt es zu beweisen, dass er mehr war als nur ein One-Hit-Wonder. »Christiane F.« startete mit 120 Kopien. Für einen großen Film waren damals 100 Kopien normal. Schon sehr bald erhöhte Bernd die Zahl der Kopien, um die Nachfrage der Kinobesitzer zu stillen.
    »Die Klapperschlange« war nach »Zombie« und »Christiane F.« der nächste Film, bei dem Bernd und Herman eine Marketingkampagne entwickelten, die ihre ganz persönliche Handschrift trug. Das fing schon beim Titel an. »Die Klapperschlange« heißt im Original »Escape from New York«, was in der deutschen Übersetzung »Flucht aus New York« nicht wirklich zieht. Bernd war froh gewesen, den Film an Land zu ziehen, denn der Regisseur John Carpenter war damals eine der heißesten Nummern überhaupt. Damals erwartete man noch, dass Carpenter eines Tages der nächste Steven Spielberg werden würde. Die Rechte waren teuer gewesen, und nun musste der Film funktionieren. Nur wie sollte das Ding auf Deutsch heißen? Schließlich ist der Titel eines Films ungefähr so ausschlaggebend wie die Titelseite einer Zeitschrift oder einer Zeitung, nämlich absolut spielentscheidend.
    Der Titel ergab sich dann, wie so oft, aus einer Kette von Assoziationen im freien Fall: Damals gab es von der Tobis einen Film mit Jean-Paul Belmondo mit dem Titel »Der Windhund«. Als Herman Weigel dann noch ein Publicity-Foto von Kurt Russel sah, auf dem er eine Cobra eintätowiert hatte, dachte er: Schlange! Cobra klang nach Fernsehen, aber Klapperschlange war cool. Das war ein Wort mit eingebautem Soundeffekt, dem Geräusch der Gefahr. Beim Poster konzentrierten Bernd und Herman sich auf die Handlung anstatt auf den Protagonisten. Der Slogan »New York 1997 – 10 Millionen Einwohner – jeder ein Verbrecher – Manhattan: Ein Gefängnis – einmal drin, kommst Du nie wieder raus, es sei denn, Du bist Snake Plissken, die ›Klapperschlange‹« dominierte die Bildfläche, während das Foto von Kurt Russell klein gehalten war. Durch diese Umkehrung ergab sich ein Spannungsverhältnis zwischen Titel und Poster, das die ganze Sache interessant machte. Wozu man allerdings sagen muss, dass obwohl Plakate extrem wichtig für den öffentlichen Auftritt und die Präsenz eines Films sind, für die Entscheidung, so Bernd, ob jemand sich einen Film anschaut oder nicht, der Kinotrailer ausschlaggebend ist. Aber auch in Sachen Kinotrailer setzte Bernd neue Maßstäbe. Uli Edel war für diese verantwortlich, und der war ja schon zu HFF-Zeiten der König des Schnitts gewesen und gab den Constantin-Trailern eine ganz andere Dynamik, als

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