BE (German Edition)
man sie bisher von deutschen Filmen kannte.
Tom Tykwer, der damals als filmverrückter Teenager die deutsche Filmszene beobachtete, erinnert sich:
»Ich war damals fasziniert, dass durch die Constantin auf einmal nicht mehr nur die amerikanischen, sondern auch deutsche Filme mit irgendwie aufregenderen Trailern beworben wurden, in denen ein Sprecher mit dieser besonders markigen, tiefen Stimme sagte ›Weihnachten im Kino‹. Damals, als Bernd die Constantin stark gemacht hat, war die deutsche Filmbranche, also im Bereich Marketing, ein ziemlicher Provinzhaufen. Das war derartig eingeschlafen und pomadig im Vergleich zu heute, wie damals Filme auf den Markt gebracht wurden. Es war völlig anders, wie Bernd und seine Mannschaft es dann machte: eine ganz neue Art der Sinnlichkeit, die mit einer gewissen Aggression, aber auch einem selbstbewussten, modernen ästhetischen Flair daherkam. Und eben nicht nur für die amerikanischen Filme, die man so in Cannes eingekauft hatte, sondern eben auch für deutsche Filme. Wenn das Logo ›Neue Constantin Film‹ erschien, war es plötzlich irgendwie aufregend. Nicht, dass mir die Constantin-Filme immer unbedingt gefielen. Aber das Logo stand für eine neue Geste und für den Aufbruch in eine neue Ära.
Die Internationalisierung des deutschen Films erlebte noch im selben Jahr, also 1981, einen weiteren Meilenstein mit »Das Boot«. Produziert vom damaligen Chef der Bavaria Studios Günter Rohrbach und unter der Regie von Wolfgang Petersen gilt »Das Boot« mittlerweile als »Citizen Kane« aller U-Boot-Filme. Auch wenn viele Leute Bernd für den Produzenten von »Das Boot« halten, so trifft das nicht zu. Bernd hat »Das Boot« verliehen und durch die Marketingkampagne das öffentliche Image des Films geprägt. Produzent von »Das Boot« war aber Günter Rohrbach. Dieser kannte Bernd noch aus seinen Solaris-Zeiten, als Rohrbach Chef der Fernsehspielabteilung des WDRs war und dort maßgeblich die Autorenfilmer des jungen deutschen Kinos förderte.
Günter Rohrbach hatte seinen Posten als neuer Geschäftsführer der Bavaria Studios am 1. Februar 1979 angetreten, also einen Monat nachdem Bernd bei der Constantin angefangen hatte. Schon fünf Jahre wurde bei der Bavaria an einem Stoff herumgedoktert, der auf einem Bestseller von Lothar-Günther Buchheim beruhte, einem ehemaligen Kriegsberichterstatter. Darin wird das Schicksal einer U-Boot-Besatzung während des Zweiten Weltkriegs beschrieben, die der Wahnwitz des Krieges und der Kerker des U-Boots an den Abgrund der Verzweiflung drängt.
Damals gab es Steuersparmodelle, sogenannte Steuerfonds, die in Filme investierten. Dadurch wurden in den Bavaria Studios zahlreiche englischsprachige Filme mit Hollywoodschauspielern und Hollywoodregisseuren gedreht, darunter auch Billy Wilder. »Das Boot« sollte so ein amerikanischer, durch einen Steuerfond finanzierter Film werden. »Es gab auch schon einen Regisseur, und es wurde ein Drehbuch entwickelt. Parallel dazu wurde das eigentliche Boot gebaut. Aber dann war das Drehbuch grauenhaft: Plötzlich tauchten da vollkommen unmotiviert SS-Leute auf dem Boot auf, und es gab auch einen Juden, der verfolgt wurde. Da hatte man alles Mögliche dazugedichtet. Das wurde also verworfen. Dann wurde ein weiteres geschrieben, mit einem anderen amerikanischen Regisseur, das genauso schlecht war. Mittlerweile waren schon sieben Millionen Mark ausgegeben worden, und man hatte nicht einmal ein Drehbuch«, so Rohrbach, der als neuer Geschäftsführer zur Bavaria geholt worden war mit dem dezidierten Auftrag, das auf Sand gelaufene Boot wieder flottzumachen. Rohrbach entschied, dass »Das Boot« nur ein deutschsprachiger Film sein könne und holte Wolfgang Petersen an Bord, mit dem er beim WDR schon acht Fernsehfilme produziert hatte.
»Das Problem war nur, unsere Hauptauftraggeber, nämlich der WDR und der BR, hatten genug von der ganzen Kinofilmspielerei. Die wollten, dass wir eine Fernsehserie oder zumindest einen Mehrteiler aus dem Stoffmachen. Wolfgang und ich meinten: Warum machen wir nicht beides? Das war der erste amphibische Film, wenn man so will«, erinnert sich Rohrbach. Doch die Fernsehgelder reichten hinten und vorne nicht. Mittlerweile waren die Finanzämter auf das Filmsteuersparmodell aufmerksam geworden und hatten einen Riegel vorgeschoben. Eine neue Geldquelle musste her!
Zunächst ging Rohrbach zu Bernds größtem Konkurrenten: Horst Wendlandt, dem legendären alten Hasen
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