Beastly (German Edition)
Wie in der Fabel Der Löwe und die Maus , dachte ich. Ich zupfte an der Dorne, und sie ließ sich herausziehen. Das kleine Loch schloss sich.
»Was hat es mit den Rosen auf sich?«, fragte ich.
»Ich mag Gartenarbeit und den Duft von Rosen. Ich hatte es satt, dass du hier dauernd bei vorgezogenen Vorhängen Trübsal bläst, und dachte, ein Garten könnte das Ganze etwas aufheitern. Ich beschloss, deinen Rat zu befolgen und das Geld deines Dads auszugeben.«
»Woher weißt du, dass die Vorhänge zu sind?«
»Ein Zimmer ist kalt, wenn es ganz geschlossen und leer ist. Seit ich hier bin, hast du keine Sonne gesehen.«
»Glauben Sie, daran ändert sich was, wenn Sie ein paar Blumen pflanzen?« Ich boxte nach einem der Rosenbüsche. Er rächte sich, indem er mir in die Hand stach. »Klar, das ist dann so wie in diesen Reality-Soaps – ›Kyles Leben war leer und hoffnungslos. Durch die Rosen wurde alles anders.‹ Ist es das, was Sie damit bezwecken wollen?«
Will schüttelte den Kopf. »Jeder kann ein wenig Schönheit brauchen…«
»Was wissen Sie schon von Schönheit? Sie können ja nicht mal mich von jemand anderem unterscheiden.«
»Ich war nicht immer blind. Als ich klein war, hatte meine Großmutter einen Rosengarten. Sie brachte mir bei, wie man sie pflegte. ›Eine Rose kann dein Leben verändern‹, sagte sie immer. Als ich zwölf war, starb sie. Das war im selben Jahr, in dem ich allmählich meine Sehkraft verlor.«
»Allmählich?« Gleichzeitig dachte ich, yeah, eine Rose kann dein Leben verändern.
»Zuerst konnte ich nachts nicht mehr sehen. Dann kam der Tunnelblick, was mich wahnsinnig machte, weil ich deswegen nicht mehr Baseball spielen konnte. Das kotzte mich an, weil ich ziemlich gut war. Am Ende konnte ich fast gar nichts mehr sehen.«
»Wow, da sind Sie bestimmt voll ausgeflippt.«
»Danke für das Mitgefühl, aber komm mir nie wieder mit diesem Reality-Soap-Quatsch.« Will roch an einer roten Rose. »Der Geruch erinnert mich an diese Zeit. Ich kann sie vor meinem geistigen Auge sehen.«
»Ich rieche gar nichts.«
»Versuch es mit geschlossenen Augen.«
Ich versuchte es. Er berührte meine Schulter und führte mich zu den Blumen.
»Okay, jetzt riech.«
Ich sog die Luft ein. Er hatte recht. Die Luft war von Rosenduft erfüllt. Aber er brachte auch die Erinnerung an jenen Abend mit zurück. Ich sah mich mit Sloane auf der Bühne, dann in meinem Zimmer mit Kendra. Ich spürte, wie sich mir der Magen umdrehte. Ich wich zurück.
»Woher wussten Sie, welche Sie kaufen sollten?« Meine Augen waren noch immer geschlossen.
»Ich bestellte, was ich wollte, und hoffte das Beste. Als sie geliefert wurden, markierte ich sie mit Farben. Farben kann ich ein bisschen erkennen.«
»Ach so?« Noch immer hatte ich die Augen geschlossen. »Welche Farbe haben dann die hier?«
Will ließ mich los. »Das sind die in dem Topf mit dem Amor-Gesicht.«
»Aber welche Farbe haben sie?«
»Die in dem Amor-Blumentopf sind weiß.«
Ich öffnete die Augen. Weiß. Die Rosen, die eine solch starke Erinnerung geweckt hatten, waren weiß. Mir fiel ein, was Magda damals gesagt hatte: »Wer die kostbaren Dinge im Leben nicht erkennt, wird niemals glücklich sein.«
»Möchtest du mir helfen, die übrigen einzupflanzen?«, fragte Will.
Ich zuckte die Achseln. »Immerhin etwas zu tun.«
Will musste mir zeigen, wie viel Erde in den Topf kam, wie viel Torf und wie viel Dünger. »Unser Stadtkind macht das wohl zum ersten Mal«, stichelte er.
»Der Blumenladen hat jede Woche ein Blumenarrangement geliefert.«
Will lachte: »Eigentlich sollte das ein Witz sein.«
Ich drückte den Plastikbehälter zusammen, um die Erde zu lockern, so wie Will es mir gezeigt hatte, dann hob ich die Pflanze heraus und setzte sie in das Beet. »Magda mag weiße Rosen.«
»Du solltest ihr ein paar bringen.«
»Ich weiß nicht.«
»Eigentlich war sie es, die das mit dem Garten vorgeschlagen hat. Sie erzählte mir, dass du morgens immer im oberen Stock sitzt und aus dem Fenster starrst. ›Wie eine Blume, die die Sonne sucht‹, sagte sie. Sie macht sich Sorgen um dich.«
»Warum sollte sie?«
»Keine Ahnung. Vielleicht hat sie ein gutes Herz.«
»Ausgeschlossen. Es liegt daran, dass sie dafür bezahlt wird.«
»Sie wird bezahlt, egal ob du glücklich bist oder nicht, oder?«
Er hatte recht. Es ergab keinen Sinn. Ich war immer nur grob zu Magda gewesen, aber sie war da und tat sogar noch extra etwas für mich. Will auch.
Ich
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